[10] Die VN konnten den Widerspruch nicht noch im Jahr 2018 wirksam erklären …
[11] 1. a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und von der Revisionserwiderung – zu Recht – nicht angegriffenen Feststellungen des BG enthielt die für den Beginn der Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. erforderliche Widerspruchsbelehrung zwar jeweils eine unrichtige Information über die Form der Widerspruchserklärung. Die Belehrung im Begleitschreiben wies auf ein Recht zum schriftlichen Widerspruch hin, obwohl nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der ab 1.8.2001 gültigen Fassung ein Widerspruch in Textform genügte (vgl. Senats Urt. v. 17.6.2015 – IV ZR 367/13, juris Rn 12).
[12] b) Weitere Mängel der Belehrung hat das BG nicht festgestellt. Soweit die Revision der Kl. rügt, es fehle auch an einer drucktechnischen Hervorhebung der Widerspruchsbelehrung, vermag sie hiermit nicht durchzudringen. Bereits das LG hatte festgestellt, dass die VN in den Anschreiben jeweils unter drucktechnischer Hervorhebung darüber belehrt worden waren, dass sie das Widerspruchsrecht innerhalb von 14 Tagen ausüben können. Diese Feststellung, der sich das BG durch den Verweis auf die landgerichtliche Entscheidung angeschlossen hat, hat die Kl. in den Instanzen nicht weiter angegriffen. Die Auslegung bewegt sich innerhalb des den Tatgerichten zustehenden Spielraums und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. …
[13] 2. Aus der unrichtigen Information über die Form der Widerspruchserklärung ergibt sich aber kein fortbestehendes Widerspruchsrecht der VN. Das BG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch der Kl. jedenfalls nach § 242 BGB wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerspruchsrechts ausgeschlossen ist.
[14] a) Wird dem VN durch die fehlerhafte Belehrung nicht die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben, wäre es unverhältnismäßig, es ihm zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus einem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen (vgl. EuGH, NJW 2020, 667 Rn 79). Unter diesen (engen) Voraussetzungen liegt ein geringfügiger Belehrungsfehler vor, der – anders als die Revision meint – einer Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 242 BGB entgegensteht (offengelassen unter anderem in den Senat VersR 2015, 1104).
[15] aa) Zwar gibt es im deutschen Recht keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach geringfügige Pflichtverletzungen oder Mängel stets ohne Folgen bleiben (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB 82. Aufl. § 242 Rn 53 …). Es ist aber anerkannt, dass nach dem aus § 242 BGB hergeleiteten sogenannten Übermaßverbot bestimmte schwerwiegende Rechtsfolgen bei nur geringfügigen Vertragsverletzungen nach Treu und Glauben nicht eintreten (vgl. BGH WM 1985, 876 NJW 1985, 266 BGHZ 88, 91). Dies wurde unter anderem angenommen bei für die Feststellung des Versicherungsfalles oder des Schadensumfanges folgenlosen, die berechtigten Interessen des VR nicht ernsthaft gefährdenden Obliegenheitsverletzungen durch den VN, die andernfalls zu einer gänzlichen Leistungsfreiheit des VR geführt hätten (vgl. Senat VersR 2004, 1117 BGHZ 84, 84, BGHZ 53, 160, 164 ff. jeweils zu § 7 V AKB a.F. …).
[16] Danach verstößt die Ausübung des Widerspruchsrechts gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn ein geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt, durch den dem VN nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Denn dies stellt eine nur geringfügige, im Ergebnis folgenlose Verletzung der Pflicht des VR zur ordnungsgemäßen Belehrung dar. In einem solchen Fall bleibt es dem über sein Widerspruchsrecht informierten VN vielmehr unbenommen, dieses Recht innerhalb der Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. wie bei ordnungsgemäßer Belehrung auszuüben, sodass es unverhältnismäßig wäre, es ihm zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus dem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen (vgl. EuGH NJW 2020, 667 Rn 79 f.).
[17] bb) Dem steht – anders als die Revision meint – nicht die zum Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen ergangene Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH vom 12.7.2016 (BGHZ 211, 123) entgegen.
Danach komme es im Rahmen der Verwirkung für das Umstandsmoment nicht darauf an, wie gewichtig der Fehler ist, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führt. Für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Bank spiele es keine Rolle, dass sie den Verbraucher überhaupt belehrt habe. Zudem habe der Gesetzgeber einen Vorschlag des Zentralen Kreditausschusses zum Entwurf der Bundesregierung für ein "Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen" vom 28.1.2004, innerhalb des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der dann zum 8.12.2004 in Kraft gesetzten Fassung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Belehrungsmängeln zu unterscheiden und das "ewige" Widerrufsrecht bei unwesentlichen Belehrungsmängeln einzuschränke...