[18] II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden … .
[20] 1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gem. § 115 Abs. 1 S. 4 VVG, § 421 BGB in Höhe der Reparaturkosten von 3.570,77 EUR. … Das Vorschadensereignis ist sach- und fachgerecht beseitigt worden (b). Ein Anspruch auf Nutzungsausfall besteht nicht (c).
[21] a) …
[24] b) Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme konnte das Landgericht fehlerfrei davon ausgehen, dass das Vorschadensereignis aus dem Jahr 2010 an dem Fahrzeug sach- und fachgerecht beseitigt worden war und in Bezug auf das aktuelle Schadensereignis keine Berücksichtigung findet.
[25] aa) Wenn der Schädiger den Umfang oder die Höhe eines Schadens mit der Begründung bestreitet, der Gegenstand sei bereits durch ein früheres Ereignis beeinträchtigt worden, verbleibt die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Geschädigten (vgl. BGH vom 9.6.1992 – VI ZR 215/91, Rn 12 f., juris). Denn dieser darf sich an einem Schadensfall nicht bereichern und muss bei vorherigen Schadensereignissen darlegen, dass er diese sach- und fachgerecht repariert hat, so dass er nicht das aktuelle Schadensereignis nutzen kann, um einen älteren Schaden zu beseitigen. Sein Ersatzanspruch erstreckt sich lediglich auf den Ersatz derjenigen Kosten, die zur Wiederherstellung des vorbestehenden Zustandes erforderlich sind (vgl. Senat, Urt. v. 8.2.2017 – 14 U 119/16, Rn 9; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.2.2006 – I-1 U 148/05, Rn 10, beide juris).
[26] bb) Bei der Darlegung und Beweisführung einer sach- und fachgerechten Reparatur des Vorschadens kommt dem Geschädigten aber das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO zugute (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.1990 – VI ZR 115/89, Rn 4; vgl. auch: BGH, Beschl. v. 15.10.2019 – VI ZR 377/18, Rn 15, zur Überzeugung (§ 287 ZPO) von der erfolgten Reparatur des Vorschadens, verschafft durch Zeugeneinvernahme; BGH, Urt. v. 18.2.1992 – VI ZR 367/90, Rn 10; v. 19.9.2017 – VI ZR 530/16, Rn 15, juris).
[27] cc) Handelt es sich um einen sog. Bagatellschaden, der allein das äußerliche Erscheinungsbild des Fahrzeugs beeinflusst (Kratzer, kleine Dellen), und ist unstreitig, dass keine dahinterliegenden Fahrzeugteile betroffen sind, kann das Gericht unter Berücksichtigung des § 287 ZPO im Rahmen einer Beweisaufnahme selbst feststellen, ob der Schaden sach- und fachgerecht beseitigt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn der Schaden nicht mehr sichtbar ist (vgl. hierzu für den Fall eines deckungsgleichen Schadens: OLG Hamm, Urt. v. 28.6.2022 – I-7 U 45/21, juris: Die Annahme eines deckungsgleichen und infolgedessen eine Ersatzfähigkeit ausschließenden Vorschadens scheidet aus, wenn es sich bei dem Vorschaden um eine normale und im Übrigen bloße optische Gebrauchsspur ohne jede Auswirkung auf die Funktionalität handelt).
[28] So liegt der Fall hier. Der Senat ist – ebenso wie das Landgericht – aus einer Gesamtschau des vollständigen Akteninhaltes und der persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, unter Berücksichtigung der erleichterten Darlegungs- und Beweislast gem. § 287 ZPO, überzeugt, dass der geltend gemachte Schaden nicht durch das Vorschadensereignis aus dem Jahr 2010 entstanden ist.
[29] Es handelte es sich bei dem Vorschadensereignis um einen kleinen Heckanstoß durch einen Motorroller, der lediglich zu geringen äußerlichen Beschädigungen geführt hat (nur äußerlicher Bagatellschaden). Es kam zu Kratzern auf dem hinteren Stoßfänger und Heck. Ausweislich des Kostenvoranschlages wäre lediglich ein Betrag von 727,52 EUR nötig gewesen, um den Schaden zu beheben, was ebenfalls für einen sehr geringen Schadensumfang spricht.
[30] Auf den eingereichten Lichtbildern ist dieser Schaden nicht mehr erkennbar, wie das Landgericht ausgeführt hat. Zwar ist den Beklagten Recht zu geben, dass grundsätzlich allein von Lichtbildern nicht auf das Vorliegen einer sach- und fachgerechten Reparatur geschlossen werden kann. Es ist aber nach der Art des Unfalls zu differenzieren, wie ausgeführt. Wenn es sich um eine nur äußerliche Beschädigung gehandelt hat, liegt eine sach- und fachgerechte Reparatur vor, wenn die Beschädigung nicht mehr erkennbar ist. Dann mindert sie auch nicht den Wert des Fahrzeugs oder verschafft dem Geschädigten – im Fall einer Zweitreparatur – eine Bereicherung (vgl. für den Fall eines deckungsgleichen Vorschadens: OLG Hamm, Urt. v. 28.6.2022 – I-7 U 45/21, Rn 9, juris).
[31] Das vorgenannte Ergebnis wird durch die Aussage des Sachverständigen B. bestätigt, der in seinem Gutachten vermerkt hat, dass weitere Schäden, die den Fahrzeugwert maßgeblich beeinflussten, nicht erkennbar seien (Gutachten vom 24.8.2021, Seite 3). Ergänzend hat der Sachverständige im Schreiben vom 22.9.2021 ausgeführt, im Schadensbereich hätten sich zur Schadensaufnahme keine Nachlackierungen oder Beschädigungen ...