Die Entscheidung des LAG Köln, der zuzustimmen ist, gibt Anlass zur Erörterung, was im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG zu prüfen ist.
Zweck des Vergütungsfestsetzungsverfahrens
Das Vergütungsfestsetzungsverfahren gemäß § 11 RVG dient der schnellen, einfachen und kostengünstigen Titulierung des Vergütungsanspruchs des als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten tätig gewesenen Rechtsanwalts gegen seinen Auftraggeber. In Zivil-, Arbeits- und Familiensachen entscheidet der Rechtspfleger über den Antrag auf Festsetzung der Vergütung, in verwaltungsgerichtlichen, sozialgerichtlichen oder finanzgerichtlichen Verfahren trifft die Entscheidung der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die formalen Voraussetzungen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens und ferner zu prüfen, ob die zur Festsetzung angemeldeten Gebühren und Auslagen dem antragstellenden Rechtsanwalt entstanden sind und die Vergütung fällig ist. Über materiell-rechtliche Einwendungen hat der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hingegen nicht zu entscheiden.
Behandlung gebührenrechtlicher Einwendungen
Eine Einwendung oder Einrede ist dann gebührenrechtlich, wenn sich der im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG in Anspruch genommene Antragsgegner darauf beruft, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer von dem Rechtsanwalt geltend gemachten Gebühr seien nach dem RVG nicht erfüllt. Hierzu gehört etwa der Einwand, der Anwalt habe nach einer unzutreffenden Ziffer des VV RVG abgerechnet oder die geforderte Vergütung sei nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden. Gebührenrechtlich ist auch der Einwand, die Tätigkeit des Rechtsanwalts sei für den Abschluss des später geschlossenen Vergleichs nicht (mit –)ursächlich gewesen (BGH AGS 2020, 330 = zfs 2020, 407 m. Anm. Hansens = RVGreport 2020, 290 [Hansens]). Denn auch dies ist eine Frage der Anwendung der Nr. 1000 VV RVG einschließlich des Abs. 2 der Anm. zu dieser Vorschrift.
Für eine solche Prüfung verfügt der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG über die erforderlichen prozessualen Möglichkeiten zur Ermittlung auch solcher Tatsachen, die sich nicht unmittelbar aus der Verfahrensakte ergeben. Der den Vergütungsfestsetzungsantrag stellende Rechtsanwalt hat nämlich gem. § 11 Abs. 2 S. 2 RVG i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO den Ansatz seiner zur Festsetzung angemeldeter Gebühren und Auslagen glaubhaft zu machen. Dies erfordert, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Gebühren- oder Auslagentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen. Für die Glaubhaftmachung kann sich der Antragsteller aller Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung bedienen (BGH RVGreport 2007, 274 [Hansens] = AGS 2007, 322; BGH RVGreport 2007, 275 [ders.] = AGS 2007, 366 = zfs 2007, 469 mit Anm. Hansens, jeweils zum Kostenfestsetzungsverfahren). Gelingt dem Rechtsanwalt die Glaubhaftmachung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen der geltend gemachten Gebühr oder Auslagenposition nicht, hat der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vergütungsfestsetzungsantrag insoweit zurückzuweisen.
Behandlung außergebührenrechtliche Einwendungen
Allgemeine Anforderungen
Erhebt der Antragsgegner im Vergütungsfestsetzungsverfahren außergebührenrechtliche Einwendungen, ist gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG die Festsetzung abzulehnen. Außergebührenrechtlich ist etwa der Einwand des Mandanten, dem Rechtsanwalt keinen Auftrag erteilt zu haben (s. BVerfG RVGreport 2016, 253 [Hansens]). Ebenso außergebührenrechtlich ist das Vorbringen, der Auftraggeber habe gegen die zur Festsetzung angemeldete Vergütungsforderung mit einer Gegenforderung aufgerechnet (OLG Frankfurt RVGreport 2017, 3330 [ders.] = AGS 2017, 399). Auch die Behauptung des Mandanten, der Anwalt habe die geltend gemachte Vergütungsforderung gestundet (OLG Naumburg RVGreport 2017, 50 [ders.] = AGS 2017, 117), ist außergebührenrechtlicher Natur. Ebenso nicht gebührenrechtlich ist der Einwand des Auftraggebers, er habe die zur Festsetzung angemeldete Vergütungsforderung durch Zahlung erfüllt (OLG Köln RVGreport 2012, 297 [ders.] = AGS 2013, 19).
Nach allgemeiner Auffassung bedürfen solche außergebührenrechtlichen Einwendungen keiner Substantiierung und erst recht keiner Schlüssigkeit (siehe LAG Hessen RVGreport 2016, 54 [Hansens]; LAG Köln AGS 2014, 512 und auch hier; OLG Koblenz RVGreport 2016, 56 [ders.]; FG Münster RVGreport 2020, 52 [ders.]; BVerfG RVGreport 2016, 252 [ders.]). Deshalb ist die manchmal in der Praxis und auch in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, der Einwand des Antragsgegners müsse "hinreichend substantiiert" sein (so Bay. VGH AGS 2021, 543 [Hansens] = zfs 2022, 100 m. Anm. Hansens), so nicht ganz richtig (s. etwa LAG Berlin-Brandenburg RVGreport 2006, 301 [Hansens]). Ebensowenig hat der Rechtspfleger im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob der erhobene Einwand mate...