[…]
II. Die Rechtsbeschwerde ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet. Die sachlich-rechtliche Überprüfung weist einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen bei der Bemessung der Geldbuße auf. Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO).
1. Die Ausführungen des Amtsgerichts, dass die Teilnahme an einer freiwilligen verkehrspsychologischen Maßnahme nicht zu einer Reduzierung der Geldbuße führen kann, halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Insoweit gilt:
a) Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 OWiG ist Grundlage für die Bemessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und des Vorwurfs, der den Täter trifft. Als Ausgangspunkt für die Bemessung einer Geldbuße, die für eine straßenverkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeit verhängt werden soll, ist grundsätzlich der Bußgeldkatalog heranzuziehen. Dieser dient der gleichmäßigen Behandlung sehr häufig vorkommender, wesentlich gleichgelagerter Sachverhalte (OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.9.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22; BR-Drucks 140/89 S. 22 f.). Er hat die Qualität eines für Gerichte verbindlichen Rechtssatzes. Die darin enthaltenen Bußgeldbeträge sind Regelsätze (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BKatV) und als solche Zumessungsrichtlinien, die im Rahmen des § 17 Abs. 3 OWiG Berücksichtigung zu finden haben (s. BGH, Beschl. v. 28.11.1991 – 4 StR 366/91, BGHSt 38, 125, 132; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.9.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22; KG, Beschl. v. 18.5.2015 – 3 Ws [B] 168/15; Janiszewski, NJW 1989, 3113, 3115). Dabei geht § 1 Abs. 2 BKatV von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus. Bei der gleichwohl vorzunehmenden individuellen Zumessungsentscheidung ist zu prüfen, ob Milderungs- oder Erschwerungsgründe vorliegen, die ein Abweichen von den Regelsätzen rechtfertigen (KG, a.a.O.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.10.2006 – 1 Ss 82/06, NJW 2007, 166). Hierbei kann grundsätzlich auch das Verhalten des Betroffenen nach dem begangenen Verstoß Berücksichtigung finden und zu einer Erhöhung oder Ermäßigung der Regelgeldbuße führen (vgl. KK-OWiG/Mitsch, § 17 Rn 66; BeckOK StVR/Krenberger, § 17 OWiG Rn 5).
Aufgrund des vorgenannten Zwecks des Bußgeldkatalogs rechtfertigt indes lediglich ein deutliches Abweichen vom Normalfall betreffend die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit oder die Vorwerfbarkeit eine Abweichung vom Bußgeldkatalog. Sind hingegen außergewöhnliche, besondere Umstände hinsichtlich der Tatausführung und der Person des Täters nicht gegeben, darf nicht von ihm abgewichen werden (OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.9.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22; OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.11.2018 – 1 Rb 25 Ss 1157/18; vgl. auch OLG Zweibrücken, Beschl. v. 31.5.2022 – 1 OWi 2 SsBs 89/21; Janiszewski, NJW 1989, 3113, 3116).
b) Hieran gemessen ist eine freiwillige verkehrspsychologische Maßnahme wie die hier vorliegende nicht schlechterdings ungeeignet, im Rahmen der Bemessung der Geldbuße Berücksichtigung zu finden und gegebenenfalls zu einer Reduzierung der Regelgeldbuße zu führen. Denn sie kann auf ein erhöhtes Maß an Einsicht und Besinnung in die straßenverkehrsrechtlichen Regelungen hindeuten. Anders als das Amtsgericht meint, handelt es sich vorliegend nämlich nicht um eine Maßnahme, durch die er gemäß § 4 Abs. 7 StVG eine Reduzierung seines bereits eingetragenen Punktes im Fahreignungs-Bewertungssystem hätte herbeiführen können. Denn hierzu müsste der Fahrer freiwillig an einem Fahreignungsseminar im Sinne des § 4a StVG teilnehmen, welches aus einer verkehrspädagogischen und einer verkehrspsychologischen Teilmaßnahme besteht (s. § 4a Abs. 2 Satz 1 StVG, § 42 FeV). Der Betroffene hingegen hat nur an einer verkehrspsychologischen Beratung teilgenommen, die zudem nicht den Vorgaben des § 42 Abs. 6 bis 9 StVG entsprach.
Mit seiner Begründung hat sich das Amtsgericht den Blick dafür verstellt, in einem eigenen Zumessungsvorgang zu prüfen, ob die verkehrspsychologische Beratung vorliegend einen mildernden Umstand darstellt, der auf die Bemessung der konkreten Geldbuße Einfluss gehabt hätte. Der Senat vermag deshalb nicht auszuschließen, dass das Urteil hierauf beruht.
3. Aufgrund der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat aber gemäß § 79 Abs. 6 OWiG eine eigene Sachentscheidung treffen. Für die festgestellte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist eine Geldbuße in Höhe von 100 EUR angemessen.
Der zum Tatzeitpunkt geltende Bußgeldkatalog sah für den vorliegenden Verstoß in Nr. 11.3.5 BKat eine Regelgeldbuße in Höhe von 80 EUR vor. Die bloße Teilnahme an der verkehrspsychologischen Maßnahme führt hier unter Anwendung des oben dargestellten Maßstabs nicht dazu, von dieser abzuweichen. Um zu einer Reduzierung der Regelgeldbuße zu führen, müssen vielmehr weitere Umstände, die zugunsten des Betroffenen sprechen, hinzutreten, um diesen Umstand dergestalt aus den gewöhnlichen Fällen herauszuheben, dass ein Abweichen vom Regelsatz gerechtfertigt erscheint (vgl. insoweit zur Frage der Berücksichtigung einer solch freiwill...