[8] “ … § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der hier anzuwendenden Fassung vom 2.9.1994 war mit den in Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Freiheits- und Eigentumsrechten unvereinbar. Denn ein Rechtsanwalt durfte in seiner Freiheit, über seine Vergütungsansprüche zu verfügen und entsprechende Verpflichtungen einzugehen, nicht ohne sachlichen Grund und nicht weiter als von einem solchen geboten beschränkt werden (vgl. BGHZ 171, 252, 256 ff.). Der Senat hat in seinem Urt. v. 1.3.2007 (BGHZ 171, 252, 257 Rn 18, 23), auf welches sich die Revisionserwiderung beruft, die Verfassungsmäßigkeit von § 49b Abs. 4 BRAO in der Fassung vom 2.9.1994 nur im Hinblick auf den dort angewendeten S. 1 der Vorschrift bejaht. Die hier entscheidungserhebliche Problematik des Satzes 2 spielte in jener Entscheidung keine Rolle.

[9] Dem Gesetzgeber stand zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustandes nur ein Weg offen. Denn jedenfalls musste die wirksame Zustimmung des Mandanten genügen, um bei der Abtretung von Vergütungsansprüchen die Mitteilung der Vergütungsgrundlagen an den Zessionar zu ermöglichen, die der Rechtsanwalt auf Grund des Abtretungsvertrages nach § 402 BGB im Regelfall schuldet. Deshalb führte die Verfassungswidrigkeit von § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der Fassung vom 2.9.1994 zur Nichtigkeit (vgl. BVerfGE 117, 163, 199 unter II. 1. m.w.N.). Der Gesetzgeber hätte demgemäß zur Schließung der Gesetzeslücke, die durch die Nichtigkeit der Altregelung entstanden war, die abhelfende Änderung von § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO rückwirkend in Kraft setzen müssen. Dies hat der Gesetzgeber in Art. 20 S. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts übersehen und die dort in Art. 4 angeordneten Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung mit Ausnahme der Aufhebung von § 52 einheitlich am Tage nach der Verkündung in Kraft treten lassen. Die von Verfassungs wegen gebotene Sonderregelung für ein rückwirkendes Inkrafttreten des neuen § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO zum 9.9.1994, dem Inkrafttreten der Vorgängerregelung, fehlt. Diese Gesetzeslücke ist daher im Wege verfassungskonformer Auslegung zu schließen.

[10] Dies kann der BGH in eigener Zuständigkeit entscheiden, ohne in das Verwerfungsmonopol des BVerfG aus Art. 100 Abs. 1 GG einzugreifen.

[12] III. Keiner Entscheidung bedarf im Streitfall, ob an der Rückwirkung von § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der Fassung vom 12.12.2007 auch die Aufklärungspflicht des Gläubigers gem. § 49b Abs. 4 S. 3 BRAO teil hat. Der Kläger ist nach dem Inhalt seiner Zustimmungserklärung über den Umfang der möglichen Informationsweitergabe an die Zessionarin und die zur Einziehung ermächtigte Verrechnungsstelle in Vorwegnahme von § 49b Abs. 4 S. 3 BRAO n.F. bereits hinreichend aufgeklärt worden. Das war nach dem Schutzzweck des berührten Geheimhaltungsrechts ausreichend.

[13] Die Revisionserwiderung leugnet auch im Hinblick auf § 307 BGB zu Unrecht, dass das vom Kläger geschuldete Anwaltshonorar wirksam abgetreten worden ist. Inhaltliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Erklärung bestehen jedenfalls auch im Hinblick auf § 307 BGB nicht, wenn der Mandant in einer nach dem Schutzzweck des Geheimhaltungsrechts ausreichenden Weise über die Folge belehrt worden ist, wie es der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich bestimmt hat (vgl. Mayer, AnwBl 2006, 168, 170). Selbst die Zustimmung zur Vertragsübernahme kann bei namentlich bezeichneten Dritten, wie der Abtretungsempfängerin hier, nach § 309 Nr. 10 Buchstabe a) BGB formularmäßig erteilt werden.

[14] Offen bleiben kann nach diesem Sachverhalt, ob eine der Neuregelung nicht genügende Aufklärung durch den Rechtsanwalt die Wirksamkeit seines Verfügungsgeschäfts über den betroffenen Vergütungsanspruch berührt oder ihm nur die wegen seiner Verschwiegenheitspflicht von einer wirksamen Zustimmung abhängige Berechtigung nimmt, der Unterrichtungspflicht des Zedenten gegenüber dem Zessionar gem. § 402 BGB nachzukommen (vgl. dazu auch BGHZ 171, 180, 185 ff. und BVerfG NJW 2007, 3707, 3708).

[15] IV. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderem Grunde richtig (§ 561 ZPO). Die von der Revisionserwiderung zur Nachprüfung gestellte Ansicht einzelner Instanzgerichte (z.B. AG Stuttgart AGS 2006, 425 f. m. Anm. Kilian), die Zustimmung des Mandanten zur Abtretung des Anwaltshonorars sei seinem Rechtsschutzversicherer gegenüber nach § 17 Abs. 7 ARB 94, § 20 Abs. 1 ARB 75 unwirksam, weil der Versicherte damit einseitig auch über den Rechtsschutzanspruch verfüge, beruht auf Rechtsirrtum. Diesen Anspruch hat der Kläger nicht abgetreten, sondern er macht ihn in diesem Rechtsstreit gerade persönlich geltend. Der Zessionarin des Vergütungsanspruchs hat der Kläger insoweit ausdrücklich nur Vollmacht erteilt. Die Vinkulierung des Rechtsschutzanspruchs und die Unabtretbarkeit des Befreiungsanspruchs, die sich mit Ausnahme einer Abtretung an den Vergütungsgläubiger schon aus § 399 BGB ergibt, schützen den Rechtsschutzversicherer nicht davor, sich im Einzelfall wegen eines geschuldeten Anwaltshono...

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