Wer keine deutsche Fahrerlaubnis besitzt und dementsprechend seine Berechtigung zum Fahren in Deutschland aus einem EU- oder EWR-Führerschein herleiten muss, für den stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen sein ausländischer Führerschein in Deutschland anerkannt werden muss. Wenn der ausländische Führerschein nicht zum Fahren im Inland berechtigt, erfüllt der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis den objektiven Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG.
Man wird bei der Beurteilung in die Rechtslage vor dem Inkrafttreten von Art. 11 der 3. Führerschein-Richtlinie am 13.1.2009 und von der danach unterscheiden müssen.
In beiden Fällen steht nach den Entscheidungen des EuGH in den Sachen "Zerche/Seuke/Schubert" und "Wiedemann/Funk" fest, dass ein Führerschein nicht zum Fahren in Deutschland berechtigt, bei dem die ausländische Behörde einen deutschen Wohnsitz eingetragen hat. Die Rechtswidrigkeit dieses Führerscheins ist für alle – auch den Inhaber – ohne weiteres ersichtlich. Damit bestand auch nach § 28 Abs. 4 Nrn. 2, 3 FeV a.F. von Anfang an keine Befugnis, von dieser Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Hinsichtlich dieser Fälle war die Vorschrift kompatibel mit der 2. Führerschein-Richtlinie. Die Neufassung hat die Einzelheiten der beiden EuGH-Entscheidungen übernommen. Ihre Vereinbarkeit mit EU-Recht steht daher außer Zweifel.
Ebenfalls ohne eine gültige Fahrerlaubnis fuhr und fährt derjenige, der sich bereits während des Laufes der Sperrfrist (Urteil "Möginger") oder vor der Erledigung eines Fahrverbotes (Urteil "Weber") die ausländische Fahrerlaubnis erteilen ließ. Auch hier ist sowohl nach § 28 FeV a.F. in europarechtskonformer Auslegung, als auch nach § 28 FeV n.F. davon auszugehen, dass die Fahrerlaubnis nicht zum Fahren berechtigt, ohne dass die deutschen Führerscheinbehörden zuvor tätig werden müssten. Der Straftatbestand ist somit erfüllt. Ob sich der Inhaber wenigstens noch auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB) berufen kann, erscheint nach den EuGH-Urteilen ebenfalls fraglich. Das OLG Stuttgart, das seinerzeit einen unvermeidbaren Verbotsirrtum wegen der Unübersichtlichkeit der Rechtslage bejahte, stellte auf die widersprechenden Urteile der deutschen Oberlandesgerichte ab, die einer Klärung der Rechtsfrage durch den EuGH bedurften. Diese ist jedoch nunmehr erfolgt.
In den anderen Fällen, nämlich dann, wenn eine Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist und unter Beachtung des Wohnsitzerfordernisses erteilt wurde, war die Rechtslage für Führerscheine, die bis zum Inkrafttreten von Art. 11 der 3. Führerschein-Richtlinie am 13.1.2009 erteilt wurden, klar. Danach durfte nach der Rechtsprechung des EuGH der Inhaber von seiner Fahrerlaubnis in Deutschland ohne weiteres Gebrauch machen.
Seit dem 13.1.2009 ist die Rechtslage für solche Führerscheine wieder offen. Der deutsche Verordnungsgeber vertritt die Ansicht, dass der Wortlaut von Art. 11 Abs. 4 Nr. 4 der 3. Führerschein-Richtlinie die Mitgliedsstaaten der EU nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Wirksamkeit einer ausländischen Fahrererlaubnis im Inland abzulehnen, wenn dem Inhaber zuvor im Inland die Fahrerlaubnis entzogen worden war. Dem wird in der Literatur unter Hinweis auf den Vergleich des Wortlauts von Art. 8 Abs. 4 Nr. 4 der 2. Führerschein-Richtlinie mit demjenigen von Art. 11 Abs. 4 Nr. 4 der 3. Führerschein-Richtlinie zugestimmt. In der Tat war in der 2. Führerschein-Richtlinie davon die Rede, dass jeder Mitgliedsstaat die Anerkennung ablehnen "kann", während es jetzt heißt, jeder Mitgliedsstaat "lehnt die Anerkennung ab". Der daraus gezogene Schluss, der europäische Gesetzgeber hätte damit das Regel-/Ausnahmeverhältnis zwischen der allgemeinen Anerkennungsverpflichtung und den Beschränkungen aufgehoben, erscheint im Hinblick auf die eindeutigen und ständig wiederholten Grundsätze des EuGH äußerst zweifelhaft. Die grundlegenden Entscheidungen des EuGH in den Verfahren "Kapper", "Halbritter" und "Kremer" gelten auch für die 3. Führerschein-Richtlinie fort. Art. 2 der 3. Führerschein-Richtlinie sieht weiterhin als allgemeine Regel vor, dass der Inhaber einer rechtmäßig erworbenen ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis unbeschränkt im Inland Gebrauch machen darf. Von dieser Grundregel macht Art. 11 eine Ausnahme. Diese ist unabhängig von ihrem Wortlaut weiterhin eng auszulegen. Der EuGH hat das Erfordernis der engen Auslegung in keiner Entscheidung daran festgemacht, dass Art. 8 der 2. Führerschein-Richtlinie eine Ermessensvorschrift darstellt. Der EuGH folgert den Ausnahmecharakter aus dem Grundsatz der Freizügigkeit, der den grundsätzlich unbeschränkten Gebrauch der Fahrerlaubnis im EU-Ausland erfordert. Dies gilt entgegen der Ansicht des deutschen Verordnungsgebers auch für die 3. Führerschein-Richtlinie. Daraus muss folgen, dass die Benutzung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die nach dem Ablauf der Sperrfrist oder der Erledi...