Aus den Gründen: „ … II. … . Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 26. Januar 2009 Folgendes ausgeführt:
" … . Mit seiner rechtzeitig eingelegten und form- und fristgerecht begründeten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene mit näheren Ausführungen die Verletzung formellen und materiellen Rechts."
Zur Rüge der Verletzung formellen Rechts:
Soweit der Betroffene rügt, die Beweisanträge der Verteidigung seien nicht beschieden worden, genügt die Rüge bereits nicht den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 StPO. Zum notwendigen Rechtsbeschwerdevorbringen gehört bei der Rüge der Nichtbescheidung eines Antrags die inhaltliche Mitteilung des Beweisantrages (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., Rn 85 zu § 244 m.w.N.). In der Begründungsschrift wird aber nur mitgeteilt, dass Beweisanträge verlesen wurden, diese jedoch weder in der Hauptverhandlung noch im Urteil beschieden worden sind.
Die Rüge der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren und die Verletzung rechtlichen Gehörs ist zulässig und begründet. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Recht eines Betroffenen auf ein faires Verfahren und die damit korrespondierende Pflicht des Gerichts zur prozessualen Fürsorge ist verletzt.
Aus dem Gebot des fairen Verfahrens folgt das Recht des Betroffenen auf Verteidigung (Art. 6 Abs. 2c MRK). Dieses Recht ist sowohl bei der Terminsbestimmung als auch bei Entscheidungen über Anträge auf Terminsverlegung oder Aussetzung der Hauptverhandlung zu beachten (zu vgl. BGH StV 1981, 89) und auch im Bußgeldverfahren trotz § 228 Abs. 2 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG nicht auf die Fälle notwendiger Verteidigung beschränkt. Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalls, ob es die Fürsorgepflicht des Gerichts gebietet, die Hauptverhandlung in Anwesenheit des Verteidigers durchzuführen, wenn es nach der Bedeutung der Bußgeldsache und ihrer tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten dem Betroffenen nicht zuzumuten war, sich selbst zu verteidigen (zu vgl. OLG Köln, DAR 2005, 576 m.w.N.).
Aus dem Umstand, dass der Tatrichter die unterbrochene Hauptverhandlung entgegen dem Einwand des Verteidigers am Mittag des 17.4.2008 fortgesetzt hat, ist zu schließen, dass er die Belange des Betroffenen nicht ausreichend berücksichtigt hat. Insbesondere im Hinblick auf die für den Betroffenen nicht unerheblichen möglichen Folgen, nämlich ein zweimonatiges Fahrverbot, bestand für ihn ein besonderes Interesse daran, sich durch einen seiner gewählten Verteidiger in der Hauptverhandlung vertreten zu lassen. Dies gilt gerade auch deshalb, weil der Betroffene selbst von der Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung entbunden war.
Ebenso hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Verhinderung des Verteidigers für den Betroffenen nicht vorhersehbar war. Auf Grund des geplanten Umfangs der auf 09.00 Uhr terminierten Hauptverhandlung konnte er zu Recht davon ausgehen, dass diese so zeitig beendet sein wird, dass Terminkollisionen nicht entstehen werden.
Es ist auch nicht ersichtlich, warum eine Verlegung des Hauptverhandlungstermins nicht möglich gewesen wäre. Die um 13.40 Uhr fortgesetzte Hauptverhandlung dauerte ausweislich des Sitzungsprotokolls lediglich zehn Minuten. Selbst bei einer angespannten Terminlage des Tatrichters dürfte es möglich gewesen sein, einen Fortsetzungstermin in Abstimmung mit dem Verteidiger des Betroffenen festzusetzen.
In der Nichterörterung dieser Umstände liegt nicht nur ein Verstoß gegen einfaches Verfahrensrecht, sondern zugleich auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (zu vgl. BayObLG DAR 2000, 578).
Es ist nicht auszuschließen, dass das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht. Der Verteidiger des Betroffenen hätte auf eine Bescheidung der gestellten Beweisanträge am Ende der Beweisaufnahme hinwirken und nach einer Ablehnung die Verteidigung der neuen Prozesslage anpassen können.
Zur Rüge der Verletzung materiellen Rechts:
Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge deckt ebenfalls Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.
Das Urteil ermöglicht nicht zu überprüfen, ob das AG die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit materiell-rechtlich fehlerfrei festgestellt hat. Das Urteil teilt zwar mit, dass es sich um eine Messung mit dem sog. "Police-Pilot-System" handelte. Bei dem "Provida/PPS"-System handelt es sich nicht um ein für Abstandsmessungen anerkanntes standardisiertes Messverfahren. Die Abstände werden – anders als die Geschwindigkeiten – nicht elektronisch gemessen, sondern unter Auswertung des Videobandes errechnet. Deshalb genügt die Bezeichnung des Verfahrens nicht, sondern die Auswertung und Berechnung müssen, um eine Überprüfung zu ermöglichen, in den Urteilsgründen verständlich und widerspruchsfrei dargelegt werden (zu vgl. OLG Düsseldorf, VRS 99, 133, 135). Insbesondere muss der Tatrichter die Feststellungen, die er im Wege des Augenscheins im Gerichtssaal getroffen hat, in den Urteilsgründen klar, lückenlos und widerspruchsfrei wiedergeben. Dazu gehört auch ...