Ein Rechtsanwalt, der – wie üblich – die gesamte Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer übernimmt, ist diesem gegenüber zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung über die Verwendung der an ihn gezahlten Vorschüsse verpflichtet und muss ebenso Auskunft erteilen und Rechnung legen, wenn Erstattungsbeträge eingehen, die dem Rechtsschutzversicherer zustehen.
Ein Rechtsanwalt, der Erstattungsbeträge nicht an den Rechtsschutzversicherer weiterleitet, muss nicht nur mit einer berufsrechtlichen Ahndung rechnen, er kann auch persönlich in Anspruch genommen werden, wenn er Erstattungsbeträge nicht an den Rechtsschutzversicherer, sondern an den Mandanten ausgezahlt hat.
Die vermeintlichen Konflikte können einfach dadurch vermieden werden, dass Rechtsanwälte sich aus dem Deckungsverhältnis zwischen Mandant und Rechtsschutzversicherer heraushalten und dem Mandanten die Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer ebenso überlassen, wie die Einforderung und Weiterleitung von Kostenvorschüssen. Nur wenige Kanzleien können es sich jedoch leisten, auf diese Serviceleistung, die Mandanten kostenlos erwarten, zu verzichten.
Wenn Rechtsanwälte ihre Vorschüsse nicht abrechnen und auf ihre Verschwiegenheitspflicht verweisen, geschieht das in der Regel nur deshalb, weil die Erstattungsbeträge anderweitig "verrechnet" werden sollen. Diese Vorgehensweise schadet nicht nur dem Ansehen der Anwaltschaft, sie ist auch rechtsethisch bedenklich. Rechtsschutzversicherer zahlen jährlich etwa 1,8 Milliarden EUR an Anwaltshonoraren, sie sind mithin der größte Gebührenzahler der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Es ist daher auch – unabhängig von allen rechtlichen und berufsrechtlichen Überlegungen – ein Gebot der Fairness, über gezahlte Vorschüsse und darauf eingehende Erstattungen dem Rechtsschutzversicherer Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen.
Wir dürfen uns daher nicht wundern, wenn Rechtsschutzversicherer in zunehmendem Maße – rechtlich bedenklich – die freie Anwaltswahl immer mehr einschränken; dies geschieht beispielsweise durch den Verzicht auf den Selbstbehalt, wenn sog. "Vertrauensanwälte" beauftragt werden. Dieser Begriff ist irreführend, da der beauftragte Rechtsanwalt nicht das Vertrauen des Rechtsschutzversicherers haben muss, sondern das des Mandanten.
Diese "Vertrauensanwälte", die von Rechtsschutzversicherern bevorzugt bedient werden, sind die Antwort der Versicherer auf die (wenigen) Kolleginnen und Kollegen, die Rechtsschutzversicherer als "Selbstbedienungsladen" missverstehen.
Die Anwaltschaft ist die Erfüllungsgehilfin des Rechtsschutzversprechens der Rechtsschutzversicherer, so dass beide Seiten aufeinander angewiesen sind.