Der Geschädigte muss nach den strengen Maßstäben des § 286 ZPO zunächst beweisen, dass es durch die einwirkende biomechanische Belastung durch den Aufprall der Fahrzeuge überhaupt zu einer Primärverletzung gekommen ist. Dies ist die Frage des Nachweises der haftungsbegründenden Kausalität nach der ständigen Rechtsprechung des BGH.
Beweiserleichterungen in Form des Anscheinbeweises kommen ihm nicht zu Gute, wobei die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters keine absolute oder unumstößliche Gewissheit, keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit oder an die Gewissheit grenzende hohe Wahrscheinlichkeit, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen, erfordert.
Um sich diese Überzeugung bilden zu können, muss das Gericht eine umfassende Gesamtwürdigung aller Umstände vornehmen, so dass es nicht ausreichend ist, nur einzelne Umstände des Unfallgeschehens herauszugreifen und zu betrachten, sondern es ist eine Gesamtschau der Einzelumstände vorzunehmen, weshalb jeweils zu den Einzelumständen entsprechende begründete Beweisanträge durch den vom Versicherer beauftragten Anwalt zu stellen sind, die nicht übergangen werden dürfen.
In amtsgerichtlichen Verfahren ist trotzdem zuweilen zu beobachten, dass lediglich der Kläger, von ihm benannte Zeugen und der behandelnde Arzt gehört werden und danach mit der richterlichen Überzeugung eine Entscheidung getroffen wird, die nicht berufungsfähig ist.
Die entsprechende Gehörsrüge gem. § 321a ZPO wird in der Regel nicht zum Erfolg führen und der Versicherer wird bei dem begehrten Schmerzensgeld auch keine Verfassungsbeschwerde einlegen. Ob dies dem Rechtsfrieden gerecht wird, darf bezweifelt werden.
3. 1. Beweismittel
3. 1.1. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Arbeitgeber stellt noch keinen Nachweis für eine unfallbedingte Verletzung dar, da diese nur zum Ausdruck bringt, dass der Arbeitnehmer krank war. Mehr nicht.
3. 1.2. Ärztliches Attest
In der Regel wird sich der Unfallgeschädigte nach dem Unfall zu seinem Hausarzt begeben und berichten, dass er in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde und seitdem Beschwerden im Bereich der HWS hat. Eher weniger erfolgt eine sofortige Einlieferung durch Rettungskräfte in ein Klinikum mit der entsprechenden Ausstellung eines Durchgangsberichtes.
Dieses ärztliche Attest bzw. dieser Durchgangsbericht stellt jedoch nur ein Indiz von mehreren für den Zustand des Geschädigten nach dem Unfall dar, weil der behandelnde Arzt als Therapeut auftritt und es in diesem Zusammenhang nicht seine Aufgabe ist, eine Kausalität zwischen dem Unfallereignis und den beklagten Beschwerden herzustellen oder die subjektiven Angaben seiner Patienten über Beschwerden infrage zu stellen.
Das KG führt in diesem Zusammenhang aus, dass ein derartiges ärztliches Attest nur ein gegebenenfalls von einem medizinischen Sachverständigen zu berücksichtigendes Indiz von eher untergeordneter Bedeutung ist, wenn die übrigen Umstände des Falles gegen den Eintritt einer Verletzung sprechen.
Mit seinem Urt. v. 3.12.2009 wird das KG noch deutlicher, in dem es ausführt, dass es dem behandelnden Arzt gar nicht zukommt, den prozessualen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der beklagten Verletzung herzustellen bzw. gar zu entscheiden. Aufgabe des behandelnden Arztes ist es, die vom Patienten geschilderten Beschwerden mit dem Ziel der Linderung bzw. Heilung zu behandeln.
Dies wird häufig durch Gerichte in der Beweiswürdigung übersehen, da dem Arzt lediglich die Informationen seines Patienten über das Unfallgeschehen zur Verfügung stehen, die er nicht prüfen kann.
Insoweit hat der Arzt gar keine Bezugsgröße, welche tatsächliche Belastung auf den Patienten durch den Unfall eingewirkt hat, geschweige denn, welche Einzelumstände noch hinzutreten müssen, die auf einen Kausalzusammenhang der beklagten Beschwerden zum Unfallgeschehen schließen lassen können.
Die in dem ärztlichen Attest angegebene Diagnose einer HWS-Distorsion stellt daher lediglich eine Vermutung (Arbeitshypothese, Verdachtsdiagnose) nach der Untersuchung des Patienten für die nachfolgende Behandlung durch den Arzt dar.
Im Weiteren können in der Regel diesen Attesten keine klinisch-körperlichen Befunde und Überlegungen entnommen werden, aufgrund welcher gesicherter Erkenntnisse und Umstände der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist.
Mitnichten wird daher der behandelnde Arzt mit seiner Diagnose einen prozessualen Status q...