StVG § 25; OWiG § 17
Leitsatz
Eine eingehende Erörterung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen kann erforderlich werden, wenn das Gericht ein Absehen vom Regelfahrverbot wegen Existenzgefährdung mit der Begründung ablehnt, der als Alleinunternehmer tätige Betroffene könne während der Dauer des dreimonatigen Fahrverbots einen Fahrer einstellen.
(Leitsatz des Einsenders)
Thüringer OLG, Beschl. v. 30.9.2010 – 1 Ss Bs 41/10 (239)
Sachverhalt
Dem Betroffenen wird vorgeworfen, am 23.5.2009 gegen 4.32 Uhr auf der Bundesautobahn 9 in Richtung Berlin bei Kilometer 187,0 als Führer eines Pkw die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 82 km/h überschritten zu haben. Wegen dieser Verkehrsordnungswidrigkeit wurden mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle der Thüringer Polizei v. 4.8.2009 gegen den Betroffenen eine Regelgeldbuße von 600 EUR und ein Regelfahrverbot von 3 Monaten und damit die nach der Bußgeldkatalogverordnung für eine fahrlässige Geschwindigkeitsübertretung vorgesehenen Sanktionen festgesetzt.
Auf den hiergegen form- und fristgerecht erhobenen Einspruch des Betroffenen hat ihn das AG am 11.2.2010 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 82 km/h zu einer erhöhten Geldbuße von 1.000 EUR und einem dreimonatigen Regelfahrverbot verurteilt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hebt das OLG das Urt. des AG im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen auf und verweist die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das AG zurück. Die weitergehende Rechtsbeschwerde verwirft es.
2 Aus den Gründen:
„ … . II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthaft, form- und fristgerecht erhoben und mit der erhobenen Sachrüge form- und fristgerecht begründet.
2. Sie hat in der Sache insoweit einen (vorläufigen) Teilerfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Urt. im Rechtsfolgenausspruch führt.
a) Dagegen ist das angefochtene Urt. im Schuldspruch nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die Ausführungen in der dem Verteidiger des Betroffenen übermittelten Stellungnahme der Thüringer Generalsstaatsanwaltschaft verwiesen, denen sich der Senat anschließt.
Insb. ist der Senat mit der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft der Auffassung, dass der Tatrichter rechtsfehlerfrei von einem vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoß ausgegangen ist. Hierzu ist in dem angefochtenen Urt. festgestellt, dass die Verkehrszeichen 274, welche die Geschwindigkeit an der – senatsbekannt im Bereich des Hermsdorfer Kreuzes liegenden – Messstelle auf 100 km/h begrenzen, beidseitig der Richtungsfahrbahn des Betroffenen vor der bei km 187,0 liegenden Messstelle an gleich zwei aufeinander folgenden Stellen, und zwar bei km 189,0 und bei km 187,7, aufgestellt sind. Im Hinblick darauf hat es der Tatrichter auch unter Berücksichtigung der zum Tatzeitpunkt herrschenden Dunkelheit für ausgeschlossen gehalten, dass der Betroffene – was er ausweislich des Urt. auch nicht behauptet hat – die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen habe, wobei er auch darauf abgestellt hat, dass allgemein bekannt sei, dass “an derart stark befahrenen Autobahnkreuzen in ganz Deutschland Geschwindigkeitsbeschränkungen vorhanden sind’ und eine derart große Geschwindigkeitsüberschreitung wie die vorliegende eine vorsätzliche Begehungsweise indiziert. Dies ist nicht zu bemängeln, zumal umgekehrt die Annahme bloßer Fahrlässigkeit bei einer solch ungewöhnlich großen Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit besonderer Begründung bedurft hätte (vgl. Senatsbeschl. v. 7.6.2007 – 1 Ss 51/07, bei juris).
b) Soweit es den Rechtsfolgenausspruch betrifft, hat der Tatrichter zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen Folgendes festgestellt:
"Der Betroffene ist 36 Jahre alt. Er ist ledig und hat 1 Kind. Er ist polnischer Staatsangehöriger. Nach eigenem Bekunden ist er als selbständiger Fliesen- und Parkettleger als Alleinunternehmer tätig. Er zahlt für seine ehemalige Freundin und seine derzeitige Freundin die Mieten für deren Wohnungen. Dabei beläuft sich die Miete für seine Ex-Freundin alleine auf 600,– EUR. Somit kann von geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen werden, da ansonsten neben dem eigenen Lebensbedarf solche hohen Kosten nicht gezahlt werden könnten."
aa) Soweit es die Bemessung der Geldbuße betrifft, welche der Tatrichter – ausgehend von der nach der Bußgeldkatalogverordnung für eine entsprechende fahrlässige Geschwindigkeitsübertretung vorgesehenen Regelgeldbuße von 600,– EUR – wegen vorsätzlicher Begehung der Tat auf 1.000,– EUR erhöht hat, sind diese Feststellungen ausreichend. Mit der Angabe der Berufstätigkeit des Betroffenen, die mangels entgegenstehender Anhaltspunkte regelmäßig auf durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse hinweist, hat der Tatrichter diese nicht rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, sondern vielmehr erkennbar in Betracht gezogen. Zudem hat der Tatrichter d...