VGB 88 § 1 Abs. 3

Leitsatz

Ein gedeckter Hagelschaden liegt nur vor, wenn der Hagel die zeitlich letzte Ursache für einen Gebäudeschaden war.

LG Dortmund, Urt. v. 20.1.2011 – 2 O 330/11

Sachverhalt

Durch Hagelniederschlag wurde der Wassereinlauf am Ende der zu einer Einliegerwohnung hinabführenden Treppe bedeckt. Nachfolgender Regen soll dadurch nicht abgeflossen, sondern in die Wohnung eingedrungen sein. Der Gebäudeversicherer hat Deckung verweigert.

2 Aus den Gründen:

„ … Der Kl. steht gegen die Bekl. kein weiterer Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen des Wasserschadens in der Einliegerwohnung des versicherten Objektes zu, weil auch unter Zugrundelegung des von der Kl. behaupteten Geschehensablaufes kein gedeckter Versicherungsfall vorliegt. Trotz der Deckungserweiterung auf sonstige Grundstücksbestandteile fehlt es an einem bedingungsgemäßen Schaden, den der vom Kl. behauptete Hagelniederschlag verursacht hat. Denn in Rspr. und Literatur ist unbestritten, dass nicht jeder adäquat durch Hagel verursachte Schaden am versicherten Objekt zu einer Entschädigungspflicht des Gebäudeversicherers führt. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Hagel die zeitlich letzte Ursache für einen Gebäudeschaden war, der Hagel mithin unmittelbar zu einem Schaden geführt hat (OLG Saarbrücken VersR 2010, 624; OLG Köln r+s 1995, 390; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 4 VGB 2008 Rn 1). Dies wird auch von der Kl. nicht in Zweifel gezogen. Sie meint indes, dass der Hagel einen solchen unmittelbaren Schaden dadurch verursacht hat, dass er zu einer Abdeckung des Gullys vor dem Eingang zur Einliegerwohnung und mithin zu einer Funktionsunfähigkeit des Wasserablaufs geführt habe, worin sie – die Kl. – einen Schaden an Bestandteilen des Grundstücks sieht. Diese Auffassung geht indes fehl. Der Wasserablauf als mitversicherter Grundstücksbestandteil hat weder eine Substanzverletzung erlitten, was unter den Parteien unstreitig ist, noch stellt seine Abdeckung durch Hagel eine einem Schaden gleich zu setzende Funktionsbeeinträchtigung dar. Dabei bedarf es einer Entscheidung, ob Funktionsbeeinträchtigungen ohne Substanzbeschädigung einen Sachschaden darstellen können. Für die temporäre Abdeckung durch Hagel ist dies jedenfalls abzulehnen. Der Wasserablauf ist auch nicht funktionsunfähig geworden. Vielmehr haben äußere Umstände verhindert, dass das Wasser in den an sich funktionsfähigen Gully einfließen konnte. Der vom Kl. behauptete Geschehensablauf ist nicht anders zu werten, als wenn der Gully durch Abstellen von Gegenständen abgedeckt worden wäre und dadurch der Wasserablauf verhindert oder erschwert worden wäre. Auch darin läge keine Funktionsunfähigkeit des Wasserablaufes, jedenfalls keine solche, die einem Sachschaden gleichzusetzen wäre (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 4 VGB 2008 Rn 5; LG Bielefeld VersR 2005, 115). Zu einem Sachschaden hat vielmehr erst der Wassereintritt in die Einliegerwohnung geführt, sodass der Hagel zwar ursächlich für den Schaden war, jedoch nicht die nach den Bedingungen erforderliche zeitlich letzte Ursache für den Schaden in der Einliegerwohnung gesetzt hat, da zeitlich danach noch aufgestautes Regenwasser eine weitere Ursache für den Gebäudeschaden war. …

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