VV RVG Nr. 5115
Leitsatz
Die zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG erfordert lediglich eine Tätigkeit des Verteidigers, die die Erledigung des Verfahrens in irgendeiner Weise fördert. Hierzu ist eine besondere, gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Verteidiger durch seine Aktivitäten veranlasst hat, dass das Bußgeldverfahren wegen Verjährung eingestellt wird.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Oldenburg, Beschl. v. 22.5.2013 – 5 Qs 149/13
Sachverhalt
Der Anwalt hatte den Betr. im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren vor dem AG C verteidigt. Von dem Landkreis C hatte der Verteidiger die Übersendung der Bedienungsanleitung für das Geschwindigkeitsmessgerät erbeten. Mit Schriftsatz v. 2. 7. 2012 teilte der Verteidiger dem AG mit, die ihm vom Landkreis per E-Mail übersandte Bedienungsanleitung für das Messgerät sei lediglich zu öffnen, nicht aber auszudrucken. Hieraufhin hat das AG mit Beschl. v. 11.7.2012 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Sache gem. § 69 Abs. 5 OWiG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an den Landkreis zurückverwiesen. Der Landkreis hat sodann dem Verteidiger die Bedienungsanleitung (erneut) übersandt und die Akten im Januar 2013 an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hat. Hieraufhin hat das AG durch Beschl. v. v. 11.2.2013 das Verfahren wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung eingestellt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Verteidiger für den Betr. als Mittelgebühren die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV RVG, die Verfahrensgebühren nach Nr. 5103 und 5109 VV RVG, die zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG und 2 Postentgeltpauschalen nach Nr. 7002 VV RVG zur Festsetzung angemeldet. Der Rechtspfleger hat die Grundgebühr und die Verfahrensgebühren nur zu einem niedrigeren Betrag, die zusätzliche Gebühr und die zweite Postentgeltpauschale hingegen gar nicht berücksichtigt. Die hiergegen von dem Betr. eingelegte sofortige Beschwerde hatte zum Teil Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg:"
Das AG hat in nicht zu beanstandender Weise die vom Verteidiger übersetzte Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG von 85,00 EUR (Mittelgebühr) auf 60 EUR gekürzt. Zutreffend hat der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme auf die Unterdurchschnittlichkeit von Umfang, Schwierigkeit und Bußgeldhöhe hingewiesen. Die Gesamtheit dieser für die Gebührenhöhe gem. § 14 RVG ausschlaggebenden Faktoren führt zu einer schon unterdurchschnittlichen Gewichtung der Sache, so dass die Festsetzung zutreffend erfolgte.
Mit den gleichen Erwägungen sind die Gebühren gem. Nr. 5103 und 5109 VV RVG zutreffend auf ein Maß merklich unter der Mittelgebühr gekürzt worden. Denn über die genannten Faktoren hinaus sind auch der Umfang und die Schwierigkeit der Tätigkeit des Verteidigers in beiden Fällen unterdurchschnittlich. Die Gebührenhöhen von jeweils 100 EUR sind daher nicht zu beanstanden.
Zutreffend ist die zweite Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG abgesetzt worden. Denn diese fällt nur einmal an, weil es sich bei der anwaltlichen Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde und bei Gericht im Bußgeldverfahren um nur eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne handelt (LG Köln RPfleger 09, 273 f.; LG Hamburg JurBüro 2006, 644; Hartmann, KostG, 40. Aufl., § 15 Rn 40 m.w.N.; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., VV 7001 Rn 59, 62).
Jedoch war die Entscheidung in Bezug auf die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG zu ändern. Diese ist angefallen, weil es hierfür lediglich einer Tätigkeit des Verteidigers bedarf, welche die Verfahrenserledigung fördert und dabei keine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit erforderlich ist (BGH, RVGreport 2011,182 = AGS 2011, 128 m. teilw. abl. Anm. N. Schneider). Dabei ist auch eine Förderung der Sachaufklärung nicht erforderlich (BGH, ebd.), es genügt ein ursächlicher Beitrag zur Erledigung des Verfahrens (LG Baden-Baden, Beschl. v. 9.8.2000 – 1 Qs 111/00, juris), welcher auch in einer Aktivität zwecks Verjährung bestehen kann (Hartmann, KostG, 37. Auflage, Nr. 4141 VV RVG Rn 9). So liegt der Fall hier. Denn das AG hat die zuvor einmal terminierte Sache nicht wieder terminiert, nachdem der Verteidiger mit Schriftsatz v. 2.7.2012 mitgeteilt hat, die ihm von dem Landkreis per E-Mail übersandte Bedienungsanleitung für das Messgerät sei lediglich zu öffnen, nicht aber auszudrucken. Auf dieses Schreiben hat das AG mit Beschl. v. 11.7.2012 gem. § 69 Abs. 5 OWiG mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung i.S.d. § 69 Abs. 5 OWiG an den Landkreis C zurückverwiesen. Nachdem der Landkreis sodann die Bedienungsanleitung an den Verteidiger übersandt und die Akten im Januar 2013 an die Staatsanwaltschaft geleitet hat, ist durch Beschl. d. des AG v. 11.2.2013 das Verfahren wegen der zwischenzeitig eingetretenen Verjährung eingestellt worden. Die Mitteilung des Verteidigers, die Bedienungsanleitung nicht ausdrucken zu können...