BGB § 241 Abs. 2 § 280 Abs. 1 § 631
Leitsatz
1. In Abweichung der grundsätzlichen Beweislastverteilung kann bei Schadensfällen, die sich in einer Waschanlage ereignet haben, von der Schädigung auf die Pflichtverletzung des Betreibers geschlossen werden, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrühren kann. Dieser Anscheinsbeweis kommt zum Tragen, wenn feststeht, dass der Schaden nur durch einen automatisierten Waschvorgang in der Waschstraße selbst verursacht worden sein kann, also keine andere Schadensursache in Betracht kommt.
2. Der Betreiber der Waschstraße kann den Anscheinsbeweis hinsichtlich seiner Pflichtverletzung erschüttern, indem er nachweist, dass die von ihm betriebene Anlage den allgemeinen Regeln der Technik entspricht. Der Betreiber muss hierzu nachweisen, dass er die Anlage so organisiert, betreibt, wartet, kontrolliert und beaufsichtigt, wie dies nach dem Stand der Technik möglich und zumutbar ist, um Beschädigungen der Fahrzeuge zu vermeiden.
3. Die Aktivlegitimation zur gerichtlichen Geltendmachung des Schadens besteht unabhängig von der Eigentümerstellung spätestens nach Durchführung der Reparatur für denjenigen, der für die Kosten der Reparatur aufgekommen ist.
4. Hinsichtlich der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten wandelt sich ein ursprünglich bestehender Freistellungsanspruch bei Erfüllungsverweigerung durch den Schädiger in einen Schadensersatzanspruch um.
(Leitsätze des Einsenders)
LG Wuppertal, Urt. v. 13.3.2013 – 5 O 172/11
Sachverhalt
Der Kl. hat nach behaupteter Beschädigung seines Pkw in einer Autowaschstraße des Bekl. dessen Verurteilung zum Ersatz des an seinem Pkw behaupteten Schadens verfolgt. Der Kl. hat behauptet, sein Fahrzeug sei dadurch beschädigt worden, dass sich die Türflügel am Ende der Waschstraße nicht oder nur unwesentlich geöffnet hätte, da das Laufband, auf dem sich sein Auto befunden habe, weitergelaufen sei, so dass sein Fahrzeug durch die geschlossene Tür geschoben worden sei wodurch an seinem Fahrzeug Streifbeschädigungen an beiden Seiten und ein massiver Lackschaden auf der linken Dachseite verursacht worden seien. Der Bekl. hat bestritten, dass es bei der Reinigungsfahrt zu einer Beschädigung des Fahrzeugs gekommen sei. Vielmehr sei das Fahrzeug des Kl. bereits vorher beschädigt gewesen, im Übrigen werden die Waschanlage und die Funktion des Sensors täglich vor Betriebsbeginn kontrolliert. Selbst wenn die Darstellung des Kl. zu der unterbliebenen Öffnung der Tore am Ende der Waschanlage zutreffen sollte, wäre es nicht zu den von dem Kl. behaupteten Schäden gekommen. Vielmehr wären lediglich Materialantragungen von den Gummitoren an den Fahrzeugseiten aufgetreten, die durch eine einfache Reinigung bzw. eine Oberflächenpolitur hätten beseitigt werden könne. Schließlich hat der Bekl. ein überwiegendes Mitverschulden des Kl. bei der Herbeiführung des Schadens darin gesehen, dass der Kl. nach Erkennen der Gefahrsituation für sein Fahrzeug sich und das Auto aus dem Gefahrenbereich hätte bringen müssen.
Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen zu der behaupteten Schadensfreiheit des Kfz des Kl. vor dem Reinigungsvorgang, der persönlichen Anhörung des Kl. und der Einholung eines Sachverständigengutachtens den Schadenseratzanspruch des Kl. bejaht.
2 Aus den Gründen:
"Der Kl. hat gegen den Bekl. einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 631 BGB. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts gem. § 286 ZPO fest, dass der Kl. durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bekl. einen Schaden erlitten hat."
a) Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Reinigung des Fahrzeugs handelt es sich um einen Werkvertrag gem. § 631 Abs. 2 BGB, in dessen Rahmen der Bekl. Schutzpflichten i.S.d. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zu beachten hat. Der Bekl. war gegenüber dem Kl. – unabhängig von dessen Eigentümerstellung im Hinblick auf das Fahrzeug – verpflichtet, sich bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Rechtsgüter des Kl. nicht verletzt werden. Insb. der Betreiber einer Waschanlage muss dafür Sorge tragen, dass ein Fahrzeug durch den Reinigungsvorgang nicht beschädigt wird (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., 2013, § 280 Rn 85).
Nach allgemeinen Grundsätzen ist es an dem Geschädigten als Gläubiger darzulegen und zu beweisen, dass der Pkw in der von der Bekl. betriebenen Waschstraße geschädigt worden ist, diese schuldhaft eine ihr obliegende Pflicht verletzt und diese Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat. In Abweichung von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung ist für Schadensfälle, die sich in einer Waschstraße ereignet haben, anerkannt, dass von der Schädigung auf die Pflichtverletzung des Betreibers geschlossen werden kann, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrühren kann. Dieser Anscheinsbeweis kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn feststeht, das...