"… Die zulässige Berufung der Kl. hat in der Sache teilweise Erfolg. Die der Berufungsentscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine abweichende Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO)."
1. Das Erstgericht ist zunächst davon ausgegangen, dass sowohl die Bekl. als auch die Kl. grds. für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2, 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG, § 6 AuslPflVG – der Bekl. zu 1), der nach § 2 Abs. 1b AuslPflVG an die Stelle des zuständigen Versicherers getreten ist, haftet dabei grds. in gleicher Weise wie der Kfz-Haftpflichtversicherer eines Kfz mit regelmäßigem Standort im Inland – einzustehen haben, weil die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kfz entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG darstellte. Dies ist zutreffend und wird von der Berufung auch nicht in Zweifel gezogen.
2. Zu Recht und von der Berufung ebenfalls nicht (mehr) beanstandet hat das AG in die danach gebotene Haftungsabwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile gem. § 17 Abs. 1, 2 StVG einen der Kl. zuzurechnenden Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO eingestellt. Indem diese auf den linken Fahrstreifen wechselte, ohne Rückversicherung, ob sich dort ein Fahrzeug befand, versäumte sie es, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen.
3. Mit Erfolg wendet die Berufung allerdings ein, dass dem Bekl. zu 2) vorliegend ein Verstoß gegen § 41 StVO i.V.m. Zeichen 209, 297 (Pfeilmarkierung) als unfallursächlich zur Last zu legen ist. Das aus der Fahrbahnmarkierung folgende Fahrtrichtungsgebot (vgl. BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 161/13, VersR 2014, 208; Lafontaine, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 41 StVO, Rn 321), das auf der linken Fahrspur lediglich Linksabbiegen erlaubt, hat der Zweitbekl. durch das Geradeausfahren auf die Auffahrt zur (…)Brücke missachtet. Die Kl. durfte demgegenüber grds. davon ausgehen, dass der Lkw die vorgegebene Fahrtrichtung einhalten und nicht unter Verstoß gegen die Markierung geradeaus über die Kreuzung fahren würde (vgl. LG Gießen, Beschl. v. 9.10.2013 – 1 S 198/13, juris; Lafontaine a.a.O.). Allein der Umstand, dass die Auffahrt zur (…)Brücke im Bereich der Unfallstelle zweispurig ist und daher grds. stets mit Verkehr auf der linken Fahrspur zu rechnen ist, bedeutet nicht, wie die Erstrichterin meint, dass sich der Verkehrsverstoß des Zweitbekl. vorliegend nicht unfallursächlich ausgewirkt hätte. Der Kreuzungsbereich zur (…)Straße ist durch eine Ampelschaltung geregelt. Diese verhindert i.d.R. gerade – von der Möglichkeit eines seitlichen Vorbeischiebens an vorausfahrenden Fahrzeugen abgesehen –, dass sich bei Grünlicht aus Richtung (…)Weg andere Fahrzeuge auf der linken Fahrspur befinden. Dementsprechend hat sich die Missachtung der vorgegebenen Fahrtrichtung durch den Zweitbekl. unfallursächlich ausgewirkt, weil er sich zum Zeitpunkt der Kollision nicht auf Höhe der Parkplatzeinfahrt auf der linken Fahrspur hätte befinden dürfen, was zu dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem entsprechenden Verkehrsverstoß beigetragen hat.
4. Zutreffend macht die Berufung geltend, dass dieser Verkehrsverstoß im Rahmen der Haftungsabwägung gem. § 17 Abs. 1, 2 StVG auch zu berücksichtigen ist. Zwar wiegt ein auf Seiten der Kl. vorliegender Verstoß gegen die von § 7 Abs. 5 StVO gebotene äußerste Sorgfalt regelmäßig schwer (vgl. Kammerurteil vom 30.6.2017 – 13 S 24/17, m.w.N.). Dies begründet allerdings unter den gegebenen Umständen nicht die Alleinhaftung der Kl. Denn zulasten der Bekl. ist zu berücksichtigen, dass die missachteten Fahrbahnmarkierungen für den Zweitbekl. deutlich erkennbar waren und er deshalb den Unfall unschwer hätte vermeiden können, wenn er die den Umständen nach gebotene Sorgfalt beachtet hätte. Vor diesem Hintergrund trägt eine Haftungsbeteiligung der Bekl. von 1/3 dem Verursachungsbeitrag des Zweitbekl. aus Sicht der Kammer angemessen Rechnung.
Ausgehend von einem Gesamtschadensbetrag von 3.278,86 EUR ergibt sich damit ein Schadensersatzanspruch der Kl. von 1.092,95 EUR. …“
Mitgeteilt von Hans-Peter Freymann, Präsident des LG Saarbrücken