Gelangt man nach der Befragung des Mandanten zu der Feststellung, dass eine Fahrerschutzversicherung oder aber eine Forderungsausfallversicherung nicht in den Versicherungsvertrag eingeschlossen wurde, stellt sich regelmäßig die weitergehende Frage, ob nicht gleichwohl Ansprüche gegenüber dem Versicherer bzw. dem Versicherungsmakler geltend zu machen sind, weil jene möglicherweise gegen Aufklärungsverpflichtungen verstoßen haben. Die nebenvertraglichen Verpflichtungen aus § 280 BGB sind nunmehr ausdrücklich im VVG kodifiziert worden. So heißt es in § 6 Abs. 1 VVG wie folgt:
Zitat
"Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages zu dokumentieren."
Für den Versicherungsmakler ist in § 61 VVG eine vergleichbare Beratungs- und Dokumentationsverpflichtung mit folgendem Inhalt aufgenommen:
Zitat
"Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages nach § 62 zu dokumentieren."
Die Erfahrung lehrt nun, dass insbesondere die Dokumentationspflicht vom Versicherungsvertrieb als lästiges Übel angesehen wird mit der Folge, dass die Dokumentation vielfältig nicht sachgerecht erfolgt, was sich der Versicherungsnehmer zunutze machen kann.
Insoweit ist zunächst einmal auf die sogenannte "Quasideckung" hinzuweisen, die durch die Rechtsprechung entwickelt wurde. So hat bereits das OLG Frankfurt im Jahre 2014 entschieden, dass eine Beratungspflichtverletzung gegenüber dem Versicherungsnehmer dazu führt, dass der Versicherungsnehmer so zu stellen ist, wie er stünde, wenn er von der Versicherung richtig beraten worden wäre. Im gleichen Jahr hat der 4. Zivilsenat des BGH zur Quasideckung Folgendes ausgeführt:
Zitat
"Hat ein Versicherungsmakler es pflichtwidrig unterlassen, ein bestimmtes Risiko abzudecken, so kann der Versicherungsnehmer von ihm verlangen so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten" ("Quasideckung").
Unterlässt mithin ein Versicherungsagent einer Versicherung oder aber der Versicherungsmakler pflichtwidrig, den Versicherungsnehmer auf den Abschluss einer Fahrerschutz- oder Forderungsausfallversicherung hinzuweisen, kann man sich dies gegebenenfalls aus den Grundsätzen der "Quasideckung" zunutze machen. Hierbei kommt entscheidend Folgendes hinzu:
Liegt ein unzureichendes, fehlerhaftes oder lückenhaftes Belehrungsprotokoll dem Vertragsabschluss zugrunde, so soll sich die Beweislast umkehren mit der Folge, dass nunmehr der Versicherer beweisen muss, dass der Versicherungsnehmer das Produkt nicht einschließen wollte. Während nach allgemeinen Beweisgrundsätzen der Kläger zunächst beweisverpflichtet dafür ist, dass ein Beratungsfehler vorliegt, "dreht sich" die Beweislast, wenn kein oder aber ein unzureichendes Protokoll vorliegt. Dies versetzt den nicht oder schlecht beratenen Versicherungsnehmer in eine sehr auskömmliche Lage.
Das OLG Frankfurt hatte in der angesprochenen Entscheidung auf die besonderen Dokumentationsanforderungen des § 61 Abs. 1 VVG hingewiesen, dem seinerzeit nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. In diesem Sinne fordert der Verfasser zunächst einmal in entsprechenden Fallkonstellationen das Beratungsprotokoll an. Versicherungsverträge werden häufig über Bekannte vermittelt. Dies führte in einem Fall des Verfassers dazu, dass nach Anforderung des Beratungsprotokolls der Fußballfreund und Versicherungsagent den Mandanten anrief und mitteilte, dass er noch einmal vorbeischauen müsste, weil nicht alles unterschrieben worden sei. Dies ist sicher ein Extrembeispiel, welches indes verdeutlicht, wie "schlampig" der Versicherungsvertrieb mit entsprechenden Dokumentationsverpflichtungen umgeht.
Eine nicht ausreichende Dokumentation versetzte im Übrigen das OLG Zweibrücken in die Lage, einem Unfallgeschädigten im Hinblick auf den nicht erfolgten Abschluss einer Fahrerschutzversicherung Prozesskostenhilfe zu gewähren. In dem vom OLG Zweibrücken entschiedenen Fall handelte es sich um einen sehr drama...