Dem Kl. steht gegenüber der Bekl. ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Entschädigung für den streitgegenständlichen Wasserschaden in Höhe von 11.401,34 EUR zu.
Im Rahmen der vorliegenden Wohngebäudeversicherung sind Elementarschäden durch Rückstau versichert (GB 3308 Ziffer 1 a, 2b). Ein solcher Rückstau ist eingetreten. Unstreitig kam es infolge von Niederschlägen zum Aufstauen von Abwasser bzw. Regenwasser im Pumpenschacht der Hebeanlage, das bestimmungswidrig in das Gebäude eingedrungen ist. Die notwendigen Aufwendungen zur Wiederherstellung der versicherten Sachen hat die Bekl. – abzüglich des vereinbarten Selbstbehalts (500,– EUR) – zu ersetzen. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlungen belaufen diese sich auf 11.401,34 EUR. Zu einer Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung ist die Bekl. nicht berechtigt. Es fehlt an der wirksamen Vereinbarung einer Wartungsobliegenheit.
Nach Ziffer 10 a GB 3307 hat der VN zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen Rückstausicherungen anzubringen und sie funktionsbereit zu halten. Der Obliegenheit zum Einbau einer Rückstausicherung ist der Kl. unstreitig nachgekommen. Eine Hebeanlage nebst Wasserpumpe und Rückstauklappen ist im versicherten Gebäude vorhanden. Die streitige Frage, ob und in welchem Umfang diese Einrichtungen regelmäßig zu warten waren bzw. tatsächlich gewartet wurden, kann dahingestellt bleiben. Die Obliegenheit, die Rückstausicherung "funktionsbereit" zu halten, verstößt mangels Bestimmtheit gegen das gesetzliche Leitbild i.S. des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Nach der st. Rspr. des BGH besteht das Wesen einer gefahrbezogenen Obliegenheit darin, dass sie dem VN nach Zustandekommen des Vertrages bestimmte Verhaltensweisen zur Erhaltung seines Versicherungsanspruchs vorschreibt, ihm also Handlungs- und Unterlassungspflichten auferlegt, die er beachten muss (vgl. BGH, VersR 1972, 85; VersR 2008, 961).
Wegen der einschneidenden Sanktionen, die an eine Obliegenheitsverletzung geknüpft sind, muss das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich vereinbart sein, klar und eindeutig erkennen lassen, was im Einzelnen verlangt wird. Diese Auslegung des Obliegenheitsbegriffs gehört zum gesetzlichen Leitbild i.S. des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (BGH VersR 2009, 1659 m.w.N.).
An der Statuierung einer solchen klaren Handlungspflicht fehlt es vorliegend indes. Für den durchschnittlichen um Verständnis bemühten VN ist bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs der Klausel lediglich erkennbar, dass ihm über den Einbau der Rückstausicherung hinausgehend eine Pflicht zur Aufrechterhaltung deren Funktionsbereitschaft auferlegt werden soll. Da die Rückstausicherung funktionsbereit zu halten ist, könnte dies nach dem Verständnis des durchschnittlichen VN zwar auch im Sinne einer Wartungs- und nicht nur einer bloßen Reparaturverpflichtung zu verstehen sein, da das (Vor-)halten in funktionstüchtigem Zustands gefordert wird. Letztlich bleibt dies jedoch offen, wie ein Vergleich mit der abweichend formulierten Regelung in § 23 VGB 2011 zeigt. Danach sind die versicherten Sachen, insbesondere wasserführende Anlagen und Einrichtungen stets in ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und Mängel oder Schäden unverzüglich zu beseitigen. Dem VN wird insoweit eine allgemeine Instandhaltungsverpflichtung auferlegt (vgl. hierzu und zu den insoweit (teilweise) bestehenden Wirksamkeitsbedenken wegen mangelnder Konkretisierung Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl., A 21 VGB 2016, Rn 2, der zugleich die vorliegende Klausel in Bezug auf das Risiko "Rückstau" allerdings als hinreichend bestimmt erachtet).
Inhaltlich ist die in Ziffer 10 GB 3307 formulierte Handlungspflicht demgegenüber völlig konturlos. Weder eine Wartungs- noch eine Instandsetzungsobliegenheit werden explizit benannt. An bestimmte Wartungsintervalle oder – wie die Bekl. meint – gar an eine DIN-gerechte Wartung, knüpft die Klausel nicht an. Es bleibt vielmehr im Ungewissen, welche Verhaltensweisen dem VN zur Erhaltung des Versicherungsschutzes konkret abverlangt werden sollen. Die klare Vorgabe zumindest von Wartungsintervallen ist jedoch zur hinreichenden Konkretisierung der sanktionsbewehrten Wartungsobliegenheit auch deshalb erforderlich, da anderenfalls im Einzelfall offen bleibt, woran der vom VN zu führende Kausalitätsgegenbeweis anzuknüpfen hat.
Dem VR ist die klare Formulierung einer Instandsetzungs- und Wartungsobliegenheit auch unschwer möglich. Eine mit Blick auf die Unwirksamkeit der Klausel einschränkende Auslegung dahingehend, dass zumindest eine – in welchen Intervallen auch immer – regelmäßige Sichtkontrolle stattzufinden habe, verbietet sich wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion.
Danach scheidet eine Obliegenheitsverletzung mangels wirksam vereinbarter Wartungsobliegenheit aus …
zfs 8/2022, S. 454 - 455