StVZO § 31a Abs. 1; BMG a.F. § 34 Abs. 1, Abs. 2; PassG § 22 Abs. 2; PAuswG § 24 Abs. 2; StPO § 52 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Unmöglich im Sinne des § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO ist die Feststellung des verantwortlichen Fahrers dann, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Lehnt der Halter erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Bußgeldbehörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. Aber auch dann, wenn der Fahrzeughalter bei der Ermittlung des Fahrzeugführers nicht mitwirkt, muss die Verfolgungsbehörde naheliegenden und mit wenig Aufwand durchführbaren Ansätzen zur Fahrerermittlung nachgehen und das Ergebnis ihrer Bemühungen dokumentieren.

2. Unmöglichkeit liegt nicht schon dann vor, wenn die Behörde nur solchen Ermittlungsansätzen nachgegangen ist, die sicher zum Erfolg führen.

3. Beruft sich der Fahrzeughalter darauf, dass ein Familienangehöriger das Fahrzeug geführt habe, ist es in aller Regel – zumindest dann, wenn trotz der Aussageverweigerung die Ermittlung des Fahrzeugführers etwa aufgrund eines verwertbaren Tatfotos möglich erscheint – kein unzumutbarer Ansatz, zunächst durch eine Anfrage bei der Meldebehörde zu ermitteln, ob Familienangehörige unter derselben Adresse gemeldet sind. Wenn die Meldeabfrage allerdings keinen für die weitere Ermittlung verwertbaren Hinweis ergibt, ist die Behörde grundsätzlich nicht verpflichtet, zu ermitteln, wo die vom Halter ohne jede Konkretisierung erwähnten Familienangehörigen wohnhaft sein könnten.

4. Die Meldeabfrage nach § 34 Abs. 2 Bundesmeldegesetz [a.F.] steht im Übrigen auch in Einklang mit dem Vorschlag für die Vorgehensweise bei der "Ermittlung von Fahrer*innen mittels Lichtbildabgleichs bei Ordnungswidrigkeiten" der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen.

OVG NRW, Urt. v. 31.5.2023 – 8 A 2361/22

zfs 8/2023, S. 480

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