Einführung
[1] Dieser Beitrag ist zur Pflichtfortbildung für Fachanwälte mit Lernerfolgskontrolle (§ 15 Abs. 4 FAO) geeignet. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht können hierzu online unter www.faocampus.de MultipleChoice-Fragen beantworten und erhalten bei Erfolg eine Bescheinigung über insgesamt 1,5 Std. Fortbildung
In den letzten 25 Jahren wurden gerade für Personen, die mit Fahrrädern am Straßenverkehr teilnehmen, etliche Änderungen, nicht nur in der Straßenverkehrsordnung (StVO), vorgenommen. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die Bestimmungen der StVO, Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und dem Strafgesetzbuch (StGB) verschaffen, die für Fahrrad Fahrende von besonderem Interesse sein könnten
In Teil 1 geht es um die §§ 2-37 StVO. In Teil 2 (im nächsten Heft) geht es um Verkehrszeichen, die FeV, die StVZO und das StGB.
Laut Statista lag der Fahrradbestand in Deutschland im Jahr 2022 bei 82,8 Millionen Fahrrädern. Im Vergleich dazu waren zum 1.1.2023 insgesamt beim KBA registriert: Kfz und Anhänger: 68,4 Millionen; Pkw 48,8 Millionen.
Daher dürfte dieser Beitrag nicht nur für die Fachliteratur von Interesse sein.
1. Fahrradbegriff
Was ist ein Fahrrad? Das Wiener Übereinkommen definiert Fahrräder folgendermaßen: Jedes Fahrzeug mit wenigstens zwei Rädern, das ausschließlich durch die Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen, insbesondere mit Hilfe von Pedalen oder Handkurbeln angetrieben wird.
Mit der Zweiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18.5.2017 wurde dieser Text auch ins deutsche Verkehrsrecht übernommen. Er befindet sich nun ebenfalls in § 63a Abs. 1 StVZO. Im Absatz 2 dieser Bestimmung wird weiterhin festgehalten: Als Fahrrad gilt auch ein Fahrzeug im Sinne des Absatzes 1, das mit einer elektrischen Trethilfe ausgerüstet ist, die mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer größten Nenndauerleistung von 0,25 kW ausgestattet ist, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder wenn der Fahrer mit dem Treten oder Kurbeln einhält, unterbrochen wird. Die Anforderungen des Satzes 1 sind auch dann erfüllt, wenn das Fahrrad über einen Hilfsantrieb im Sinne des Satzes 1 verfügt, der eine Beschleunigung des Fahrzeugs auf eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h, auch ohne gleichzeitiges Treten oder Kurbeln des Fahrers, ermöglicht (Anfahr- oder Schiebehilfe).
Diese Definition ist ebenfalls in § 1 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) angeführt.
In der Bestimmung ist dies von Bedeutung, weil § 1 Abs. 2 StVG Kraftfahrzeuge definiert.
Ein Fahrrad muss somit mindestens zwei Räder haben, weshalb ein Einrad ausscheidet. Es darf unter gewissen Voraussetzungen mit einem Hilfsantrieb ausgerüstet sein, auch dann gelten die Bestimmungen wie für Fahrräder.
Sind diese Bedingungen nicht mehr gegeben, entfällt der Fahrradbegriff. Dass man entsprechende Änderungen an dem Fortbewegungsmittel vornehmen kann, dürfte jeder/jedem einleuchten. Fündig wird man im Internet auf etlichen Seiten. Mit der Eingabe "Fahrradtuning" in entsprechenden Suchmaschinen erhält man eine Vielzahl von Treffern. Sollte eine Antriebsmanipulation vorgenommen werden, muss geprüft werden, u.U. mittels sachverständiger Hilfe, ob die Voraussetzungen aus § 1 Abs. 3 StVG noch vorliegen, andernfalls ist ein Kraftfahrzeug entstanden, mit den entsprechenden Konsequenzen.
Welche Auswirkungen die Entscheidung des EuGH zur "Kfz-Haftpflichtrichtlinie" haben wird, wird man sehen. Dabei wird ausgeführt: Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass ein Fahrrad, dessen Elektromotor nur eine Tretunterstützung bietet und das über eine Funktion verfügt, mit der es ohne Treten auf eine Geschwindigkeit von bis zu 20 km/h beschleunigt werden kann, wobei aber diese Funktion nur nach Einsatz von Muskelkraft aktiviert werden kann, kein "Fahrzeug" im Sinne dieser Bestimmung ist.
Der Verfasser hat sich dazu ausführlich geäußert.
Abschließend zum Fahrradbegriff soll noch auf § 16 Abs. 2 StVZO und § 24 Abs. 1 StVO hingewiesen werden. In den beiden Bestimmungen, die Fortbewegungsmittel aufführen, die nicht unter den Fahrzeugbegriff fallen, werden u.a. Kinderfahrräder genannt. Dies sind nach der VwV zu § 24 StVO solche, die üblicherweise zum spielerischen Umherfahren im Vorschulalter verwendet werden. Dies bedeutet, dass Fahrräder von Kindern, die darunter nicht subsumiert werden können, Fahrzeuge sind. Dies hat Auswirkungen auf die StVO.
2. StVO
§ 2 Fahrbahnbenutzung
Zu der Bestimmung geht der Verfasser auf die Abs. 1, 2, 4 ...