VVG § 100 § 115 Abs. 1; BGB § 242
Leitsatz
1. Die unmittelbare Inanspruchnahme eines Haftpflichtversicherers nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG erfordert schlüssige Darlegung dazu, dass der Kl. einen Schadensersatzanspruch verfolgt, der im Rahmen einer Kfz-Haftpflichtversicherung von dem in Anspruch genommenen VR gedeckt werden muss.
2. Hat der (allgemeine) Haftpflichtversicherer des Schädigers die Regulierung eines im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung nicht gedeckten Schadensersatzanspruchs übernommen, so ist es ihm, wenn der Geschädigte die Regulierung nicht für auskömmlich erachtet und ihn deshalb unmittelbar gerichtlich in Anspruch nimmt, nicht nach Treu und Glauben versagt, sich ihm gegenüber auf seine fehlende Passivlegitimation zu berufen.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 17.4.2024 – 5 U 23/23
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem Fahrzeugschaden. Der Kl. war Eigentümer des Fahrzeugs SUV der Marke L. Er ist Mitglied des ADAC e.V. Die Bekl. zu 1) ist Haftpflichtversicherer der ADAC SE.
Das Fahrzeug erlitt bei der Fahrt auf der Autobahn am 26.6.2021 einen erheblichen Motorschaden, nachdem es zuvor stehen geblieben und ein ADAC-Techniker hinzugerufen worden war. Dieser stellte zunächst nur einen verschmutzten Ladedrucksensor fest und erklärte das Fahrzeug sei wieder fahrbereit, woraufhin der Kl. seine Fahrt fortsetzte. Im Anschluss kam es auf der weiteren Fahrtstrecke zu einem Totalausfall des Fahrzeugs (Explosion des Turboladers), infolgedessen das Fahrzeug abgeschleppt wurde und später von einem zweiten Techniker des ADAC untersucht wurde. Dieser stellte fest, dass der erste Techniker Fehler übersehen habe und die Weiterfahrt nicht hätte empfehlen dürfen. Dieser Sachverhalt wurde der ADAC Versicherung AG mit Schreiben vom 30.6.2021 mitgeteilt.
Daraufhin kontaktierte die Bekl. zu 1) den Kl. mit Schreiben vom 5.7.2021 und wies hierbei ausdrücklich darauf hin, dass sie Haftpflichtversicherer der ADAC SE sei und einen Sachverständigen beauftragt habe. Das von der Bekl. zu 1) vorgerichtlich eingeholte Privatgutachten des TÜV Rheinland kam zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 23.500,00 EUR aufweise, während das seitens des Kl. später eingeholte Gutachten des Sachverständigenbüros E. diesen mit 30.000,00 EUR bewertete.
Die Bekl. zu 1) nahm unter dem 6.8.2021 eine Abrechnung vor und zahlte vorgerichtlich an den Kl. einen Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 9.550,00 EUR, ausgehend von einem Wiederbeschaffungswert in Höhe von 23.500,00 EUR abzüglich eines Restwertangebots in Höhe von 13.950,00 EUR. Da der Kl. das Fahrzeug nachweislich für 13.000 EUR veräußert hatte, leistete die Bekl. zu 1) in der Folge noch eine Nachzahlung in Höhe von 950,00 EUR. Auch weitere Positionen wie Abschleppkosten, Ersatzfahrzeug, Taxikosten und Benzinkosten sowie die Unkostenpauschale wurden von der Bekl. zu 1) bezahlt und stehen nicht in Streit.
Mit Schreiben vom 25.2.2022 wurde die Bekl. zu 1) unter Vorlage des Gutachtens des Sachverständigenbüros E. aufgefordert, den Differenzbetrag in Höhe von 6.500,00 EUR an den Kl. zu zahlen, was die Bekl. zu 1) mit Schreiben vom 24.3.2022 ablehnte.
Der Kl. hat die Ansicht vertreten, ihm stehe gegen die Bekl. zu 1) als Haftpflichtversicherer ein Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG zu. Der vorliegende Schaden sei infolge einer Explosion des Turboladers beim Betrieb des Fahrzeuges entstanden. Zudem habe die Bekl. zu 1) vorgerichtlich reguliert und den Anspruch dem Grunde nach nicht bestritten. Hieran müsse sie sich festhalten lassen und könne sich nicht auf die fehlende Passivlegitimation berufen. Die Bekl. zu 1) habe die Eigenschaft als Haftpflichtversicherer anerkannt, was aus dem Schreiben vom 5.7.2021 hervorgehe. Es liege darin ein Anerkenntnis im Namen des VN und daher zumindest ein deklaratorisches Anerkenntnis gegenüber dem Kl. als Geschädigten vor. Da das seitens des Kl. eingeholte Gutachten erst nach Regulierungszusage der Bekl. zu 1) vorgelegen habe, sei auch von einem vollständigen (konstitutiven) Anerkenntnis auszugehen.
Der Bekl. zu 2) sei Schädiger gewesen. Der Kl. sei Mitglied des ADAC e.V., der als ADAC S. e.V. in S. eine Niederlassung unterhalte.
2 Aus den Gründen:
Die Kl. hat gegen die Bekl. zu 1) keinen Anspruch aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 7 StVG, § 1 PflVG.
a) Das LG hat mit zutreffender und vom Senat geteilter Begründung festgestellt, dass es dem Kl. schon nicht gelungen sei, schlüssig einen Direktanspruch gegen die Bekl. zu 1) als Haftpflichtversicherer des ADAC SE vorzutragen. Mit Recht hat es demgemäß darauf abgestellt, dass die Bekl. zu 1) als Haftpflichtversicherer der ADAC SE nicht der richtige Anspruchsgegner sei. Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG kann der Dritte seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den VR geltend machen, wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt.
Die Zulässigkeit einer Direktklage des Kl. gegen die Be...