AKB 2015 A2..2.1.3
Leitsatz
Beim Nachweis einer Beschädigung des Fahrzeugs durch die unmittelbare Einwirkung von Sturm (Ziffer A.2.2.1.3 AKB 2015) kommen dem auf Leistung klagenden VN keine Beweiserleichterungen zugute.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.6.2024 – 8 U 775/24
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Fahrzeugversicherung, die der Kl. für den in seinem Eigentum stehenden Kleintransporter M. B. S. bei der Bekl. unterhält. Es besteht Teilkaskoschutz.
Hintergrund des Rechtsstreits ist eine Beschädigung an dem versicherten Fahrzeug, die nach dem Vorbringen des Kl. zwischen dem 17. und 21.2.2022 infolge eines Sturms/Orkans und dadurch umherfliegender Gegenstände entstanden sei. Das Fahrzeug sei während dieses Zeitraums in der O.-Straße in N. abgestellt gewesen.
Der Kl. fordert die Erstattung der Reparaturkosten.
Das LG hat diese Klage nach Beweisaufnahme vollständig abgewiesen.
2 Aus den Gründen:
Zu Recht … hat das LG einen Anspruch des Kl. aus Ziffer A.2.5.2.1 AKB, § 1 Satz 1 VVG verneint und die gesamte Klage abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
1. Nach allgemeinen Grundsätzen oblag dem Kl. als VN der Nachweis des Eintritts eines Versicherungsfalls.
a) Dieser ist gekennzeichnet durch die Beschädigung des Fahrzeugs durch ein versichertes Ereignis (Ziffer A.2.1.1 AKB). Versichert ist u.a. die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug. Als Sturm gilt eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind (Ziffer A.2.2.1.3 AKB).
Daraus ergibt sich, dass der VN sowohl für das Vorliegen einer versicherten Naturgewalt als auch für deren unmittelbare Einwirkung auf das Fahrzeug beweispflichtig ist, da es sich um anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmale handelt (vgl. Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., AKB 2015 Rn 245)
Beruft sich der VN auf Schäden durch einen Sturm, muss er darlegen und beweisen, dass zum Zeitpunkt der Beschädigung tatsächlich ein Sturm mit der entsprechenden Windstärke geherrscht hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die geltend gemachten Schäden grundsätzlich durch eine bestimmte Naturgewalt verursacht worden sein können, sondern ob dies im konkreten Fall so war. Ist dies zweifelhaft und kommen andere Ursachen in Betracht, muss der VN den vollen Beweis führen.
Demnach muss er einen Lebenssachverhalt darlegen, aus dem sich ergibt, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache für den eingetretenen Schaden gewesen ist, also eine andere Unfallursache ausscheidet (vgl. OLG Köln, r+s 1999, 451). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Möglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens oder aus sonstigen Gründen eine größere Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 6.7.2000 – 12 U 311/99).
Beweiserleichterungen stehen dem VN nicht zur Verfügung; er muss den Versicherungsfall im Strengbeweisverfahren nachweisen (vgl. MüKo-VVG/Krischer, 2. Aufl., Kaskoversicherung, Rn 67). Entgegen der von der Vorinstanz unter Bezugnahme auf eine untergerichtliche Entscheidung befürworteten und auch von der Berufung übernommenen Ansicht kommt dem VN eine dem Nachweis des Diebstahls entsprechende Beweiserleichterung nicht zugute, da er sich bei Eintritt einer Naturgewalt gerade nicht in einer vergleichbaren Beweisnot befindet (vgl. OLG Hamm, r+s 2014, 224, 225; Prölss/Martin/Klimke, VVG, 31. Aufl., AKB 2015, A.2.2.1 Rn 64). Anders als ein Diebstahl, der im Normalfall von niemanden beobachtet wird, stehen bei der Einwirkung von Naturgewalten grundsätzlich sowohl Zeugen als auch die festgestellten Beschädigungen zur Verfügung, anhand derer der Vollbeweis des Versicherungsfalles erbracht werden kann (vgl. Stiefel/Maier/Stadler, a.a.O., Rn 246). Im Einzelfall bestehende tatsächliche Abgrenzungsschwierigkeiten bei den Schadensursachen rechtfertigen nicht die Annahme einer allgemeinen "Beweisnot" mit daraus resultierenden Beweiserleichterungen (vgl. MüKo-VVG/Krischer, a.a.O.).
b) Den somit erforderlichen Beweis hat das LG fehlerfrei als nicht geführt angesehen.
aa) Die Berufungsinstanz stellt einerseits keine vollständige zweite Tatsacheninstanz dar. Daher ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts im Rahmen der §§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Wesentlichen darauf zu untersuchen, ob erhebliches Parteivorbringen übergangen worden ist, notwendige Beweise nicht erhoben worden sind, die Beweislast oder das Beweismaß verkannt worden sind oder im Rahmen der Würdigung gegen Denk- oder Naturgesetze verstoßen worden ist (…).
bb) Das LG hat den Kl. in der gebotenen Weise gemäß § 141 Abs. 1 ZPO informatorisch befragt. Dieser hat erklärt, dass er das Fahrzeug für mehrere Tage "irgendwo in der Straße" abgestellt habe. Wo...