StVZO § 31a
Leitsatz
1. Die Fahrtenbuchanordnung soll als Maßnahme zur vorbeugenden Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs gewährleisten, dass zumindest für die Dauer der Verpflichtung mit dem Fahrzeug bzw. einem der Fahrzeuge begangene Verstöße geahndet und der Fahrer bzw. die Fahrerin ohne Schwierigkeiten festgestellt werden können. Außerdem soll Fahrern des Fahrzeugs, das einer Fahrtenbuchauflage unterliegt, vor Augen geführt werden, dass sie im Falle der Begehung eines Verkehrsverstoßes damit rechnen müssen, aufgrund ihrer Eintragung im Fahrtenbuch als Täter ermittelt und mit Sanktionen belegt zu werden (BVerwG, Urt. v. 28.5.2015 – 3 C 13.14 – BVerwGE 152, 180 Rn 19; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 31a StVZO Rn 11; Knop in MüKo zum Straßenverkehrsrecht [Band 1], 1. Aufl. 2016, § 31a StVZO Rn 1).
2. Die der Fahrtenbuchanordnung zugrundeliegende Zuwiderhandlung muss in tatsächlicher Hinsicht feststehen. Die Prüfung obliegt der Behörde, die die Fahrtenbuchanordnung erlässt, und den Gerichten in eigener Zuständigkeit, sofern es zu einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren kommt. Erforderlich und ausreichend ist die Verwirklichung des objektiven Tatbestands einer Verkehrsstraftat oder -ordnungswidrigkeit (Dauer, a.a.O. Rn 16; Haus in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2022, § 31a StVZO Rn 29a).
3. Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist im Sinne von § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde alle nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Die Feststellung des Kfz-Führers ist u.a. unmöglich, wenn der Betroffene seinen Obliegenheiten zur Dokumentation der Fahrzeugnutzung nicht nachgekommen ist, die ansonsten unschwer zu einem Ermittlungserfolg geführt hätten. Nach ständiger Rechtsprechung obliegt es dem kaufmännischen Halter eines Firmenfahrzeugs, Geschäftsfahrten insoweit längerfristig zu dokumentieren, dass solche Fahrten grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen rekonstruierbar sind und der jeweilige Fahrzeugführer im Einzelfall festgestellt werden kann. Unterbleiben dahingehende Angaben, trägt der betroffene Betrieb das Risiko, dass die fehlende Feststellbarkeit des Fahrers zu seinen Lasten geht und eine Fahrtenbuchauflage erlassen wird (BayVGH, Beschl. v. 25.4.2022 – 11 CS 22.549 – juris Rn 16; Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 31a StVZO Rn 32; Haus in Haus/Krumm/Quarch, § 31a StVZO Rn 54, 74a, 76).
4. Nach der Rechtsprechung ist für die Rechtmäßigkeit einer Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf mehrere oder sämtliche auf den Fahrzeughalter zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge maßgeblich, ob nicht aufklärbare Verkehrsverstöße nicht nur mit dem Tatfahrzeug, sondern auch mit anderen Fahrzeugen des Halters zu erwarten sind (vgl. BayVGH, Beschl. v. 23.2.2021 – 11 CS 20.3145 – juris Rn 20; Knop in MüKo zum Straßenverkehrsrecht, § 31a StVZO Rn 29). Dies kommt nicht nur dann in Betracht, wenn mit verschiedenen Fahrzeugen des Halters in der Vergangenheit bereits wiederholt nicht aufklärbare Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen und ggf. weitere Fahrtenbuchauflagen angeordnet worden sind, sondern auch im Falle einer erheblichen Verkehrszuwiderhandlung mit nur einem Fahrzeug, wenn – wie hier – sonst aufgrund des Verhaltens des Halters und seiner Nutzungsgepflogenheiten einschlägige nicht aufklärbare Zuwiderhandlungen auch mit anderen Fahrzeugen zu erwarten sind (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 31a StVZO Rn 60 m.w.N.).
5. Maßgeblich für die Dauer der Anordnung ist vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung. Je schwerer das mit dem Kfz des Halters begangene Verkehrsdelikt wiegt, desto eher ist es gerechtfertigt, dem Fahrzeughalter eine nachhaltige Überwachung der Nutzung seines Fahrzeuges für einen längeren Zeitraum zuzumuten. Denn mit zunehmender Schwere des ungeahndet gebliebenen Delikts wächst das Interesse der Allgemeinheit, der Begehung weiterer Verkehrsverstöße vergleichbarer Schwere entgegenzuwirken. Das BVerwG sieht es als naheliegend an, wenn sich die zuständige Behörde für die konkrete Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage am Punktesystem der Anlage 13 zu § 40 der FeV ausrichtet (BVerwG, Urt. v. 28.5.2015 – BVerwGE 152, 180 Rn 20 ff., ebenso BayVGH, Beschl. v. 13.10.2022 – 11 CS 22.1897 – juris Rn 17; Beschl. v. 31.1.2022 – 11 CS 21.3019 – juris Rn 11; Haus in Haus/Krumm/Quarch, § 31a StVZO Rn 18, 28 ff.). Die Straftat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort ist nach Anlage 13 Nr. 1.7 zu § 40 FeV mit drei Punkten im Fahreignungs-Bewertungssystem eingestuft und fällt damit in die höchste Bewertungskategorie. Auch bei erstmaligem Verstoß rechtfertigt dies eine Verpflichtung für einen Zeitraum von drei Jahren (vgl. auch Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 31a StVZO Rn 55; Haus in Haus/Krumm/Quarch, § 31a StVZO Rn 84 m.w.N.).
6. Zum Streitwert: Nach den Empfehlungen in Nr. 46.11 des...