AUB 2000 Ziff. 5.1.2
Leitsatz
1. Der Ausschluss nach Ziff. 5.1.2 AUB 2000 (Unfälle bei Ausführung einer vorsätzlichen Straftat) greift nur ein, wenn sich mit dem Unfall der für die Straftat eigentümliche Gefahrenbereich verwirklicht.
2. An einem solchen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn der Versicherungsnehmer als Fahrzeugführer sein Fahrzeug wegen eines vermeintlichen verkehrswidrigen Verhaltens seines Hintermannes anhält, diesen mit möglicherweise beleidigenden Worten zur Rede stellt und bei der Rückkehr zu seinem Fahrzeug von einem im Gegenverkehr fahrenden Verkehrsteilnehmer erfasst und schwer verletzt wird.
LG Dortmund, Urt. v. 30.8.2007 – 2 O 178/07
Aus den Gründen
“ … Dem Kläger steht gem. Ziffer 1.2 AUB 2000 der Beklagten i.V.m. den zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag dem Grunde nach ein Anspruch gegenüber der Beklagten zu, aus dem streitgegenständlichen Schadensereignis vom 29.12.2004 vertragsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren. Die Voraussetzungen der Ziffern 1.1, 1.3, 2.1.1.1 AUB 2000 der Beklagten sind erfüllt.
Unstreitig hat der mitversicherte Sohn des Klägers am 29.12.2004 einen Unfall i.S.d. Ziffer 1.3 AUB 2000 der Beklagten erlitten, als er auf der Fahrbahn der Staatsstraße stand und dort von einem Fahrzeug erfasst wurde. Durch den Unfall ist der Sohn des Klägers auf Dauer in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Seit dem Unfallereignis leidet der Sohn des Klägers an dauernden motorischen Störungen (rechte Hand, Gehen), Kommunikationsstörungen sowie neuropsychologischen Störungen. Die Invalidität des Sohnes des Klägers ist auch innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und ist innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Seiten des Klägers gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden, sodass auch die Voraussetzungen der Ziffer 2.1.1.1 AUB 2000 der Beklagten erfüllt sind.
Der Anspruch des Klägers ist auch nicht gem. Ziffer 5.1.2 AUB 2000 der Beklagten ausgeschlossen. Nach dieser Ziffer besteht kein Versicherungsschutz für Unfälle, die der versicherten Person dadurch zustoßen, dass sie vorsätzlich eine Straftat ausführt oder auszuführen versucht. Zwischen Ausführung der vermeintlichen Straftat und dem Unfall muss dabei ein adäquat ursächlicher Zusammenhang bestehen. Dieses ist zwingende Voraussetzung für die Verwirklichung des Ausschlusstatbestandes (OLG Hamm zfs 2007, 401). Die Beklagte ist für diesen Umstand darlegungs- und beweispflichtig.
Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, sein Sohn habe vorliegend den Straftatbestand der Beleidigung erfüllt, kann es dahinstehen, ob dieses tatsächlich der Fall war oder nicht. Denn in jedem Fall stünde eine solche Straftat in keinem adäquat ursächlichen Zusammenhang zu dem Unfallereignis vom 29.12.2004. Dieses steht zur Überzeugung der Kammer fest. Zwar umfasst Ziffer 5.1.2 AUB 2000 der Beklagten auch ein Unfallereignis, dass sich nach Vollendung und Beendigung einer Straftat ereignet hat. Das heißt, die “Ausführung’ einer Straftat beschränkt sich nicht auf den Zeitraum, in dem der Straftatbestand verwirklicht wird, sondern sie wirkt darüber hinaus, sodass auch Unfälle beim Rückzug vom Tatort, auf der Flucht usw. vom Ausschluss erfasst werden (vgl. OLG Hamm zfs 2007, 401).
An einer zurechenbaren Kausalität fehlt es jedoch, wenn der Unfall lediglich zufällig zeitgleich parallel zu einer Straftat geschieht. Entscheidend für die Beurteilung ist das Vorliegen einer typischen, vom Zweck des Risikoausschlusses mitumfassten Gefahrerhöhung durch die Straftat. Verwirklicht sich im Unfallereignis der für die Straftat eigentümliche Gefahrenbereich, greift der Ausschluss, der darauf abzielt, die Gemeinschaft der Versicherten nicht mit den selbstverschuldeten besonderen Unfallrisiken zu belasten, die Folge von Straftaten sind (BGHZ 23, 76; OLG Hamm zfs 2007, 401).
Vorliegend hat sich die typische, vom Sinn und Zweck des Risikoausschluss erfasste Gefahrerhöhung durch die behauptete Beleidigung gerade nicht verwirklicht. In dem Unfall hat sich nicht der für die Beleidigung typische Gefahrenbereich verwirklicht. Eine typische Verwirklichung des Gefahrenbereiches wäre es bspw. gewesen, wenn der dem Beleidigungsangriff Ausgesetzte, hier Herr M, dahingehend reagiert hätte, dass er den Sohn des Klägers tätlich angegriffen hätte. Es gehört dagegen zur Überzeugung der Kammer nicht zum Gefahrenbereich einer Beleidigung, wenn nach Beendigung der behaupteten Beleidigung der Sohn des Klägers sich auf dem Rückweg zu seinem Fahrzeug befand und dabei von einem Fahrzeug einer dritten Person erfasst wird. Ein solcher Geschehensablauf liegt jedenfalls außerhalb der durch eine Beleidigung geschaffenen Gefahrenlage, zumal der Schädiger von der Beleidigung weder tangiert wurde noch davon wusste.
Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, sein Sohn habe den Tatbestand der Nötigung erfüllt, gilt Entsprechendes. Auch hier fehlt es nach Überzeugung der Kammer an dem für die Bejahung des Ausschlusstatbestandes der ...