AKB § 2b Abs. 1e; VVG a.F. § 6 Abs. 1, 61
Leitsatz
1. Die Klage auf Feststellung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes wegen eines Verkehrsunfalls ist unzulässig, wenn der Versicherer Klage auf Leistung des Regresshöchstbetrages erhoben hat und außer Streit steht, dass er im Übrigen Deckung gewähren wird.
2. Fährt ein Versicherungsnehmer mit einem Blutalkoholgehalt von 0,7 ‰ in eine wenig übersichtliche bevorrechtigte Straße ein und kollidiert dort mit einem die zulässige Höchstgeschwindigkeit beachtenden anderen Kraftfahrzeug, so ist der Unfall grob fahrlässig herbeigeführt.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.1.2009 – 5 U 698/05
Sachverhalt
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten für sein Kraftfahrzeug O eine Kfz-Haftpflicht- und eine Vollkaskoversicherung, der die AKB der Beklagten zu Grunde lagen. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aus Anlass eines Verkehrsunfalls vom 14.6.2003 Versicherungsschutz gewähren muss.
Am 14.6.2003 befuhr der Kläger mit dem versicherten Fahrzeug gegen 20.30 Uhr die Verbindungsstraße von G nach P. Diese Straße kreuzt die Verbindungsstraße von F nach M, welche von dem Zeugen U mit seinem Pkw befahren wurde. Die Vorfahrt ist an der Kreuzung durch Verkehrszeichen geregelt. Für die Fahrtrichtung des Klägers gilt Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren). Nachdem der Kläger einen Radfahrer, den Zeugen Sch, überholt hatte, fuhr er in den Kreuzungsbereich ein. Dort kollidierte er mit dem von dem Zeugen U geführten Pkw. Beide Fahrzeuge erlitten wirtschaftlichen Totalschaden. Der Kläger war alkoholisiert.
Nach Anzeige des Unfallereignisses übersandte die Beklagte dem Kläger ihr Formular "Schadenmeldung". Die Frage, ob und weswegen dem Fahrer nach dem Schaden der Führerschein entzogen wurde, beantwortete der Kläger mit "ja, wegen § 315c StGB". Die Frage nach dem Genuss alkoholischer Getränke innerhalb der letzten 12 Stunden vor dem Unfall beantwortete der Kläger ebenfalls mit "ja". Zur Erläuterung gab er "2 Glas Wein" an.
Mit Wirkung zum 5.7.2003 meldete der Kläger sein alsbald nach dem Verkehrsunfall versteigertes Kraftfahrzeug bei der Zulassungsstelle ab. Die Beklagte fertigte unter dem 31.7.2003 einen "Nachtrag" zum Versicherungsschein mit Wirkung zum 5.7.2003 wegen Wagniswegfalls aus und erstattete zu viel gezahlte Prämien.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… A. 1. Die Klage auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen des Verkehrsunfalls vom 14.6.2003 bedingungsgemäßen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsschutz zu gewähren, ist unzulässig, weil das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse entfallen ist.
Denn die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der sie den auf den bedingungsgemäßen Höchstbetrag beschränkten Ausgleich ihrer an den Geschädigten U erbrachten Leistung als Kraftfahrzeugversicherer erhoben hat und diese nicht mehr ohne Einwilligung des Klägers zurücknehmen konnte (§ 269 Abs. 1 ZPO) …
Der Kläger weist allerdings zu Recht darauf hin, dass sein Feststellungsantrag zu 1.) über den Streitgegenstand der Widerklage hinausgeht, weil er auf die Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz über den Regresshöchstbetrag hinaus abzielt und auf die Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages trotz der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung. Damit vermag er ein Feststellungsinteresse, das von der Entscheidung über die Widerklage nicht erfasst wäre, jedoch aus anderen Gründen nicht darzulegen. Die Beklagte hat nämlich zu keinem Zeitpunkt bestritten, dem Geschädigten gegenüber leistungspflichtig zu sein und damit auch den Anspruch des Klägers aus dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsvertrag erfüllen zu wollen. Zugleich besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass dieser Vertrag mit Wirkung zum 5.7.2003 aufgehoben ist und keine weiteren gegenseitigen Ansprüche nach Ausgleich überzahlter Prämien mehr bestehen. Daher ist nicht erkennbar, welches Rechtsschutzbedürfnis den Feststellungsantrag über das von der Widerklage erfasste Interesse hinaus besteht, weil von ihm abgesehen keinerlei rechtliche Unsicherheiten in Bezug auf das Rechtsverhältnis der Parteien besteht.
2. Der Feststellungsantrag zu 2.) des Klägers ist zulässig, obwohl die mögliche Leistungsklage grundsätzlich Vorrang genießt. Von der Beklagten als einem großen Versicherungsunternehmen kann erwartet werden, dass sie auf ein entsprechendes rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihrer rechtlichen Verpflichtung zur Entschädigung nachkommt, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (BGH VersR 2006, 830). Streit herrscht zwischen den Parteien auch lediglich über den Grund der Entschädigungspflicht der Beklagten, nicht auch über ihren Umfang.
B. Der Feststellungsantrag zu 2.) ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger Leistungen aus der bestehenden Vollkaskoversicherung zu erbringen, weil sie nach § 61 VVG a.F. – die Vorschrift gilt nach Art. 1 Abs. 1, 2 EGVVG für den im Jahr 2003 eingetretenen Versicherungsfall fort – leistungsf...