Es ist bedauerlich, dass sich der BGH nicht der Auffassung des AG, dessen Entscheidung in zfs 2010, 288 m. Anm. Hansens veröffentlicht ist, angeschlossen hat. Die Begründung des BGH, es sei eine reine Spekulation, ob im Fall der zunächst erfolgten vorläufigen Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, überzeugt nicht. Denn ob nach endgültiger Einstellung des Verfahrens nach einer anderen Vorschrift eine Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre, steht ja auch nicht mit Sicherheit fest. Der Angeklagte könnte ja versterben oder ohne bekannten Aufenthalt sein.

Ohne dies ausdrücklich kenntlich zu machen, hat der BGH jedoch die Frage mitentschieden, ob die zusätzliche Gebühr nach Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 4141 RVG-VV auch dann noch entstehen kann, wenn schon eine Hauptverhandlung stattgefunden hat. Das AG München hatte dies in letzter Zeit in zwei Entscheidungen verneint, die von der Versicherungsseite begrüßt worden waren, s. AG München JurBüro 2011, 26 m. zust. Anm. Mack und m. abl. Anm. Burhoff, JurBüro 2011, 287 sowie AGS 2010, 599 m. abl. Anm. N. Schneider = VRR 2010, 80. Folgerichtig fällt die zusätzliche Gebühr auch dann an, wenn der Verteidiger nach einer durchgeführten, aber ausgesetzten Hauptverhandlung an einer nicht nur vorläufigen Einstellung mitwirkt und hierdurch ein weiterer Hauptverhandlungstermin entbehrlich wird. Dies betrifft beispielsweise die Fälle der nachträglichen Einstellung bzw. der Rücknahme von Rechtsmitteln, aber auch den Fall, dass das Gericht im Bußgeldverfahren nachträglich in das sog. Beschlussverfahren nach § 72 OWiG übergeht (s. LG Cottbus zfs 2007, 529 m. Anm. Hansens; AG Dessau AGS 2006, 240; AG Köln AGS 2007, 621 = NZV 2007, 637; AG Saarbrücken AGS 2010, 20).

Die Entscheidung des BGH hat Geltung auch für die zusätzliche Gebühr nach Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 5115 RVG-VV in Bußgeldsachen. An die Mitwirkung des Verteidigers i.S.v. Nr. 4141 und 5115 RVG-VV sind keine großen Anforderungen zu richten. Hierzu genügt jegliche zur Förderung der endgültigen Einstellung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit, s. BGH zfs 2008, 709 m. Anm. Hansens = RVGreport 2008, 431.

Heinz Hansens

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