StVZO § 31a
Leitsatz
1. Nach st. Rspr. ist Halter i.S.d. straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, wer ein Kfz für eigene Rechnung benutzt und die Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Bei der Nutzung von Dienstfahrzeugen durch einen Arbeitnehmer auch zu privaten Zwecken wird nach der Rspr. für das Merkmal des "Betriebs auf eigene Rechnung" danach differenziert, ob der Arbeitgeber, auf den das Fahrzeug zugelassen ist, oder aber der Mitarbeiter die Kosten für die private Nutzung zu tragen hat, wobei eine geringe Kostenbeteiligung des Mitarbeiters bei Privatfahrten der Haltereigenschaft des Arbeitgebers nicht entgegensteht. Im Bereich der privaten Nutzung, ggf. auch durch Angehörige, kann ein Besitzmittlungsverhältnis durch Dienstwagenvertrag bestehen, durch den eine Weisungsbefugnis ausgeübt wird und der die Beurteilung rechtfertigt, dass eine GmbH als Halterin, jedenfalls als Mithalterin anzusehen ist.
2. Nach der Reform des Punktesystems mit der Neuregelung zum 1.5.2015, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, sind mit Punkten bewertete Verkehrsverstöße erst recht als erheblich i.S.d § 31a StVZO anzusehen.
3. Die Ermittlung des Fahrzeugführers ist als i.S.d. § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO unmöglich anzusehen, wenn die zuständige Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. An einer hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters daran, den Fahrzeugführer zu ermitteln, fehlt es regelmäßig bereits dann, wenn der Halter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder keine weiteren Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer macht. Darin liegt die konkludente Erklärung, sich nicht zur Sache äußern zu wollen.
4. Zwar geht die Rspr. überwiegend davon aus, dass ein angemessener Ermittlungsaufwand i.S.d. § 31a StVZO vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls regelmäßig eine Inkenntnissetzung des Fahrzeughalters vom Verkehrsverstoß innerhalb von zwei Wochen voraussetzt (vgl. hierzu nur: BVerwG, Urt. v. 13.10.1978 – VII C 77.74 – juris Rn 18). Jedoch ist die Nichteinhaltung dieser Frist unschädlich, wenn dies für die unterbliebene Feststellung des verantwortlichen Fahrers nicht ursächlich war.
5. Bei der Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf alle auf den Halter zugelassenen Fahrzeuge ist es ermessensfehlerfrei, wenn die anzustellende Prognose darauf gestützt wird, dass Verkehrsverstöße mit anderen Fahrzeugen des Halters ebenfalls nicht aufgeklärt werden können.
6. Der Streitwert orientiert sich an der Empfehlung 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach sind pro Fahrzeug und Monat der Dauer der Fahrtenbuchauflage 400 EUR anzusetzen (im Fall: 400 EUR x 48 Monate x 17 Fahrzeuge = 326.400 EUR).
(Leitsätze der Schriftleitung)
VG Stuttgart, Urt. v. 12.7.2019 – 17 K 3012/18
1 Aus den Gründen:
"Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffene Verfügung des Landratsamts E. vom 25.1.2018 ist nicht zu beanstanden, erweist sich damit als rechtmäßig und verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich der unter Ziffer 1 verfügten Fahrtenbuchauflage (hierzu unter 1.) als auch hinsichtlich der Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht in Ziffer 3 der Verfügung (hierzu unter 2.) sowie hinsichtlich der Androhung der Zwangsgeldfestsetzung in Ziffer 4 der Verfügung (hierzu unter 3.). Auch die festgesetzte Verwaltungsgebühr in Ziffer 5 der Verfügung ist rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu unter 4.)."
1. Die verfügte Fahrtenbuchauflage ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 31a Abs. 1 StVZO. Danach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Mit einem der Geschäftsfahrzeuge der Kl., deren Halter sie ist (hierzu unter a.), wurde ein nicht unerheblicher Verkehrsverstoß begangen (hierzu unter b.), wobei der Fahrzeugführer nicht ermittelbar war (hierzu unter c.). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (unter d.).
a. Die Kl. ist als Halterin, jedenfalls als Mithalterin der von der Fahrtenbuchauflage betroffenen Fahrzeuge anzusehen.
Nach st. Rspr. ist Halter i.S.d. straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, wer ein Kfz für eigene Rechnung benutzt und die Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.1983 – VI ZR 108/81 – BGHZ 87, 133; BVerwG, Urt. v. 16.2.1968 – VII C 155.66 – BVerwGE 29, 136 und vom 20.2.1987 – 7 C 14/84 – Buchholz 442.16 § 23 StVZO Nr. 3). Ein Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat derjenige, der die Nutzungen aus der Verwendung zieht und die Kosten dafür bestreitet. Die rechtlich vorausge...