Vertragswidriges Verhalten Motiv für (erste) Kündigung
Burhoff hatte bereits in der Bearbeitung der Entscheidung des Berufungsgerichts (KG RVGreport 2019, 158) darauf hingewiesen, dass das vertragswidrige Verhalten des Rechtsanwalts Motiv für die Kündigung gewesen sein muss und ein Nachschieben des Kündigungsgrundes nicht möglich ist. Der BGH hat hier dieselbe Auffassung vertreten.
Der Anwalt, der mit der Kündigung eines mit einem anderen Rechtsanwalt geschlossenen Anwaltsvertrages befasst ist, sollte deshalb sorgfältig prüfen, ob ein vertragswidriges Verhalten dieses anderen Rechtsanwalts vorliegt oder zumindest vorliegen könnte. In diesem Fall sollte die Kündigung ausdrücklich auf dieses vertragswidrige Verhalten gestützt werden. Die vorschnelle Kündigung, wie sie im Fall des BGH wohl erfolgt ist, führt dazu, dass der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nicht gem. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB (teilweise) entfällt, wenn das vertragswidrige Verhalten erst nach erfolgter Kündigung geltend gemacht wird. Aber vielleicht war hier die Bekl. bei Abfassung ihres Kündigungsschreibens vom 10.10.2014 einfach nur ehrlich und hat ihre wahren Motive für die Kündigung vorgebracht. Erst später hat sie – möglicherweise anwaltlich beraten – ihre Kündigung auf ein vertragswidriges Verhalten des Rechtsanwalts gestützt in der Hoffnung, dass dann dessen Vergütungsanspruch zumindest teilweise entfällt.
Kein vertragswidriges Verhalten
Der BGH hat ein vertragswidriges Verhalten des Rechtsanwalts verneint, obwohl seine Entwürfe entgegen dem Willen der Bekl. und dem ihm erteilten Auftrag steuerschädlich waren. Auch wenn der Anwalt – wie der BGH formuliert hat – seine Vertragsentwürfe nur deshalb an die Bekl. herausgegeben hat, um seinen Honoraranspruch nachweisen zu können, muss es sich um einen Entwurf handeln, mit dem der Mandant etwas anfangen kann. Immerhin hat der Kl. für seine Tätigkeit ja auch ein nicht unerhebliches Honorar verlangt, wobei nicht ersichtlich ist, ob er seine Vergütung auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr berechnet hat oder nur zu einem geringeren Gebührensatz. Wenn er jedoch Honoraransprüche generieren will, muss er auch eine jedenfalls weitgehend fehlerfreie Arbeit abliefern. Das war hier schon im Ansatz nicht der Fall, weil er nicht einen Vorbehaltsnießbrauch, sondern einen steuerschädlichen Zuwendungsnießbrauch in seine Entwürfe aufgenommen hat. Vielleicht wäre es hier ehrlicher gewesen, wenn der Rechtsanwalt seine Vergütungsansprüche darauf gestützt hätte, dass er lediglich mit Vorarbeiten für die beauftragten Vertragsentwürfe begonnen hat, was ja ebenfalls nach Vorbem. 2 Abs. 2 VV RVG die Geschäftsgebühr auslöst, dann aber wohl zu einem geringeren Gebührensatz.
Dokumentation der Hinweise und Belehrungen
Was die Dokumentation der Hinweise und Belehrungen anlangt, war die Verfahrensweise des Anwalts hier vorbildlich. Der Hinweis auf die Abrechnung nach dem Gegenstandswert war in dem Auftrags- und Vollmachtsformular enthalten. Weitere Hinweise und Belehrungen hatte der Anwalt in einem Aktenvermerk niedergelegt. Wenn auch ein solcher Aktenvermerk lediglich belegt, dass der Rechtsanwalt ihn mit dem niedergelegten Inhalt aufgeschrieben hat und nicht auch, dass er das Vermerkte richtig wiedergibt, ist er doch dazu geeignet, dem Anwalt eine Unterstützung dafür zu geben, im Rechtsstreit zu den erteilten Hinweisen und Belehrungen vorzutragen. Gelingt dem Anwalt dies, hat der Mandant die Beweislast dafür, dass der Rechtsanwalt die gebotene Belehrung bzw. den vorgeschriebenen Hinweis nicht erteilt hat. Angesichts dieser Ausgangslage gelingt es im Rechtsstreit dem Mandanten nur recht selten, den entsprechenden Beweis zu führen.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens
zfs 9/2019, S. 520 - 524