"… II. Der Verfassungsgerichtshof hat zunächst Auskünfte des Landesverwaltungsamtes und des Landesamtes für Umwelt und Arbeitsschutz zur Verwendung des Messgerätes Traffistar S 350, zu seiner Funktionsweise und zu etwaigen bisherigen Auffälligkeiten eingeholt. Während das Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz keine weiterführenden Hinweise erteilen konnte, hat das Landesverwaltungsamt im Wesentlichen mitgeteilt, es bestehe die Möglichkeit einer nachträglichen Plausibilitätskontrolle durch die messrechtlich vorgesehene Befundprüfung. Messdaten würden nach dem konkreten Messvorgang nicht vorgehalten. Auffälligkeiten seien nicht bekannt."
Der Verfassungsgerichtshof hat sodann eine Auskunft der Präsidentin des Saarländischen OLG sowie Auskünfte der PTB und der Fa. J. eingeholt. Die Präsidentin des Saarländischen OLG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die obergerichtliche Rechtsprechung gehe bislang davon aus, dass es sich bei der Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät Traffistar S 350 um ein standardisiertes Messverfahren handele. Es sei im Rahmen der Einlassung dem Betr. unbenommen, auf konkrete Anhaltspunkte für Messfehler aufmerksam zu machen und ggf. einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Damit stünden diese Entscheidungen im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH.
Diese Anhaltspunkte könnten sich im Einzelfall aus der fehlenden Plausibilität des gemessenen Geschwindigkeitswertes oder anhand des Beweisfotos ergeben, durch gleichzeitige Messung mehrerer Fahrzeuge, durch fehlerhafte Zuordnung des Messergebnisses zu dem Betr. als Fahrzeugführer und durch Verstöße gegen die Bedienungsanleitung des Gerätes.
Zudem könnten Fehler bei der Messung durch bestimmte Bedingungen, wie zum Beispiel schlechte Sichtverhältnisse, hohe Verkehrsdichte, eine besondere Form des betroffenen Fahrzeuges oder durch die Medien bekannt geworden sein. Auch könne sich ein Betr. selbst dahin einlassen, dass die von ihm gefahrene Geschwindigkeit sofort nach Auslösung des Lichtblitzes des Messgerätes anhand des Tachometers überprüft worden sei. Dies könne ggf. durch Zeugenbeweis aufgeklärt werden.
Solche konkreten Anhaltspunkte seien im streitigen Verfahren nicht vorgetragen worden, sondern es sei lediglich die Verwertung eines im standardisierten Verfahren gewonnenen Messergebnisses gerügt worden. In Fällen, in denen der Betr. tatsächliche, aus der konkreten Messsituation herrührende Behauptungen aufstelle, die geeignet seien, das Messergebnis in Zweifel zu ziehen, seien diese zugunsten des Betr. sehr wohl berücksichtigt worden.
Die PTB hat geantwortet:
In früheren Versionen der Messgerätesoftware seien nicht alle Daten nach Ausgabe des geeichten Messwertes verworfen, sondern die Einzelpositions- und Zeitwerte des ersten und des letzten Messpunktes als Teil der Falldatei ausgegeben worden. Diese seien gelegentlich von Gutachtern genutzt worden, um einen nachträglichen Schätzwert der Geschwindigkeit auszurechnen und diesen Schätzwert zu plausibilisieren. Man könne jedoch wissenschaftlich zeigen, dass dieser Schätzwert messtechnisch nutzlos sei und damit entgegen landläufiger Meinung keine belastbare Plausibilisierung ermögliche.
In der neuesten Softwareversion würden daher nur noch die Positionswerte, aber nicht mehr die Zeitwerte dieser beiden Punkte abgespeichert, sodass die Bildung des nachträglichen, messtechnisch nutzlosen Schätzwertes nicht mehr möglich sei.
Eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle sei jedoch weiterhin möglich. Dafür sehe das Eichrecht die Befundprüfung nach § 39 MessEG vor.
Selbst wenn alle Messpunkte gespeichert würden, sei keine unabhängige Überprüfung des geeichten Messwertes möglich. Es könne lediglich überprüft werden, ob die Gerätesoftware eine einfache Rechnung richtig ausführe. Das sei aber schon durch die Bauartprüfung erfolgt.
Tatsächlich führe das Gerät umfangreiche interne Sicherungsmaßnahmen durch, die effektiv bis über 100 Einzelgeschwindigkeitsmessungen pro Fahrzeug beinhalteten. Nur wenn diese untereinander konsistent seien, werde überhaupt ein geeichter Messwert gebildet.
Die Plausibilitätsprüfung des geeichten Messwertes erfolge also schon im Gerät selbst anhand aller verfügbaren Daten. Eine nachträgliche Plausibilitätsprüfung anhand dieser gleichen Datenpunkte bringe keinen messtechnischen Erkenntnisgewinn.
Die Fa. J. hat im Wesentlichen ausgeführt:
Das von der PTB zugelassene Messgerät, für das eine Baumusterprüfbescheinigung vorliege, zeichne Rohmessdaten nicht auf. Das werde messrechtlich auch gar nicht verlangt. Insoweit genügten zum Ausschluss fehlerhafter Messungen die Eichung und Konformitätsprüfung sowie die Möglichkeit einer nachträglichen Befundprüfung.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat in der mündlichen Verhandlung vom 9.5.2019 Beweis erhoben durch mündliche Anhörung der Sachverständigen
Dr. A. R., PTB,
Dr. Ing. J. P., [aus] S.,
Prof. Dr. A. S., Lehrstuhl für Messtechnik der Universität S.,
zu folgenden Beweisfragen:
Welche Daten des Messvorgangs und welche weiteren Informationen sind erforderlich, ...