BGB § 280 § 281 § 634 Nr. 4 § 636
Leitsatz
1. Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten (Fortführung von BGH NJW 2018, 1463 = NZBau 2018, 201 = BauR 2018, 815 Rn 58 und NJW 2017, 1669 = NZBau 2017, 555 = BauR 2017, 1061).
2. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280; 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich nach der Reichweite der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gem. §§ 634 Nr. 1, 635 BGB auf Herstellung des geschuldeten Werks gerichtet ist, bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.
BGH, Urt. v. 7.2.2019 – VII ZR 63/18
Sachverhalt
Der Bekl. betreibt eine Kfz-Werkstatt. Die Kl. übertrug ihm Wartungsarbeiten an ihrem Kfz. Unter anderem tauschte der Bekl. im Zuge der Arbeiten den Keilrippenriemen, den Riemenspanner und den Zahnriemen für die Motorsteuerung aus.
Die Kl. behauptet, am 9.2.2016 seien erhebliche Probleme mit der Lenkung aufgetreten. Sie habe das Kfz in die Werkstatt L abschleppen lassen, weil der Bekl. – insoweit unstreitig – bis zum 10.2.2016 Betriebsferien gehabt habe. Dort habe sich herausgestellt, dass der Bekl. den Keilrippenriemen nicht richtig gespannt habe. Der aus diesem Grund gerissene Riemen habe sich um die Welle und das Gehäuse der Lichtmaschine gewickelt und diese beschädigt. Überreste des Riemens hätten sich um die Riemenscheibe der Servolenkungspumpe gewickelt mit der Folge, dass die Riemenscheibe gebrochen und die Dichtung der Servolenkungspumpe beschädigt worden sei. Zudem seien Teile des Riemens in den Riementrieb des Zahnriemens gelangt. Die Kl. ließ Keilrippenriemen, Riemenspanner, Zahnriemen, Servolenkungspumpe und Lichtmaschine ersetzen. Mit der Klage hat die Kl. Schadensersatz in Höhe der von der Werkstatt L unter dem 13.2.2016 hierfür in Rechnung gestellten Reparaturkosten von 1.715,57 EUR nebst Zinsen geltend gemacht.
AG und LG haben den Klageanspruch abgewiesen. Das BG hat die Revision zugelassen. Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das BG.
2 Aus den Gründen:
"… [6] I. Das BG ist der Auffassung, der Kl. stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu."
[7] 1. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB oder auf Erstattung der Kosten der Selbstvornahme gem. §§ 634 Nr. 2, 637 BGB komme nicht in Betracht, weil es an der erforderlichen Fristsetzung zur Nacherfüllung gefehlt habe. Die Fristsetzung sei nicht entbehrlich gewesen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bekl. die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hätte. Auch ein besonderes Interesse der Kl. an der sofortigen Geltendmachung der Rechte aus § 634 Nr. 2–4 BGB sei nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der Bekl. im Zeitpunkt des Auftretens der Probleme Betriebsferien gehabt habe, sei ohne Belang, weil die Kl. nicht dargelegt habe, warum ihr ein Zuwarten bis zum 11.2.2016 nicht zuzumuten gewesen sei.
[8] 2. Der Kl. stehe auch kein Schadensersatzanspruch neben der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB zu, weil die Beseitigung der in Rede stehenden Schäden am Kfz der Kl. von der Nacherfüllungspflicht des Bekl. umfasst sei.
[9] Der Schadensersatzanspruch neben der Leistung komme nur für Schäden in Betracht, die nicht unmittelbar den Mangel der Werkleistung selbst beträfen. Führe der Mangel der Werkleistung zu einem weiteren Schaden, sei vor der Schuldrechtsmodernisierung zwischen Mangelschäden und engen Mangelfolgeschäden einerseits und entfernten Mangelfolgeschäden andererseits unterschieden worden. Erstere seien nach § 635 BGB a.F., der eine Fristsetzung erfordert habe, zu ersetzen gewesen. Habe der Besteller allerdings gem. § 635 BGB a.F. Ersatz für Folgeschäden begehrt, die zu dem Zeitpunkt, zu dem Nacherfüllung hätte verlangt werden können, bereits definitiv entstanden und daher einer Nacherfüllung nicht zugänglich gewesen seien, sei eine Fristsetzung entbehrlich gewesen. Nach der Schuldrechtsmodernisierung finde eine Differenzierung zwischen Mangelschäden und engen Mangelfolgeschäden sowie entfernten Mangelfolgeschäden nicht mehr statt. Inhaltlich sei jedoch insoweit keine Änderung erfolgt, als ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung nur in Betracht komme, wenn die Beseitigung des aufgrund des Mangels entstandenen Schadens nicht Teil der Nacherfüllungspflicht sei.
[10] Entscheidend für die Einordnung eines Schadens neben oder statt der Leistung s...