Es ist immer wieder festzustellen, dass Versicherer auch bei konkreter Schadensabrechnung durch Vorlage einer Reparaturkostenrechnung gewisse Reparaturpositionen aus der Rechnung nicht erstatten. Oft wird hier von den Versicherern darauf verwiesen, dass die Arbeiten technisch nicht notwendig waren. Zuweilen ist es sogar so, dass Versicherer, nachdem ihnen das Gutachten des Geschädigten vorgelegt worden ist, dann die entsprechenden Positionen bereits begründet durch Vorlage eines Gegengutachtens bemängeln. Klassischerweise gilt dies für Beilackierungskosten, aber auch andere Reparaturkostenpositionen sind betroffen.
Auch in einem solchen Fall ist allerdings der Geschädigte nicht gehalten, sich auf den von der Versicherung vorgeschlagenen Reparaturweg einzulassen, sondern er darf nach Maßgabe des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens die Reparatur in Auftrag geben. Die dann angefallenen Reparaturkosten sind von der Versicherung vollständig zu ersetzen. Lässt nämlich der Geschädigte sein Fahrzeug nach Maßgabe des zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens reparieren, so sind die durch eine Reparaturrechnung der Werkstatt belegten Aufwendungen im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der entstandenen Reparaturkosten (vgl. BGH, Urt. v. 20.6.1989 – Az.: VII ZR 334/88). Insoweit gilt die subjektbezogene Schadensbetrachtung, d.h. bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, sind insb. die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten und die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2017, 2403 ff.).
Der Geschädigte darf sich insoweit regelmäßig auf ein zuvor eingeholtes Sachverständigengutachten verlassen und ist nicht gehalten, bei Vorliegen eines Gegengutachtens oder eines Prüfberichts dieses noch einmal überprüfen zu lassen (vgl. LG Saarbrücken, Urt. v. 23.1.2015 – Az.: 13 S 199/14, NJW-RR 2015, 478).
Der Geschädigte ist auch nicht verpflichtet, vor Beauftragung der Reparatur dem Schädiger durch Zuleitung des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme und zum Aufzeigen eines eventuell anderen Reparaturweges zu geben (vgl. LG Wuppertal, Urt. v. 5.10.2017 – Az.: 9 S 90/17). Selbst wenn die tatsächlichen Reparaturkosten ohne Verschulden des Geschädigten unangemessen hoch sind, sind diese von der Versicherung zu ersetzen (vgl. BGHZ 63, S. 182 ff. sowie OLG Köln, OLGR 1992, 126 f. sowie OLG Hamm, Urt. v. 31.1.1995, Beck RS 1995, 01930).
Insgesamt gilt der Grundsatz, dass sich insoweit der Geschädigte im Hinblick auf die Reparaturabrechnung auf die Einschätzung durch die von ihm konsultierten Fachleute, nämlich den Gutachter und darauf folgend die Fachwerkstatt, verlassen darf, weil ihm generell keine besseren Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. AG Kassel, Urt. v. 8.2.2018 – Az.: 435 C 4137/17; AG Überlingen, Urt. v. 12.7.2017 – Az.: 2 C 57/17 [u.a. zu Beilackierungskosten]; LG Köln, Urt. v. 29.3.2016 – Az.: 36 O 65/15 sowie LG Wuppertal a.a.O.).
Zusammenfassend ist also zu sagen, dass die Versicherung des Schädigers bei Vorliegen einer Reparaturkostenrechnung, die auf Basis eines zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens veranlasst worden ist, grds. verpflichtet ist, diese vollständig auszugleichen. Auch eine vor Reparatur eingegangene gegenteilige Stellungnahme der Versicherung des Schädigers ändert nichts an der Ersatzfähigkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten.