Wird von Seiten des Geschädigten behauptet, ein bestehender Vorschaden wäre entsprechend repariert worden, trifft ihn insoweit eine gesonderte Darlegungs- und Beweislast, wobei wiederum zwischen den Fallgruppen eines überlagernden Vorschadens und eines Vorschadens in einem nicht überlagerten Bereich zu unterscheiden ist.
1. Vorschaden in einem überlagernden Bereich
Von einem Vorschaden in einem überlagernden Bereich ist dann auszugehen, wenn der Geschädigte behauptet, dass durch den nunmehr erfolgten Verkehrsunfall Komponenten am Fahrzeug beschädigt worden sein sollen, bei denen bekannt ist, dass sie in der Vergangenheit auch schon bei einem früheren Schaden eine Beschädigung davongetragen haben. Um die Anforderungen dieser Fallgruppe auszulösen, genügt es auch, dass es sich um einen zumindest teilweise überlagernden Vorschaden handelt und es kommt auch nicht darauf an, ob es sich um einen Schaden aus einem Verkehrsunfall oder einem anderen Ereignis handelt.
a) Wird ein Kfz nun in einem bereits vorgeschädigten Bereich durch einen neuen Verkehrsunfall betroffen, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung einer genauen Darlegung des schon bestehenden Vorschadens und seiner Reparatur in allen Einzelheiten, da der Ersatzanspruch sich lediglich auf diejenigen Kosten erstrecken kann, die zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nach Beseitigung des Vorschadens erforderlich gewesen sind. Fehlt es insoweit an einem ausreichend konkreten Sachvortrag, kann ein neuer Schadensersatzanspruch gerade nicht zugesprochen werden – es bleibt vielmehr unklar, ob und in welchem Umfang überhaupt ein neuer Schaden eingetreten ist.
Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen: Der Geschädigte verlangt bei einem aktuellen Verkehrsunfall den Ersatz des vorderen Kotflügels und der vorderen Seitentür, die so schwer beschädigt worden sein sollen, dass nunmehr ein Neuteil einzubauen und dieses zu lackieren ist. Beide Komponenten waren bereits von einem entsprechenden Vorschaden betroffen, bei dem damals schon gefordert worden ist, dass im Rahmen einer vollständigen und fachgerechten Reparatur sowohl der Kotflügel vorne links als auch die vordere Seitentür erneuert werden müssen. Wird dieser Vorschaden nun lediglich dadurch "optisch" beseitigt, dass hier Ausbesserungsarbeiten einschließlich Spachtelarbeiten durchgeführt werden und sodann eine Überlackierung erfolgt, wäre der Geschädigte ungerechtfertigt bereichert, wenn er nunmehr bei dem zweiten aktuellen Verkehrsunfall den Ersatz von Neuteilen und die damit verbundenen höheren Aufwendungen erhalten würde. Denn die beschädigten Fahrzeugkomponenten sind ja nie vollständig und fachgerecht mit Neuteilen ersetzt worden, sondern bestehen in einem vorbeschädigten Zustand fort. Deswegen ist es auch von entscheidender Bedeutung, dass mit einem ausreichenden Sachvortrag aufgeklärt wird, welche konkreten Reparaturmaßnahmen mit welcher Qualität umgesetzt worden sind.
Praxistipp: Eine einfache Kontrollmöglichkeit dahingehend, ob ein Vorschaden mit dem Einbau von Neuteilen vollständig und fachgerecht beseitigt worden ist, ergibt sich aus einer sogenannten Lackschichtdickenmessung: Wird die vom Hersteller vorgegebene Lackschichtendicke deutlich überschritten, ist dies häufig ein entsprechendes Indiz dafür, dass Altteile lediglich mit Spachtelarbeiten instandgesetzt und dann wieder überlackiert worden sind. In Gutachten wird dann häufig auch von einer bloßen "Instandsetzung" gegenüber einer "fachgerechten Reparatur nach Gutachten" gesprochen.
b) Wer trägt nun aber die Darlegungs- und Beweislast nach welchem Beweismaßstab im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Vorschäden bei der Berechnung des Schadens? Hierzu hat der BGH in seinem Grundsatzurteil vom 5.10.2019 eine klare Linie vorgegeben: Selbst wenn es sich um einen Vorschaden in der Vorbesitzzeit vor dem aktuellen Eigentümer/Besitzer des Fahrzeuges handelt, trägt dieser als Geschädigter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Vorschaden in dem von ihm behaupteten Umfang in der dargelegten Qualität beseitigt worden ist. Steht dabei schon fest, dass durch die Kollision zwischen den Fahrzeugen am Kfz des Geschädigten ein neuer Schaden eingetreten ist, greift der Beweismaßstab des § 287 ZPO zum Umfang eines Schadens ein: Dann muss der Geschädigte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Richtigkeit seines Sachvortrages zur Beseitigung eines Vorschadens nachweisen. Steht dagegen in Streit, ob durch die Berührung überhaupt ein neuer Schaden eingetreten ist, greift erst einmal der Beweismaßstab des § 286 ZPO zu Lasten des Geschädigten ein.
Streitet dieser dabei ab, dass es überhaupt einen Vorschaden an seinem Fahrzeug gibt, ist wie folgt zu unterscheiden: Wenn die dargelegte Rechtsprechung zulasten des Geschädigten eingreifen soll, muss die Seite des Schädigers darlegen und ggf. beweisen, dass es in der Vergangenheit einen solchen Vorschaden gegeben hat. Diesen kann aber der Geschädigte nicht einfach mit Nichtwissen bestreiten, wenn es sich um ein Ereignis in...