VVG § 43; BGB § 307 Abs. 1, Abs. 2; AKB A 2.5.1.1
Leitsatz
1. Der Versicherungsschutz einer Gruppenrestschuldversicherung ist auf die Erstattung der wirtschaftlichen Folgen beschränkt, die dem Darlehensnehmer auch bei Eintritt einer Vollkaskoversicherung für den Schaden verblieben wären. Ob tatsächlich eine solche Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurde, ist ohne Belang.
2. Bei der Auslegung von Klauseln einer Gruppenrestschuldversicherung ist nicht auf das Verständnis des Darlehensnehmers, sondern der darlehensgebenden Bank als Versicherungsnehmer abzustellen.
OLG Dresden, Beschl. v. 8.6.2020 – 4 W 397/20
Sachverhalt
Der ASt. begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage aus einem Gruppenversicherungsvertrag zwischen der S. B. und der AG, dem er bei Abschluss eines Kfz-Darlehensvertrages beigetreten ist. Am 5.11.2016 kam es zu einem Unfall des versicherten Fahrzeugs, der unstreitig zu einem wirtschaftlichen Totalschaden geführt hat. Die AG hat auf der Grundlage ihrer Versicherungsbedingungen eine Zahlung i.H.v. 4400 EUR direkt an den ASt. geleistet. Der ASt. meint, sie sei ihm darüber hinaus zur Erstattung des gesamten Unfallschadens i.H.v. weiteren 34.223 EUR verpflichtet. Er sei zu dessen gerichtlicher Geltendmachung auch aktivlegitimiert, weil die Bank ein weiteres Vorgehen gegen die AG ablehne. Das LG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es fehle an der gebotenen Ermächtigung zur Klagerhebung durch den Rechteinhaber, den bei einer Auslegung des Versicherungsvertrages geschuldeten Betrag habe die AG überdies bereits beglichen.
2 Aus den Gründen:
"… Die sofortige Beschwerde des ASt. ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Für die beabsichtigte Klage besteht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO."
1. Das LG hat zugunsten des ASt. unterstellt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Restschuldgruppenversicherungsvertrag um eine Versicherung für fremde Rechnung handelt und der ASt. als versicherte Person i.S.d. § 43 VVG anzusehen ist. Eine Versicherung für fremde Rechnung liegt jedoch nur dann vor, wenn der VN, d.h. vorliegend die darlehensgewährende S. B., im eigenen Namen ein fremdes Interesse versichert. Hieran bestehen jedoch Zweifel, weil von der Restschuldgruppenversicherung vorwiegend das Kreditinstitut als Darlehensgeber profitiert, das sich durch die Versicherung gegen den Ausfall des eigenen Darlehensrückzahlungsanspruchs gegen den Kreditnehmer absichert. Die Bank als Darlehensgeber und gleichzeitig VN der Restschuldversicherung will kein Interesse der versicherten Person versichern; die Verträge dienen vielmehr allein der Absicherung der Kreditverträge und werden auch nur im Zusammenhang mit diesen abgeschlossen. Bei der hier vorliegenden Gruppenversicherung handelt es sich mithin nicht um eine Fremdversicherung (Göbel/Köther, VersR 2015, 425, 426).
2. Ob gleichwohl mit Blick auf die bestehende Darlehensrückzahlungsverpflichtung des ASt. und die von ihm behauptete Weigerung der Darlehensgeberin, gegen die AG aus dem Gruppenversicherungsvertrag vorzugehen, die Aktivlegitimation des ASt. für die Verfolgung eines Anspruchs auf Zahlung an die Darlehensgeberin gegeben ist, hat das LG zutreffend dahinstehen lassen. Ein solcher Anspruch besteht nämlich nicht. Das der beabsichtigten Klage zugrunde liegende Verständnis von Inhalt und Absicherung des S.-Gruppenversicherungsvertrages ist auch nach Auffassung des Senats ausgehend vom Verständnishorizont eines verständigen VN, der sich die Versicherungsbedingungen aufmerksam durchliest, nicht vertretbar.
a. In den “AVB' der AG wird unter Nr. 2a zwar der Schutzumfang auf die “wirtschaftlichen Folgen eines Totalschadens' erstreckt. Dass hiermit entgegen der Auffassung des ASt. jedoch nicht eine der Vollkaskoversicherung vergleichbare Absicherung erreicht werden soll, wird im Folgenden aber durch Nr. 3b S. 2 (“Die S. Versicherung ersetzt keine Vollkasko- bzw. Teilkaskoversicherung') eindeutig klargestellt. Der Versicherungsschutz wird damit auf eine Ergänzung derjenigen wirtschaftlichen Folgen beschränkt, die dem Darlehensnehmer trotz des Abschlusses einer Voll- bzw. Teilkaskoversicherung im Falle eines Totalschadens verbleiben. Da die Kaskoversicherung bei Totalschaden, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs grds. nur den Wiederbeschaffungswert am Tag des Unfalls unter Abzug eines vorhandenen Restwerts des Fahrzeugs ersetzt (vgl. etwa A.2.5.1.1 AKB 2019), besteht bei einem Anspruch aus einer Gruppenrestschuldversicherung dieser wirtschaftliche Schaden allein in der Differenz zwischen diesem Wiederbeschaffungswert und dem dem Darlehensvertrag zugrunde liegenden Neuwert des versicherten Fahrzeugs, nicht aber – wie der ASt. meint – in der Differenz zwischen dem nach einem wirtschaftlichen Totalschaden verbleibenden Restwert und dem Kaufpreis. Hierfür spricht auch, dass die Versicherungsleistung gem. Nr. 3 der AVB Gruppenversicherungsvertrag auf “maximal 15.000 EUR' beschränkt ist, was als Vollkaskoabsicherung für einen VW ersichtlich unzureichend wäre.
b. Bei d...