"… II."
1. Der Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zulässig, insbesondere rechtzeitig und begründet. Der Beschluss des AG vom 27.12.2019 war aufzuheben.
Der Betr. hat – entgegen der Auffassung des AG – rechtzeitig den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt und begründet. Denn das in Abwesenheit des Betr. ergangene Urt. v. 6.11.2019 ist ihm ausweislich der Zustellungsurkunde am 14.11.2019 zugestellt worden. Der Betr. hat mit bei Gericht am 20.11.2019 eingegangenem Schreiben die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Der Umstand, dass er den Antrag selbst begründet und unterschrieben hat, steht den Formerfordernissen nach §§ 80 Abs. 3 S. 3 OWiG, 345 Abs. 2 StPO nicht entgegen, weil es sich bei dem Betr. um einen zugelassenen Rechtsanwalt handelt (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 62. Aufl., § 345 Rn 13).
2. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war zu verwerfen. Die Prüfung deckt keinen die Zulassung der Rechtsbeschwerde gebietenden Rechtsfehler auf.
Die vom Betr. allgemein erhobene Sachrüge, mit der er sich gegen das Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG, also ein Prozessurteil, wendet, führt lediglich zur Prüfung des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen und des Vorliegens von Verfahrenshindernissen (vgl. Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 74 Rn 48b m.w.N.) von Amts wegen.
Das vom Betr. behauptete Verfahrenshindernis der Doppelahndung nach § 84 Abs. 1 OWiG besteht nicht. Selbst wenn es bestanden hätte, wäre es auch nach § 80 Abs. 5 OWiG für das Rechtsbeschwerdegericht unbeachtlich gewesen. Denn nach § 80 Abs. 5 OWiG findet ein Verfahrenshindernis nur dann Berücksichtigung, wenn es nach Erlass des Urt. eingetreten ist. Dies wäre vorliegend, wie der Verteidiger selbst ausführt, nicht der Fall. Auch besteht im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Verfahrenshindernis keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, die es gebietet, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Dem Betr. ist zwar zuzugeben, dass beide Bußgeldbescheide denselben Vorwurf der vorschriftswidrigen Nichtanmeldung seines Fahrzeuges zur Hauptuntersuchung nach § 29 Abs. 1 S. 1 StVZO i.V.m. Nr. 2.1 der Anlage VIII, § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO betrafen, dies jedoch nur solange die Verfahren der Bußgeldbehörden in D. und B. gleichzeitig anhängig waren. Dieses Unterlassen der Vorführung seit mehr als acht Monaten stellt eine Dauerordnungswidrigkeit dar (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2012 – 3 SsRs 518/12), die jedenfalls mit der Ahndung der Tat durch ein tatrichterliches Urt. oder durch einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid endet. Die Zäsurwirkung tritt durch diejenige Entscheidung ein, die letztmalig die Schuldfeststellung getroffen hat (OLG Dresden, Beschl. v. 4.6.1997 – 2 Ss (OWi) 131/97). Unterlässt der Betr. auch danach die vorgeschriebene Handlung, so beginnt eine neue Tat, die wiederum – selbstständig – geahndet werden kann (OLG Dresden, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.1.1981 – 5 Ss (OWi) 699/80 I; BayObLG VRS 63, 221; OLG Hamm, 1973-04-27, 5 Ss OWi 19/73, NJW 1973, 1851; OLG Saarbrücken, 1973-04-12, Ss (B) 12/73, VRS 45, 453 (1973); Seitz/Bauer a.a.O., § 84 Rn 8a).
Nach diesem Maßstab war die erste Tat des Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 S. 1 StVZO i.V.m. Nr. 2.1 der Anlage VIII, § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO – durch Erlass des Bußgeldbescheides der Stadt D. am 19.3.2019 – so die Daten aus der bei den Akten befindlichen Auskunft aus dem Fahreignungsregister vom 7.2.2020 – beendet gewesen. Denn die Prüfung des bußgeldbewehrten Tatbestandes wird bei einem Verfahrensabschluss durch einen rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheid – wie vorliegend durch den Bußgeldbescheid der Stadt D. vom 19.3.2019 – letztmalig bei dessen Erlass geprüft. Dieser Auffassung steht der vom Betr. zu den Akten gereichte Bußgeldbescheid der Stadt D. mit Datum 18.1.2019 nicht entgegen, weil dieser Bescheid unter der dort angegebenen Adresse H.-S.-Straße, P. dem Betr. laut Auskunft der Stadt D. nicht ordnungsgemäß zugestellt werden konnte. Die Bußgeldbehörde D. hat dem Betr. daraufhin einen Bußgeldbescheid mit Datum 19.3.2019 unter seiner aktuellen Anschrift in W. zugestellt, der nach Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig geworden ist. Diese Angaben werden auch durch die bei den Akten befindliche Auskunft aus dem Fahreignungsregister vom 7.2.2020 bestätigt.
Da wesentliches Merkmal einer Dauerordnungswidrigkeit die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands ist (OLG Hamm NJW 1973, 1851, 1852), beging der Betr. seit dem 20.3.2019 eine neue Tat nach § 29 Abs. 1 S. 1 StVZO i.V.m. Nr. 2.1 der Anlage VIII, § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO, die Gegenstand des Bußgeldbescheides vom 3.4.2019 geworden ist. Ein für das AG zu beachtendes Verfahrenshindernis der Doppelahndung bestand demnach nicht.
Einer weiteren Begründung bedarf der Beschluss nicht (§ 80 Abs. 4 S. 3 OWiG). …“
zfs 9/2020, S. 531 - 532