"… II. … 2. Die Beschwerde ist … begründet. Auf Grundlage der – insoweit gerade noch den Darlegungsanforderungen (§ 146 Abs. 4 S. 3 VwGO) genügenden – Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO beschränkt ist, ist die verwaltungsgerichtliche Entscheidung abzuändern."

Das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der kraft behördlicher Anordnung (vgl. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO) sofort vollziehbaren Aberkennung des Rechts, von der kroatischen Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Gebrauch zu machen, einstweilen verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung. Denn bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die Aberkennungsverfügung als voraussichtlich rechtswidrig.

a) Nach § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (§ 3 Abs. 1 S. 2 StVG, § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, § 46 Abs. 5 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kfz begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in den §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 S. 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde bereits feststeht (§ 11 Abs. 7 FeV).

b) Ausgehend hiervon wäre das Landratsamt vorliegend wohl zwar zur Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens berechtigt gewesen, nicht aber zur unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis.

aa) Wohl zu Recht hat das Landratsamt angenommen, der Antragsteller sei gelegentlicher Cannabiskonsument.

Ein gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn in mindestens zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis konsumiert wurde und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. BVerwG, Urteile v. 11.4.2019 – 3 C 9.18 – juris Rn 13 [vgl. zfs 2019, 242 ff. mit Anm Kalus] u. v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – juris Rn 21 [= zfs 2015, 173). Der Antragsteller hat unstreitig sowohl am 8.2.2017 als auch am 4.11.2020 Cannabis konsumiert. Entgegen seiner Auffassung ist auch der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Cannabiskonsum im Jahr 2017 und dem im Jahr 2020 noch gegeben. Ob eine relevante Zäsur zwischen zwei einzelnen Konsumakten anzunehmen ist, ist nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Die schematische Festlegung von Zeiträumen verbietet sich insoweit (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 a.a.O. Rn 21). Dabei verkennt der Senat nicht, dass zwischen den beiden Konsumvorgängen mehr als drei Jahre liegen. Allerdings hat der Antragsteller lediglich pauschal behauptet, er habe sich “ab diesem Zeitpunkt an die gesetzlichen Vorgaben gehalten', eine plausible Darlegung, dass er den Konsum von Cannabis eingestellt hätte, fehlt. Unabhängig davon hat der Antragsteller selbst angegeben, er nehme derzeit Cannabis ein. Zwar handelt es sich nach seinen Angaben insoweit um Medizinal-Cannabis. Insoweit besteht jedoch nach wie vor ein erheblicher Klärungsbedarf.

bb) Wohl ebenfalls zu Recht geht das Landratsamt davon aus, der Antragsteller habe wiederholt gegen das Trennungsgebot verstoßen.

Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt den Konsum und das Führen eines Kfz nicht gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, wenn wegen des Cannabiskonsums die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit besteht. Von einer solchen Möglichkeit kann auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 nach wie vor ausgegangen werden, wenn eine Konzentration von 1,0 ng/ml THC oder mehr im Blutserum des Betroffenen festgestellt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 <219 ff. Rn 17 ff.>; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.9.2019 – 10 S 458/19 – n.v.).

Ausgehend hiervon stehen zwei Verstöße gegen das Trennungsgebot fest. Sowohl am 8.2.2017 als auch am 4.11.2020 führte der Antragsteller ein Kfz, obwohl er eine THC-Konzentration von 2,41 ng/ml bzw. 1,3 ng/ml im Blut aufwies. Darauf, ob insoweit Ausfallerscheinungen aufgetreten sind, kommt es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht an.

cc) Nach derzeitigem Erkenntnisstand kann sich der Antragsteller wohl auch nicht auf das Arzneimittelprivileg berufen. Hinsichtlich des Cannabiskonsums am 8.2.2017 hat der Antragsteller schon nicht geltend gemacht, dass es sich um Medizinal-Cannabis gehandelt habe. Dies ist auch fernliegend, da zu diesem Zeitpunkt lediglich bestimmte Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis verkehrs- und vers...

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