BGB § 280 278; VVG § 1; HRB Ziffer 12.1.2; WGB Ziffer 12.1.2
Leitsatz
1. Ein Wohngebäude- und Hausratversicherer, der für die Sanierung eines Leitungswasserschadens ein Fachunternehmen auswählt, übernimmt damit grundsätzlich keine eigene Reparaturpflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer.
2. Der VR schuldet in einer solchen Konstellation nur die ordnungsgemäße Auswahl eines geeigneten Unternehmens, er haftet hingegen nicht für behauptete weitere Schäden, die das ausgewählte Unternehmen bei Durchführung der Sanierungsarbeiten verursacht haben soll.
OLG Nürnberg, Urt. v. 21.3.2022 – 8 U 3825/21
Sachverhalt
Die Parteien streiten über Leistungs- und Schadenersatzansprüche im Rahmen einer Hausrat- und Gebäudeversicherung, die der Kl. für sein Einfamilienhaus in B. bei der Bekl. unterhielt. Der Risikoschutz ist Teil des Versicherungsprodukts "… PrivatPolice". Neben den AB der Bekl. für dieses Produkt liegen dem Vertrag die Hausratversicherungsbedingungen (HRB) und die Wohngebäudeversicherungsbedingungen (WGB) zugrunde.
Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Leitungswasserschaden, der sich am 17.7.2017 v.a. in der Küche des klägerischen Anwesens ereignete und den der Kl. am gleichen Tag bei der Bekl. meldete. Nach einer von der Bekl. veranlassten Schadensprüfung durch die D. erteilte die Bekl. am 30.8.2017 einen Auftrag an die Streithelferin zu 1) (S1) zur Feuchtigkeitsmessung und Trocknung. Diese erstellte unter dem 14.9.2017 ein entsprechendes Angebot an den Kl. und beauftragte ihrerseits die Streithelferin zu 2) (S2) für einen Teil der Arbeiten als Subunternehmerin.
Für den Schaden am Gebäude leistete die Bekl. eine Entschädigung von insgesamt 5.433,85 EUR an den Kl. Auf den Schaden am Hausrat des Kl. leistete die Bekl. eine Entschädigung von insgesamt 2.050 EUR
Der Kl. macht geltend, die Schadensbeseitigungsmaßnahmen seien durch die S nicht fachgerecht ausgeführt worden. Dadurch sei die Einrichtung des Anwesens in erheblichem Umfang weiter beschädigt worden. Über den eigentlichen Versicherungsfall hinaus sei dem Kl. ein weiterer Schaden von 32.737,32 EUR entstanden.
2 Aus den Gründen:
Zu Recht und mit weitgehend überzeugender Begründung hat das LG Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche des Kl. gegen die Bekl. verneint und aus diesem Grunde die Klage vollständig abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung letztlich nicht durchdringen.
a) Zuzugeben ist der Berufung allerdings, dass der im Berufungsrechtszug weiterverfolgten Feststellungsklage nicht das rechtliche Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO abgesprochen werden kann. Denn der Kl. hat den geltend gemachten "Handwerkerschaden" teilweise auf der Grundlage von Kostenvoranschlägen beziffert und insofern lediglich Nettobeträge eingeklagt. Da die Mehrwertsteuer entsprechend § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nur zu erstatten ist, wenn sie bei dem Geschädigten tatsächlich angefallen ist, ist ihm die Erhebung einer vorrangigen Leistungsklage weder möglich noch zumutbar. Es besteht diesbezüglich also ein rechtliches Interesse des Kl. an der Feststellung einer weitergehenden Ersatzpflicht, auch unter dem Gesichtspunkt der Hemmung der Verjährung.
b) In prozessualer Hinsicht ist sodann klarzustellen, dass die in erster Instanz nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 16.8.2021 erklärte subjektive Klageerweiterung wirkungslos geblieben ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 296a Rn 2a). Die geänderten Klageanträge sind nicht in mündlicher Verhandlung gestellt worden (§§ 137 Abs. 1, 261 Abs. 2, 297 ZPO) und finden sich auch nicht in der Berufungsbegründung.
c) Zutreffend hat die Vorinstanz einen Primäranspruch des Kl. aus § 1 Satz 1 VVG, Ziffer 12.1.2 HRB, Ziffer 12.1.2 WGB verneint.
aa) Unstreitig ist am 17.7.2017 ein Versicherungsfall eingetreten. Der in der Küche des vertragsgegenständlichen Anwesens entstandene Leitungswasserschaden gehört sowohl in der Hausratversicherung (Ziffer. 1.1.4 und Ziffer 4. HRB) als auch in der Wohngebäudeversicherung (Ziffer 1.1.3 und Ziffer 3. WGB) zu den versicherten Gefahren. Demgemäß hatte die Bekl. hinsichtlich der durch den Wasseraustritt beschädigten Hausratsgegenstände die notwendigen Reparaturkosten und hinsichtlich der zerstörten Gegenstände den Neuwert abzgl. Restwert zu erstatten. Entsprechendes gilt für die beschädigten Gebäudebestandteile.
bb) Über die vorgerichtlich geleisteten Zahlungen hinaus besteht kein weiterer Anspruch des Kl. auf die Versicherungsleistung. Denn der Kl. hat – wie das LG zu Recht ausgeführt hat – die einzelnen Erstattungspositionen nicht im erforderlichen Maße dargelegt.
(1) Soweit die Küchenmöbel beschädigt worden sind, hat die Bekl. Reparaturkosten in Höhe von 1.600 EUR entschädigt. Mit der Klage werden Neuwertkosten in Höhe von 10.900 EUR abzgl. des vorbenannten Betrages verlangt. Es ist aber schon nicht ersichtlich, dass die Küchenmöbel durch den Versicherungsfall zerstört worden sind. Der Kl. behauptet diesbezüglich, dass Mitarbeiter der S die Küchenmöbel nicht eingelagert, sondern "einfach entsorgt" hätten. Dies...