BGB § 280 Abs. 1 § 280 Abs. 3 § 281 Abs. 1 § 364 Abs. 1 § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a
Leitsatz
1. In der Übergabe der Winterräder des Leasingnehmers (statt der geschuldeten Rückgabe der Sommerräder des Leasinggebers) liegt keine Leistung an Erfüllungs statt gemäß § 364 BGB, wenn der Leasinggeber nicht (ausdrücklich) die Räder an Erfüllungs statt angenommen hat. Allein der Umstand, dass der Leasinggeber nicht die unvollständige Leistung des Leasingnehmers zurückweist, begründet nicht die Erfüllungswirkung gemäß § 364 Abs. 1 BGB.
2. Die Übergabe des Fahrzeugs ohne die geschuldeten Sommerräder stellt eine teilweise Nichterfüllung der Fahrzeugrückgabe dar, für die der Leasinggeber Schadensersatz statt der Leistung nur unter den Voraussetzungen des § 281 BGB verlangen kann.
3. Nicht umfasst vom Kündigungsschaden ist das Erfüllungsinteresse des Leasinggebers, das Leasingfahrzeugs in vertragsgemäßem Zustand zurückzuerhalten. Als Ersatz des Kündigungsschadens kann der Leasinggeber Wertersatz wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung der Rückgabeverpflichtung nicht verlangen.
OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2023 – 6 U 9/23
1 Sachverhalt
I. Gestützt auf die Kündigung eines gewerblichen Kfz-Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung zwischen der M. Leasing GmbH und der Beklagten als Leasingnehmerin aufgrund Vertragserklärungen vom 20.02./3.3.2018 verlangt die Klägerin von der Beklagten aus abgetretenem Recht den Ersatz des Kündigungsschadens der Leasinggeberin.
Vermittelt wurde der Leasingvertrag durch die Niederlassung der D. AG in F. Der Beklagten wurde das Fahrzeug am 2.3.2018 mit Sommerreifen übergeben.
Neben der Gebrauchsüberlassung und zusätzlichen Service-Komponenten ("Service-Leasing") war Gegenstand des Vertrages auch der Versicherungsbaustein "Business-Leasing plus". Mit Schreiben vom 28.11.2018 teilte die Leasinggeberin mit, dass sich das Entgelt für die Versicherung erhöhe, weil die Anfrage bei dem vorherigen Versicherer der Beklagten ergeben habe, dass eine andere Schadensfreiheitsklasse gelte, als von der Beklagten bei Vertragsschluss angegeben. Unter dem 3.12.2018 erteilte die Leasinggeberin rückwirkend eine neue Rechnung über die geschuldeten Raten. Daraufhin kündigte die Beklagte am 21.12.2018 den Versicherungsbaustein. Die Leasinggeberin erklärte sich bereit, den Versicherungsbaustein zum 31.3.2019 entfallen zu lassen und bestätigte der Beklagten mit E-Mail vom 13.5.2019, dass im Hinblick auf die späte Mitteilung der geänderten Schadensfreiheitsklasse und der deshalb nicht fristgerecht möglichen Kündigung des Versicherungsbausteins zu viel gezahlte Raten vom 1.1.2019 bis 1.4.2019 gutgeschrieben würden.
Nachdem die Beklagte die Raten für die Monate September und Oktober 2019 nicht zahlte, kündigte die Leasinggeberin den Leasingvertrag am 11.10.2019 fristlos und forderte die Beklagte zuletzt mit Schreiben vom 24.10.2019 auf, das Leasingfahrzeug mit Papieren und sämtlichen Schlüsseln bis 31.10.2019 bei dem ausliefernden Händler einzustellen.
Auf Anfrage der Beklagten bei der ausliefernden Niederlassung der D. AG in F., ob das Fahrzeug auch in K. zurückgegeben werden könne, erklärte das Autohaus mit E-Mail vom 30.10.2019, dass die Rückgabe bei jeder Niederlassung möglich sei. Am 31.10.2019 gab eine Mitarbeiterin der Beklagten das Leasingfahrzeug in einer D.-Niederlassung in K. zurück. Montiert waren Winterräder, deren Eigentümerin die Beklagte war. Die Sommerräder, mit denen der Beklagten das Fahrzeug übergeben war, waren bei der Niederlassung der D. AG in F. nach einem kurz zuvor dort erfolgten Räderwechsel für die Beklagte eingelagert.
Mit Schreiben vom 28.1.2020 teilte die Leasinggeberin der Beklagten mit, dass das Fahrzeug mittlerweile verwertet sei, und verlangte den Ausgleich der offenen Restforderung.
Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten als Ersatz des Kündigungsschadens der Leasinggeberin eine Zahlung in Höhe von 9.055,66 EUR verlangt.
Im Verlauf des Rechtsstreits in erster Instanz vereinbarten die Klägerin und die Leasinggeberin am 24.1.2022 vorsorglich nochmals die Abtretung aller Ansprüche aus dem Leasingvertrag an die Klägerin.
Die Beklagte hat die Aktivlegitimation bestritten und Einwendungen gegen die Höhe des Schadens erhoben. Mit einer Widerklage hat sie von der Klägerin verlangt, Zahlungen für den Versicherungsbaustein in Höhe von 2.563,26 EUR zu erstatten, weil die Leasinggeberin gegen nebenvertragliche Pflichten verstoßen und es insbesondere versäumt habe, zeitnah Konsequenzen aus der geänderten Schadensfreiheitsklasse zu ziehen, sodass eine fristgerechte Kündigung verhindert worden sei (Widerklageantrag zu 1). Ferner hat sie von der Klägerin verlangt, den Sommerrädersatz zurückzunehmen und "entsprechend in der streitgegenständlichen Leasingabrechnung bzw. in der Klageforderung mindernd zu berücksichtigen" (Widerklageantrag zu 2).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin sow...