Der Chef des Bundeskanzleramtes hat dem Präsidenten des Bundesrats mit Schreiben vom 29.8.2008 die seit längerem heftig umstrittene Verordnung zur Änderung der Bußgeldverordnung mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt (BR-DRs. 645/08).
Mit der Verordnung wird eine differenzierte Anhebung der Bußgeldsätze bei Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten eingeführt.
Der Schwerpunkt der Erhöhung der Bußgeldsätze liegt bei den Hauptunfallursachen. Es sind dies das Fahren mit zu hoher Geschwindigkeit, Vorfahrtsverletzungen einschließlich der Missachtung von Haltanordnungen durch Lichtzeichenanlagen, Verstöße beim Abbiegen, die falsche Straßenbenutzung, Abstandsverstöße, das Fahren unter Drogen- oder Alkoholeinfluss sowie Zuwiderhandlungen, die sich als konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer (Vorfeld des konkreten Unfalls) darstellen. Bei der Festlegung der neuen Bußgeldhöhe wurde insbesondere berücksichtigt, ob der Bußgeldregelsatz für die betreffende Zuwiderhandlung seit Erlass der BKatV im Jahr 1989 oder dessen Einstellung in den Katalog bereits angehoben worden ist oder nicht. Ist bereits eine Verschärfung erfolgt, fällt die Erhöhung geringer, ist sie noch nicht erfolgt, fällt sie höher aus.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden vorsätzlich begangene Verkehrsverstöße. Dabei wird zunächst berücksichtigt, dass es eine Reihe von Verkehrsordnungswidrigkeiten gibt, bei denen wegen ihrer Eigenart eine fahrlässige Begehungsweise kaum denkbar wäre. Diese Zuwiderhandlungen konnten bisher nicht in den Bußgeldkatalog aufgenommen werden, weil dieser von fahrlässiger Begehung ausgegangen ist (§ 1 Abs. 2 BKatV). Die aus Gleichbehandlungsgründen dennoch gebotene bundeseinheitliche Verfahrensweise war deshalb nur auf einem Umweg zu erreichen: Eine gemeinsame Orientierung der für die Ahndung von Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen obersten Landesbehörden erfolgte im Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog. Hieran ist die Rechtsprechung allerdings nicht gebunden. Im Bußgeldkatalog werden deshalb nunmehr Bußgeldregelsätze und Regelfahrverbote auch für häufig vorkommende Zuwiderhandlungen bestimmt, die im Allgemeinen vorsätzlich begangen werden.
Für alle Zuwiderhandlungen, bei denen eine fahrlässige Begehung nicht völlig außerhalb der Lebenserfahrung liegt, sind die Bußgeldregelsätze weiterhin unter der Voraussetzung von Fahrlässigkeit festgelegt (neuer Abschnitt I des Bußgeldkataloges). Nur für diejenigen Zuwiderhandlungen, bei denen eine fahrlässige Begehung nach allgemeiner Lebenserfahrung ausscheidet, sind Bußgeldregelsätze unter der Voraussetzung vorsätzlicher Begehungsweise bestimmt (neuer Abschnitt II des Bußgeldkataloges). Es sind dies das Umfahren einer geschlossenen Bahnschranke, die Benutzung von Radarwarngeräten und ähnlicher Einrichtungen, die rechtswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons während der Fahrt, die Teilnahme und Durchführung von Kraftfahrzeugrennen, Nichtaushändigen von Führerscheinen, Bescheinigungen und Fahrzeugpapieren sowie der Verstoß gegen die Pflicht zur Feststellung der Achslasten und des Gesamtgewichts und gegen die Vorschriften über das Um- und Entladen bei Überlastung. Bei der Bestimmung der Regelsätze wurde differenziert vorgegangen: Bei den reinen Formalverstößen (Aushändigungspflichten u. Ä.) wurden die bisherigen Verwarnungsgeldregelsätze beibehalten, die bisher auch für die Unterstellung von Fahrlässigkeit gegolten haben. Deutlich erhöht wurden die Geldbußen für die Teilnahme an illegalen Kfz-Rennen oder deren Veranstaltung. Darüber hinaus wird für diejenigen Zuwiderhandlungen, für die die Bußgeldregelsätze weiterhin die fahrlässige Begehungsweise unterstellen, ein genereller Erhöhungssatz (das 1,5-fache des Bußgeldregelsatzes für Fahrlässigkeit) für den Fall festgelegt, dass der Betroffene abweichend hiervon vorsätzlich gehandelt hat. Damit soll die Verfahrensweise der Behörden und der Gerichte vereinheitlicht werden.
Hinsichtlich der Regelfahrverbote übernimmt die Verordnung die bisherigen Regelungen und ergänzt diese um zwei Tatbestände, die bislang als Vorsatztaten nur im Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog enthalten waren (Umfahren geschlossener Bahnschranken, Teilnahme an illegalen Kfz-Rennen).
Als Datum des Inkrafttretens der neuen Bußgeldverordnung ist der 1.2.2009 vorgesehen.
Die vorgesehenen Neuregelungen sind allerdings abhängig vom Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, in dem die Anhebung der für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten geltenden Bußgeldobergrenzen vorgesehen ist. Der Entwurf dieses Gesetzes liegt zurzeit dem Bundestag vor (BT-Drucks 16/10175), ist dort aber noch nicht beraten worden.
Dr. Hans Jürgen Bode