AUB 94 § 2
Leitsatz
Sieht eine "erweiterte Alkoholklausel" vor, dass Unfälle infolge von Trunkenheit mitversichert sind, "bei Fahren von Kraftfahrzeugen" Versicherungsschutz jedoch nur bis 1,3 ‰ gewährt wird, so genießt eine versicherte Person keine Deckung, wenn sie mit 1,5 ‰ mit ihrem Kraftfahrzeug mit der Leitplanke einer BAB kollidiert ist und verletzt wurde und danach nach Verlassen des Wagens von einem anderen Kraftfahrzeug erfasst wurde und schwere gesundheitliche Schäden erlitt.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.1.2009 – 5 U 249/09
Sachverhalt
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine private Unfallversicherung zu deren versicherten Personen ihr Sohn gehörte. Dem Vertrag lagen die AUB 94 mit "Top-Deckung" zu Grunde.
Dort ist zu § 2 AUB 94 ergänzend bestimmt: "[in] Abänderung des § 2 I. (1) AUB 94 sind auch Unfälle infolge von Bewusstseinsstörungen, soweit diese durch Trunkenheit verursacht sind, mitversichert. Bei Führen von Kraftfahrzeugen wird Versicherungsschutz jedoch nur bis 1,3 Promille gewährt."
Am 19.12.2006 befuhr der Sohn der Klägerin mit dem Pkw R die BAB 20. Zwischen 4:00 Uhr und 4:20 Uhr morgens kam er – nicht angeschnallt und mit einer Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern – an der Ausfahrt W M nach rechts von der befestigten Fahrbahn ab, streifte mit der rechten Fahrzeugseite den Absenker der rechten Leitplanke und kollidierte mit einem Leitpfosten. Anschließend lenkte er den Pkw auf die befestigte Fahrbahn zurück, überquerte dabei die Fahrbahnmitte sowie die Überholspur und stieß mit der linken Fahrzeugseite mehrmals gegen die Mittelleitplanke. Das Fahrzeug kam nach circa 300 m mit wirtschaftlichem Totalschaden zum Stehen. Gegen 4:20 Uhr wurde der Versicherte schwerst verletzt auf der ca. 120 m vom Fahrzeug entfernten Autobahnausfahrt W M aufgefunden und in das Universitätsklinikum S verbracht. Eine gegen 6:30 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 1,5 ‰. Ein rechtsmedizinisches Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, es erscheine "als unwahrscheinlich, dass die bei Herrn W festgestellten frischen Verletzungen durch das Herausschleudern aus seinem Pkw verursacht worden" seien. Vielmehr sei "davon auszugehen, dass der Körper von Herrn W unter ein Fahrzeug geraten und mitgeschleift worden" sei. Der Versicherte hat an das Geschehen keine Erinnerung.
Die Beklagte lehnte die Erbringung von Versicherungsleistungen ab. Die Klägerin hat behauptet, ihr Sohn habe sich die Armverletzungen durch ein weiteres zweites Unfallgeschehen nach dem ersten Unfall zugezogen.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… 2. … Es bedarf keiner Entscheidung, ob der vom Versicherten erlittene Unfall durch eine vorsätzlich begangene Straftat verursacht worden ist (§ 2 Abs. 2 AUB 94). Jedenfalls hat das LG zutreffend einen Anspruchsausschluss gem. der wirksam in den Vertrag einbezogenen Regelung in § 2 Abs. 1 AUB 94 i.V.m. der Ergänzung zu § 2 I. (1) AUB 94 (erweiterte Alkoholklausel) angenommen. Der bedingungsgemäße Unfall wurde durch eine nicht unter den Versicherungsschutz fallende trunkenheitsbedingte Bewusstseinsstörung mit einer Alkoholisierung von mehr als 1,3 ‰ verursacht.
a. Zwar gilt im Hinblick auf die erweiterte Alkoholklausel kein genereller Leistungsausschluss für Unfälle durch trunkenheitsbedingte Geistes- oder Bewusstseinsstörungen. “Bei Führen von Kraftfahrzeugen’ soll Versicherungsschutz jedoch nur bis zu einem Blutalkoholgehalt von 1,3 ‰ gewährt werden. Diese in Satz 2 der Ergänzung zu § 2 I (1) AUB 94 erwähnte Rückausnahme legt der Senat dahingehend aus, dass in Fällen, in denen ein Unfall in kausalem Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs steht und der Fahrer einen 1,3 ‰ übersteigenden Blutalkoholwert hatte, der im Satz zuvor geregelte, im Vergleich zu § 2 AUB 94 erweiterte Versicherungsschutz nicht zum Tragen kommt und daher auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AUB 94 und deren Auslegung zurückzugreifen ist.
(1) Die Klägerin hält den Zweck des Satzes 2 der “erweiterten Alkoholklausel’ in den AUB der Beklagten auf das tatsächliche Führen eines Fahrzeugs beschränkt. Die Klausel soll nach ihrer Ansicht ab dem Zeitpunkt nicht mehr anwendbar sein, in dem der Fahrvorgang beendet ist oder der Fahrer das Fahrzeug gar verlassen hat. Auf der Grundlage ihres – streitigen – Sachvortrags, wonach die schweren Verletzungen erst außerhalb des Pkw durch ein anderes Fahrzeug verursacht worden seien, geht sie davon aus, es bleibe bei dem Wiedereinschluss trunkenheitsbedingter Unfälle gem. Satz 1 der Ergänzung zu § 2 I. (1) AUB 94.
(2) Der Senat vermag sich einer derart engen Auslegung des Begriffs “bei Führen von Kraftfahrzeugen’ nicht anzuschließen. Satz 2 der Ergänzung zu § 2 l. (1) AUB 94 verlangt nicht, dass der Unfall zu einem Zeitpunkt eingetreten sein muss, in dem der Versicherte das Kraftfahrzeug tatsächlich gefahren hat. Die Klausel ist so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs v...