VVG § 3 § 6 § 7 § 45
Leitsatz
Zur Frage, ob der Hauptgeschäftsstellenleiter eines Versicherers persönlich haftet, wenn seine Erklärung sich als unzutreffend erweist, der Antragsteller brauche sich "keine Sorgen zu machen", weil der Geschäftsstellenleiter die angestrebte Kaskoversicherung herbeiführen werde.
OLG Koblenz, Beschl. v. 23.7.2009 – 5 U 692/09
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:
1. Der Beklagte ist Hauptgeschäftsstellenleiter eines Versicherers. Er nahm am 19.7.2007 einen vom Vater des Klägers ausgehenden Antrag auf Abschluss einer Kfz-Vollversicherung für einen Renault Twingo mit einer Eigenbeteiligung von 300 EUR auf. Der Versicherer teilte daraufhin dem Vater des Klägers unter dem 4.9.2007 mit, dass er für das betroffene Fahrzeug keinen Kasko-Schutz gewähre und eine insoweit vorläufig erteilte Deckungszusage kündige.
Daraufhin suchte der Vater des Klägers den Beklagten erneut auf. Dieser erklärte dem Klagevorbringen zufolge, er sorge dafür, “dass du die Kaskoversicherung bekommst’. Seine dahingehenden Bemühungen beschied der Versicherer jedoch am 26.9.2007 abschlägig.
Am 25.10.2007 entstand an dem Renault Twingo ein Unfallschaden, dessen Höhe der Kläger mit 5.710,61 EUR beziffert hat. Da der Versicherer dafür nicht aufkam, hat er, nachdem er sich die Ansprüche seines Vaters hat abtreten lassen, den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit ersatzweise auf die Zahlung von 5.410,61 EUR (= Schadensbetrag abzüglich des vorgesehenen Selbstbehalts) in Anspruch genommen. Das LG hat das Verlangen abgewiesen. Das greift der Kläger in Erneuerung seines Antrags mit der Berufung an.
2. Damit vermag er nicht durchzudringen. Die Klage ist zu Recht abgewiesen worden.
a) Der Kläger hebt darauf ab, dass sein Vater durch das Verhalten des Beklagten geschädigt worden sei, weil kein Versicherungsschutz für das Unfallereignis vom 25.10.2007 bestehe. Gleichzeitig wird jedoch geltend gemacht, der Beklagte sei vertretungsberechtigter Abschlussagent i.S.v. § 45 VVG und habe in Korrektur des Ablehnungsschreibens vom 4.9.2007 eine den Versicherer bindende Deckungszusage erteilt, sodass dieser einstandspflichtig sei. Ist das aber der Fall, fehlt es an dem streitigen Schaden. Das entzieht der Inanspruchnahme des Beklagten die Grundlage.
b) Verneint man – entgegen dem Vortrag des Klägers – die Vertretungsbefugnis des Beklagten und damit eine Haftung des Versicherers und bejaht auf dieser Grundlage einen Schaden, kann der Beklagte dafür nicht verantwortlich gemacht werden.
aa) Ein Pflichtverstoß des Beklagten am 19.7.2007 ist nicht zu ersehen. Es ist weder behauptet noch sonst erkennbar, dass er zu diesem Zeitpunkt schuldhaft eine falsche Auskunft erteilt hätte.
bb) Demgemäß knüpft die Berufung die Inanspruchnahme des Beklagten an die nach dem 4.9.2007 geführte Unterredung, als der Beklagte zum Vater des Klägers gesagt haben soll: “Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich sorge dafür, dass du die Kaskoversicherung bekommst’. Das mag man mit dem Kläger als eine Erklärung dahin begreifen, dass es dem Beklagten gelingen werde, den Versicherer von seiner ablehnenden Haltung abzubringen. Aber dieses Ziel wurde – für den Vater des Klägers erkennbar – nicht erreicht. Die in Aussicht gestellte Deckungssage ging ihm nie zu.
Stattdessen erteilte der Versicherer am 26.9.2007 einen abschlägigen Bescheid. Freilich erreichte die Nachricht nur den Beklagten. Es ist jedoch unbestritten, dass er sie per Brief an den Vater des Klägers weiterschickte. Damit hatte der Beklagte das aus seiner Sicht Erforderliche getan: Die – der Darstellung des Klägers nach – zunächst erweckte Erwartung, Versicherungsschutz werde gewährt, war korrigiert. Dass der Brief beim Vater des Klägers, wie behauptet wird, nicht einging, war nicht vorauszusehen und begründet keinen Verschuldensvorwurf gegenüber dem Beklagten. Deshalb kann ihm nicht angelastet werden, dass der Vater des Klägers die bis zu dem Unfallereignis vom 25.10.2007 verbliebene Zeit nicht nutzte, um anderweit eine Versicherung abzuschließen.
Es wäre dessen Sache gewesen, beim Beklagten oder unmittelbar beim Versicherer nachzufragen, wie der Sachstand war. Stattdessen ließ er die Dinge laufen; zwischen der – behaupteten – Ankündigung des Beklagten, Deckung werde gewährt, und dem Unfall lagen annähernd sieben Wochen, in denen es keine positive Rückmeldung gegeben hatte. … “