Das OLG hat zu Unrecht einen in Form von Anwaltskosten entstandenen Schaden der Klägerin verneint. Bei jeder der vom OLG angenommenen Varianten wären der Klägerin Anwaltskosten entstanden.
I. Hinweispflicht des Rechtsanwalts
Dem OLG ist zunächst insoweit zuzustimmen, dass der Rechtsanwalt verpflichtet ist, den Mandanten bei begründetem Anlass auf die Möglichkeiten von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen, s. § 16 Abs. 1 BORA. Die Verletzung dieser Verpflichtung kann zu einer Schadensersatzpflicht des Rechtsanwalts führen. Dies gilt natürlich nur dann, wenn dem Rechtsanwalt bekannt ist, dass bei seinem Mandanten die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe überhaupt vorliegen, dieser also bedürftig i.S.v. §§ 114 ff. ZPO ist. Diese Voraussetzungen hat das OLG Celle hier nicht festgestellt. Das Gericht hat einfach unterstellt, dass die Rechtsanwälte der Klägerin "im Laufe der Beratung" erkannt hatten, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen der Beratungshilfe vorgelegen hätten. Entsprechende Tatsachen hat das Gericht in den Beschlussgründen nicht mitgeteilt.
II. Schaden
Haben die Rechtsanwälte – wovon das OLG ausgeht – die Bedürftigkeit der Klägerin erst während des laufenden Vertretungsmandats erkannt, so war die Geschäftsgebühr zu diesem Zeitpunkt bereits angefallen. Diese entsteht nämlich nach Abs. 3 der Vorbem. 2.3 VV RVG bereits mit der Information, also von Beginn des Mandats an, was jedenfalls den Mindestsatz der Geschäftsgebühr von 0,5 ausgelöst hat. Kausal für die unterstellte Pflichtverletzung der Rechtsanwälte kann daher nur der diesen Mindestsatz übersteigende Anteil der Geschäftsgebühr sein.
Haben die Rechtsanwälte der Klägerin den Hinweis trotz Kenntnis der Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe nicht erteilt, wovon das OLG Celle alternativ ausgeht, dürfen sie von ihrer Mandantin die Gebühren und Auslagen nicht fordern, die bei Erteilung eines solchen Hinweises nicht angefallen wären. Dies führt jedoch entgegen der Annahme des OLG Celle nicht zum völligen Wegfall einer Anwaltsvergütung. Bei Erteilung eines solchen Hinweises hätte die Klägerin einen Berechtigungsschein beantragt und die Rechtsanwälte im Rahmen der Beratungshilfe beauftragt. Dann hätte sie jedoch den Anwälten gem. § 44 S. 2 RVG die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG i.H.v. 10 EUR geschuldet, die dann in dieser Variante als materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte geltend gemacht werden können. Ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht nach § 44 S. 1 RVG nur für die in Nr. 2501 – 2508 VV RVG aufgeführten Gebühren.
III. Abtretung des übergegangenen Kostenerstattungsanspruch an den Mandanten
Darüber hinaus hat das OLG Celle nicht berücksichtigt, dass der Klägerin nach einer in der Praxis kaum bekannten Vorschrift im BerHG ein Erstattungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Vergütung zustehen kann.
Gem. § 9 S. 1 BerHG ist der Gegner des Rechtsuchenden – so bezeichnet das BerHG den bedürftigen Mandanten – verpflichtet, diesem bei Vorliegen eines z.B. materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs die gesetzliche Vergütung für die Tätigkeit des Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalts zu zahlen. Das ist die Vergütung, die dem Anwalt für eine Tätigkeit außerhalb der Beratungshilfe entstanden wäre, im Fall des OLG also die geltend gemachte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen, s. Schoreit/Dehn, Beratungshilfe-Prozesskostenhilfe, 9. Aufl., § 9 BerHG Rn 2; Hansens, JurBüro 1986, 349; Schaich, AnwBl. 1981, 4; Hansens, in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., Teil 7 Rn 59 ff. Der Rechtsuchende hat somit gegen den Gegner einen Erstattungsanspruch in Höhe von Kosten, die ihm in dieser Höhe gar nicht entstanden sind, weil er seinem Rechtsanwalt nur die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG schuldet.
Der Rechtsuchende kann diesen Anspruch – jedenfalls zunächst – nicht gegen den Gegner geltend machen. Nach § 9 S. 2 BerHG geht nämlich der Kostenerstattungsanspruch des Rechtsuchenden gegen seinen Gegner auf seinen Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalt über. Folglich kann der Rechtsanwalt auf Grund dieses gesetzlichen Forderungsübergangs den Kostenerstattungsanspruch des Rechtsuchenden in Höhe der gesetzlichen Vergütung gegen den Gegner gerichtlich geltend machen, wobei er jedoch das Kostenrisiko trägt.
Diesen gesetzlich übergegangenen Anspruch kann der Rechtsanwalt an den Rechtsuchenden wieder abtreten. So hätte dann auch die Klägerin in dem vom OLG Celle entschieden Fall verfahren können. Diese Möglichkeit hätte das OLG bei der von ihm vorgenommenen Prüfung des Schadenseintritts in Höhe der geltend gemachten Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG mitberücksichtigen müssen. Wenn also die Rechtsanwälte die Klägerin auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hingewiesen hätten, muss geprüft werden, wie die Klägerin dann verfahren wäre. Sie hätte dann die Rechtsanwälte beauftragt, im Rahmen der Beratungshilfe für sie tätig zu werden, ...