Aus den Gründen: „ … II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat Erfolg.
Auf die zulässig erhobene Verfahrensrüge war das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Betroffene hat mit seiner Verfahrensrüge geltend gemacht, das AG habe einen Beweisantrag zu Unrecht nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt, mit dem der Verteidiger des Betroffenen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache verlangt hatte, dass die Messung fehlerhaft war.
1. Der Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Der Verteidiger stellte für den Betroffenen in der Hauptverhandlung vom 23. Februar 2009 folgenden Beweisantrag:
“Ich beantrage die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es sich
1. bei der gegenständlichen Messung um eine Fehlmessung handelt;
2. hilfsweise, dass der Betroffene nicht schneller als 110 km/h gefahren ist.’
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine ordnungsgemäße Justierung der Visiereinrichtung nicht stattgefunden habe. Der Zeuge J. habe in der Hauptverhandlung bekundet, dass er die Justierung vorgenommen habe, ohne sich an die Justierung am Vorfallstag im Einzelnen erinnern zu können. Er habe lediglich ausgesagt, dass er üblicherweise ein Verkehrsschild als Zielobjekt nehme, dass ca. 130 bis 150 m entfernt stehe. Die genaue Entfernung hänge vom Standort des Funkstreifenwagens ab, an den er sich aber nicht mehr erinnere. Danach sei nicht auszuschließen, dass die Entfernung zum Zielobjekt auch geringer als 130 m gewesen sei. Bei einer Unterschreitung von 130 m sei aber eine ordnungsgemäße Justierung der Zieleinrichtung nicht möglich.
Den Antrag lehnte das Gericht durch Beschluss in der Hauptverhandlung gem. § 77 Abs. 2 OWiG mit der Begründung ab, dass die beantragte Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei. Unter Berücksichtigung der durchgeführten Beweisaufnahme schließe das Gericht eine Fehlmessung aus.
Im angefochtenen Urteil wird ausgeführt, dass der Zeuge J. angegeben habe, er sei Messbeamter gewesen und habe “konkret an den Sachverhalt vom 16.9.2007 keine Erinnerung mehr’. Weiter heißt es dort: “Da gerichtsbekannt ist, dass der Zeuge J. über die notwendigen und ihm durch das Bildungsinstitut der Polizei Niedersachsen bescheinigten Kenntnisse zum Geschwindigkeitsmessgerät Riegl LR 90-235/P verfügt und er für Geschwindigkeitskontrollen gerade am Standort “Am Borloch’ über rountinemäßige Fähigkeiten verfügt, konnte das Gericht das Vorliegen einer Fehlmessung ausschließen, mit der Folge, dass ein Sachverständigengutachten hier nicht einzuholen war.’
2. Diese Begründung trägt die Ablehnung des gestellten Beweisantrages nicht.
Auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist das Gericht gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 OWiG verpflichtet, die Wahrheit von Amts wegen zu erforschen. Den Umfang der Beweisaufnahme hat der Amtsrichter – unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache (§ 77 Abs. 1 Satz 2 OWiG) – nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. In § 77 Abs. 2 OWiG ist für die Beweisaufnahme im Bußgeldverfahren zudem eine über das Beweisantragsrecht der Strafprozessordnung (§ 244 Abs. 3 bis 5 StPO) hinausgehende Sondervorschrift normiert. Danach kann das Gericht, wenn es den Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme für geklärt hält, einen Beweisantrag auch dann ablehnen, wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Hierzu müssen drei Voraussetzungen vorliegen: Es muss bereits eine Beweisaufnahme über eine entscheidungserhebliche Tatsache stattgefunden haben, auf Grund der Beweisaufnahme muss der Richter zu der Überzeugung gelangt sein, der Sachverhalt sei geklärt und die Wahrheit gefunden, und die beantragte Beweiserhebung muss nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur weiteren Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sein (OLG Hamm v. 11.12.2006 – 2 Ss OWi 598/06, juris; OLG Schleswig SchlHA 2004, 264 f.; KK-Senge, OWiG, 3. Aufl., § 77 Rn 15 m.w.N.; Göhler/Seitz, OWiG, 14. Aufl., § 77 Rn 11). Damit ist das Gericht unter Befreiung vom Verbot der Beweisantizipation befugt, Beweisanträge nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG zurückzuweisen, wenn es seine nach § 77 Abs. 1 Satz 1 OWiG prinzipiell fortbestehende Aufklärungspflicht nicht verletzt (vgl. m.w.N. KK-Senge, a. a O., § 77 Rn 16; Göhler/Seitz, a.a.O., § 77 Rn 12, 14 und 16). Verletzt ist die Aufklärungspflicht dann, wenn sich dem Gericht eine Beweiserhebung aufdrängen musste oder diese nahe lag (vgl. zu diesem Maßstab etwa OLG Köln VRS 88, 376; OLG Düsseldorf NStZ 1991, 542 f. [= zfs 1992, 105 L]); Göhler/Seitz, a.a.O., § 77 Rn 12). Bei der Verwendung eines standardisierten Messverfahrens zum Beleg einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist einzubeziehen, dass in diesem Fall nur eingeschränkte tatsächliche Feststellungen erforderlich sind (vgl. BGHSt 39, 291 ff. [= zfs 1993, 390], und für Laser-Messverfahren BGHSt 43, 277, 283 f.). Indes wird anerkannt, dass sich die weitere Beweisaufnahme zur Au...