VHB 2000 § 1 § 3 § 5 § 26 § 27; VVG § 6a a.F.
1. Der erleichterte Nachweis eines bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahls erfordert das Vorliegen von Spuren, die für einen Einbruch sprechen. Einbruchsspuren müssen stimmig nur in dem Sinne sein, dass sie zu einem – dem äußeren Bild nach zu beweisenden – Einbruch passen müssen.
2. Bei einem Einbruch in ein freistehendes Einfamilienhaus während einer gut 2 ½-stündigen Abwesenheit tagsüber rechtfertigt es den Vorwurf einer objektiv und subjektiv grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls i.S.v. § 61 VVG a.F. nicht, dass die vom Nachbarhaus zu beobachtende Nebeneingangstür, durch die eingebrochen wurde, nicht abgeschlossen worden ist.
OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2010 – 16 U 44/09
Aus den Gründen:
“ … Der Kläger kann nach einem Einbruchdiebstahl aus der Hausratversicherung Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 16.500 EUR verlangen, §§ 3 Nr. 1 b), 5, 1, 27, 28 VHB 2000 …
1. Vom Vorliegen eines bedingungsgemäßen Einbruchs ist auszugehen. Dabei ist unerheblich, ob die Nebeneingangstür verschlossen oder nur zugezogen war …
Nach der Vorstellung der Beklagten soll zu dem vom Versicherungsnehmer voll zu beweisenden äußeren Bild des behaupteten Einbruchdiebstahls gehören, dass stimmige Einbruchspuren vorliegen. An stimmigen Einbruchspuren soll es fehlen, wenn das Aufbrechen einer abgeschlossenen Tür behauptet wird, nach der Spurenlage aber vom Aufbrechen einer bloß zugezogenen Tür auszugehen ist … Dem vermag der Senat nicht zu folgen und sieht darin ein Missverständnis der Anforderungen an den dem Versicherungsnehmer obliegenden Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls.
Nach der auch von der Beklagten angeführten Rspr. des BGH (etwa VersR 2007, 102 f. … ) erfordert der erleichterte Nachweis eines Einbruchdiebstahls das Vorliegen von Spuren, die für einen Einbruch sprechen. Der Ausdruck ‘stimmiger Einbruchspuren’ wird vom BGH nicht verwandt. Soweit in der obergerichtlichen Rspr. von stimmigen Spuren die Rede ist, so ist damit lediglich gemeint, dass die Spuren stimmig zu einem – dem äußeren Bild nach zu beweisenden – Einbruch passen müssen (OLG Düsseldorf, I-4 U 38/08, Urt. v. 15.12.2009; OLG Karlsruhe, VersR 1998, 757 … ). Dazu ist nötig, dass ein konkreter Weg des bestimmungswidrigen Eindringens dargelegt wird, etwa durch eine bestimmte Tür oder ein bestimmtes Fenster, und dass die vorgefundenen Spuren die Annahme rechtfertigen, dass hierdurch i.S.d. Versicherungsbedingungen eingebrochen, eingestiegen oder eingedrungen wurde. Mehr als der Vortrag und ggf. Beweis dieses Minimalsachverhalts ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, wenn die vorgefundenen Spuren dem äußeren Bild nach einen Einbruch als solchen ergeben. Einen in den Einzelheiten bestimmten Ablauf eines solchen Einbruchs und insbesondere dessen ‘verbrechenstechnische’ Voraussetzungen muss der Versicherungsnehmer weder vortragen noch beweisen, dies jedenfalls solange nicht, wie nicht das ‘Ob’ eines Einbruchs überhaupt infrage gestellt ist.
Dieser ganz einhelligen Rspr. steht auch nicht die Entscheidung des OLG Hamm VersR 2000, 357 entgegen. Dort heißt es zwar, das äußere Bild sei vom Anspruchsteller nicht einmal schlüssig vorgetragen, weil die an Tür und Schließblech vorhandenen Hebelmarken ‘nicht geeignet gewesen seien, die Tür aufzuhebeln, wenn diese verschlossen ist’, Letzteres aber der dortige Kläger behauptet hatte. Der Satz hat aber keine tragende Bedeutung. Denn im dortigen Fall fehlte es überhaupt schon an der Darlegung eines plausiblen Einbruchsszenarios, weil ein bestimmungswidriges Eindringen durch die Wohnungstür nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gänzlich ausgeschlossen (und schon von dem Anspruchsteller selbst anfangs gar nicht angenommen worden) war und auch für ein Einsteigen durch ein Fenster oder für einen Nachschlüsseldiebstahl keine Anhaltspunkte vorhanden waren. Es gab dort also insgesamt – und unabhängig vom Vorbringen der Parteien – keine Spuren, die in dem o.g. Sinne stimmig waren, dass aus ihnen die Möglichkeit eines Einbruchs plausibel abgeleitet werden konnte.
Vorliegend ist unter den gegebenen Umständen aber schlechterdings am Vorliegen eines Sachverhalts, der das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausfüllt, nicht zu zweifeln. Nach den Feststellungen der aufnehmenden Polizeibeamten gab es eindeutige Spuren, die für ein bestimmungswidriges Öffnen der Tür durch einen Schraubenzieher sprachen. Daneben sind im EG und im OG geöffnete und durchsuchte Schränke und Schubladen vorgefunden worden sowie ein entkabelter DVD-Player und eine aus einem fehlenden Laptop gefallene Speicherkarte. …
2. Die Beklagte ist von ihrer danach dem Grunde nach gegebenen Einstandspflicht für den aus dem Einbruchdiebstahl entstandenen Schaden auch nicht deshalb frei geworden, weil … die Nebeneingangstür unverschlossen gewesen ist und deshalb von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls auszugehen wäre, §§ 31 Nr. 2 VHB 2000, 61 VVG a.F. Zwar ist mit einiger Wahrscheinlichkeit ...