Deutscher Anwaltverlag, 7. Auflage 2012, 976 Seiten, 89 EUR, ISBN 978-3-8240-1176-6
Dieses Werk hat sich etabliert. Das bewährte Konzept ist für Anfänger und Profis eine unentbehrliche Fundgrube und Arbeitshilfe. Die vielen Tipps helfen bei der Bearbeitung der vielfach unterschätzten Verkehrsrechtsmandate im Strafrecht bzw. Ordnungswdrigkeitenrecht. Auch der "Gelegenheitsverteidiger" findet schnellen Zugang zu den schwierigen Fragen durch die übersichtliche Unterteilung und Gliederung. Natürlich ist die aktuelle Rechtsprechung eingearbeitet. Die neuen Passagen des Buchs findet der Leser zu den Fragen "Kollision von Datenschutz mit Verkehrsüberwachung" und "Verwertung von Blutalkoholgutachten, deren Entnahme ohne richterliche Genehmigung erfolgte". Aktuelle Änderungen (EG-Führerscheinrichtlinie, StVG, FeV) sind eingearbeitet.
Die Ausführungen geben gezielte Nachweise. Dadurch lenkt der Autor auf das Wesentliche. Nicht so ganz ersichtlich ist, weshalb es Fußnoten im Text und als Fußnote gibt. Die Rezensentin liebt Texte, die frei von Fußnoten im Fließtext sind, weil eine flüssigere Lesbarkeit damit garantiert ist, vielleicht wird daraufhin der gesamte Text einmal überarbeitet.
Diese Anleitung für den Praktiker ermöglicht den schnellen Zugriff auf das rechtliche Problem mit den wirklich hilfreichen Hinweisen für den anwaltlichen Bearbeiter. So gibt es Hinweise zur Gestaltung der Verteidigungstaktik, Vermeidung von Regressen und das richtige Verhalten nach dem Berufsrecht (vgl. § 1 Mandatsannahme).
Immer wieder lesenswert auch für den erfahrenen Verteidiger ist beispielsweise das Kapitel zur Zustellung (§ 4). Hier wird eine kompakte und vor allem verständliche Sprache verwandt, die den Verteidiger sofort zu den rechtlichen Problemen führt. Diese Darstellung kann er sofort für seinen Mandanten nutzen. Ebenfalls die Übersichten wie "häufige Rechtsbeschwerden", § 34 Rn 37, oder aber auch die Richtlinien zur Bearbeitung von Verkehrssachen der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, § 58 Rn 2, gewähren schnellsten Einblick. Der Vergleich mit der eigenen Praxis ist dabei leicht und hilft konkret in der Arbeit des Verteidigers bei der Beratung der Mandanten. Von den Grafiken kann man nur wünschen, dass noch mehr Tabellen oder Übersichten eingearbeitet werden mögen – beispielsweise zur unverhältnismäßigen Härte (§ 27 Rn 55 ff.).
Mittlerweile hat das Buch einen Umfang von über 900 Seiten, womit sich zeigt, dass jedes häufig auftauchende Problem in der anwaltlichen Praxis auch abgebildet worden ist. Das kann nur schreiben, wer es auch in der eigenen Praxis erlebt. Dass der Autor sich dabei der unverstellten Sprache bedient, zeigt seine anwaltliche Befähigung und Erfahrung. So sind die konkreten Hinweise, welcher Sachvortrag für die Erhebung von Rügen in der Revision bzw. Rechtsbeschwerde erforderlich ist, hervorgehoben: Vor dem unzulässigen Rechtsmittel wird rechtzeitig gewarnt. Das ist nämlich im Alltag nicht einfach und schärft den Blick für den unerlässlichen Vortrag, an den schon der Instanzverteidiger denken muss.
Eine Hilfe zur Verwertbarkeit von Blutalkoholgutachten ohne richterliche Anordnung sind auch die unter § 37 Rn 77 f. aufgeführten Tipps. Allerdings ist für den unerfahrenen Verteidiger auch notwendig zu wissen, dass der Verwertung unmittelbar nach Beweiserhebung im Hauptverhandlungstermin widersprochen werden muss. Ein Beispiel für einen formulierten Widerspruch hierfür fände sicherlich dankbare Abnehmer. Gerade diese Ausführungen zeigen jedoch die Aktualität des Buchs, die Entscheidung des OLG München ist nahezu druckfrisch – in der zfs 2012, 45 – eingearbeitet.
Gleiches gilt für die Entwicklung bei den verschiedenen Messverfahren. Gebhardt sagt klar, wann ein Angriff auf die Messung eher aussichtslos ist (Leica XV 2, § 21 Rn 65), wann man aber getrost kämpfen kann (ESO 1.0 und 3.0, § 21 Rn 69 ff.). Da kann sich der Leser dann umfangreiche Internetrecherchen sparen.
Erfreulich klar wendet sich der Autor gegen die aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt (NZV 2010, 636) zum standardisierten Messverfahren, indem er nochmals darauf hinweist, dass der BGH nur eine erleichterte Urteilsbegründung dem Tatrichter ermöglichen wollte. Der Richter ist nicht von seiner Überzeugungsbildung enthoben (§ 21 Rn 74 f.). Dem ist nur zuzustimmen.
Was der Rezensentin allenfalls in diesem Buch fehlen kann, sind Ausführungen zu den Vergütungsvereinbarungen – aber dann wäre das Buch perfekt und der Autor müsste nichts mehr tun … Es ist zu hoffen, dass das Werk noch lange am Markt in dieser Aktualität bleiben wird, es würde vom Praktiker sonst schmerzlich vermisst. Allerdings wird auch bei dem Umfang des Arbeitsgebiets realistisch gesehen, dass eine Person allein diese Aufgabe bald kaum mehr bewältigen kann.
Für diese Ausgabe darf man dem Autor – wieder einmal – zu seinem uneingeschränkt empfehlenswerten Buch gratulieren!
Autor: Gesine Reisert
RAin Gesine Reisert, FAin für Strafrecht und FAin für Verkehrsrecht, Berlin