“… Der Verteidiger meinte, es sei erforderlich, dass die Fotolinie durch zwei Lübecker Hütchen markiert werde. Dem ist jedoch zu widersprechen. Die Bedienungsanleitung des genannten Messgeräts sieht ausdrücklich nur zumindest eine Markierung der Linie z.B. durch ein Lübecker Hütchen vor. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die Dokumentation der Fotolinie für die Frage der Richtigkeit der Messung, d.h. der Richtigkeit des Messergebnisses ohne Relevanz ist. Vielmehr ist die Dokumentation der Fotolinie nur notwendig für die richtige Zuordnung des Messergebnisses, und zwar dann, wenn mehrere Fahrzeuge unmittelbar hintereinander her fahren. Hier ist jedoch auf das Messfoto Bl. 1 d.A. unten zu verweisen (auch hierauf wird nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen), auf dem sich gerade nur das von der Betr. geführte Fahrzeug erkennen lässt. Zuordnungsschwierigkeiten sind damit nicht einmal ansatzweise ersichtlich.
Aus diesem Messfoto ergibt sich im Übrigen auch die von dem Messgerät gemessene Geschwindigkeit. Das Gericht hat nicht nur das Foto der Fotolinie und das Messfoto in Augenschein genommen, sondern auch das Datenfeld des Messfotos urkundsbeweislich verlesen. Hieraus ergab sich eine von dem Messgerät festgestellte Geschwindigkeit von 100 km/h, von der ein Sicherheitsabschlag von 3 km/h vorzunehmen war, so dass sich eine vorzuwerfende Geschwindigkeit von 97 km/h ergab.
Der Zeuge S hat im Übrigen für das Gericht nachvollziehbar bekundet, dass er das Messgerät entsprechend der Bedienungsanleitung aufgebaut und eingesetzt hat. …
Dementsprechend war die Betr. wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung gem. §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG zu verurteilen.
Das Gericht hat hierfür mangels besonderer Umstände die Regelgeldbuße von 160 EUR entsprechend 11.3.7 Bußgeldkatalog festgesetzt. Den beengten wirtschaftlichen Verhältnissen der Betr. entsprechend, die lediglich ein monatliches Netto-Einkommen von 400 EUR hat, hat das Gericht eine Ratenzahlungsanordnung getroffen und monatliche Raten von 20 EUR bewilligt.
Ferner handelte es sich bei dem Geschwindigkeitsverstoß der Betr. um eine grobe Pflichtwidrigkeit i.S.d. § 25 Abs. 1 StVG, deren Vorliegen aufgrund des gegebenen Regelfahrverbotstatbestands der Nr. 11.3.7 BKat indiziert war. Das Gericht war sich insoweit darüber bewusst, dass es unter Anwendung des § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung unter Erhöhung der Geldbuße von einem Fahrverbot hätte absehen können. Diese Möglichkeit hat das Gericht jedoch angesichts der Schwere des vorliegenden Verstoßes verneint. Bei Gesamtbetrachtung der Beschilderung und der Tatörtlichkeit erschien angesichts der nahezu 100 %-igen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Absehen vom Fahrverbot dem Gericht nicht für vertretbar. Die Betr. hat hinsichtlich des Fahrverbots Härten geltend gemacht. Sie hat dabei jedoch nicht geltend gemacht, dass sie in ihrem Ausbildungsbetrieb infolge eines Fahrverbots mit einer Kündigung zu rechnen habe. Sie hat von ihrer Arbeitgeberin eine Bescheinigung folgenden Inhaltes erhalten: "Wunschgemäß können wir Ihnen bestätigen, dass Sie seit dem 1.8.2010 bei uns eine Ausbildung zur Konditorin absolvieren. Ihre Arbeitszeiten beginnen grds. nachts, manchmal um 01:00 Uhr manchmal um 04:00 Uhr. Ihre Ausbildungsstätte ist in L. Bei der Urlaubsregelung müssen wir aus organisatorischen Gründen darauf bestehen, nicht länger als 2 Wochen am Stück Urlaub zu planen, damit alle anderen Auszubildenden ebenfalls in den Ferien ihren Urlaub nehmen können."
Hierauf hat sich die Betr. in ihrer Verteidigung bezogen und geltend gemacht, dass sie Urlaub nur in Schulferien nehmen könne und sich dann mit anderen Konditorlehrlingen absprechen müsse. Bei der Firma X gebe es sechs Lehrlinge, und zwar jeweils zwei in jedem Lehrjahr. Insoweit sei eine Urlaubsabsprache notwendig. Sie selbst habe 28 Tage Urlaub bei einer 6-Tage-Woche. Die Fahrstrecke von ihrem Wohnort N bis zu ihrer Ausbildungsstätte schätze sie auf etwa 15 Kilometer. Sie wisse ohne Auto nicht zu ihrer Ausbildungsstätte zu kommen. Das Gericht hat hierzu in der Sitzung eine Recherche im Internet in Gegenwart der Betr. und ihres Verteidigers angestellt und die Ergebnisse der Internet-Recherche urkundsbeweislich verlesen. Hierbei konnte festgestellt werden, dass der örtliche Verkehrsbetrieb RVM in unmittelbarer Nähe der Heimatanschrift der Betr. einen Bürgerbus zur Verfügung stellt, der auch nachts fährt, und zwar jeweils auch zu den Zeiten, zu denen die Betr. zur Arbeit fahren müsste. Dieser Bürgerbus fährt bis zum Rathaus N. In einer zweiten Recherche hat das Gericht dann wiederum die Verbindung von Rathaus N bis nach L Innenstadt abgefragt und das Ergebnis wiederum urkundsbeweislich verlesen. Auch hierbei ergab sich, dass nachts Busverbindungen zwischen N und L durchgehend vorhanden sind. Die mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel des Nachts verursachten Unbequemlichkeiten sind jedoch hinzunehmen als typische und sogar gewollte Folgen eines Fahrver...