" … 1. Das LG hat … die Frage offen gelassen, ob das von der Kl. geschilderte Ereignis ein bedingungsgemäßer Unfall war. Diese Frage ist zu bejahen."
a) Entgegen der Auffassung der Bekl. liegt ein “plötzlich von außen auf [den] Körper wirkendes Ereignis’ vor. Der Begriff des von außen wirkenden Ereignisses soll rein körperinnere Vorgänge vom Unfallbegriff ausschließen. Klassische Fälle für das Merkmal “von außen’ sind Zusammenstöße des Körpers mit Sachen, Tieren oder anderen Personen. … Ein solcher Zusammenstoß mit einer Sache liegt auch bei einem Stich mit einem Rosendorn vor.
b) Dass eine gewollte Bewegung des Versicherten vorgelegen haben dürfte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Unfallbegriff ist nur dann nicht erfüllt, wenn die Eigenbewegung und die Kollision gewollt waren und dabei lediglich eine ungewollte Gesundheitsbeschädigung eingetreten ist. … Zwar weist die Bekl. zu Recht darauf hin, dass die Kl. die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass es zu einer Schädigung durch den Zusammenstoß gekommen ist. Entgegen der Auffassung der Bekl. muss die Kl. nicht beweisen, dass der Versicherte die Gesundheitsbeschädigung unfreiwillig erlitten hat. Die Unfreiwilligkeit wird nämlich bis zum Beweis des Gegenteils vermutet (§ 178 Abs. 2 S. 2 VVG; § 180a VVG a.F.) Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte hier – auch im Hinblick auf die Verletzung – bewusst in einen Rosendorn gefasst haben könnte, gibt es nicht.
2. Nach den der Entscheidung zugrunde zu legenden tatbestandlichen Feststellungen ist der Ehemann der Kl. durch eine Infektion aufgrund der Verletzung am Rosendorn verstorben.
a) Dass sich der Ehemann der Kl. durch die Verletzung an einem Rosendorn infiziert hatte, hat die Bekl. erstinstanzlich ausdrücklich unstreitig gestellt. …
b) Das erstinstanzliche Urteil legt als unstreitig zugrunde, dass der Ehemann der Kl. aufgrund der verletzungsbedingten Infektion verstorben ist …
4. Der Auffassung des LG, dass eine Leistung aufgrund der Infektionsklausel ausgeschlossen sei, folgt der Senat nicht.
a) Die Bekl. und mit ihr das LG legen die Infektionsklausel dahin aus, dass Versicherungsschutz nicht besteht, wenn Krankheitskeime durch eine unfallbedingte geringfügige Hautverletzung in den Körper gelangt sind. Ob dies richtig ist, ist zweifelhaft. Wäre das Verständnis der Bekl. und des LG richtig, so müsste das Wort “Unfallverletzung’, das im ersten Satz der Klausel verwendet wird, im zweiten Satz wiederholt werden. Dort ist aber die Rede davon, dass entsprechende Hautverletzungen nicht als “Unfallfolgen’ gelten. Der durchschnittliche Leser der Klausel wird wegen dieser Wortverschiedenheit annehmen, dass im ersten und zweiten Satz der Klausel unterschiedliche Bedeutungen gemeint sind; aus dem Klauselwortlaut erschließt sich aber nicht, worin diese unterschiedlichen Bedeutungen liegen sollen. Diese Unklarheit könnte nach § 305c Abs. 2 BGB zur Folge haben, dass wegen Unklarheit ein Versicherungsschutz nicht zu versagen ist, wenn Infektionen durch eine geringfügige Hautverletzung eingetreten sind. Allenfalls aus dem Zusammenhang der Klausel könnte der durchschnittliche VN ableiten, für welche Fälle ein Ausschluss bestehen sollte. Die verwendete Klausel ist auch – entgegen der Auffassung der Bekl. – in dieser Form nicht “seit Jahrzehnten in der Versicherungswirtschaft üblich’. Zwar ist es richtig, dass die Musterbedingungen seit langem einschränkende Klauseln betreffend die Infektionsfolgen von Unfällen enthalten (etwa § 2 Abs. 3 AUB 61, § 2 Abs. 6 II. (3) AUB 88 und 94, jeweils zit. nach Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl.). Diese sind jedoch anders formuliert als die hier verwendeten Bedingungen, insb. wird dort das Wort “Unfallverletzung’ im nächsten Satz der Klausel wiederholt. Die Auslegung der Klausel und ihre Wirksamkeit können jedoch letztlich offen bleiben, weil die Voraussetzungen – wie nachfolgend auszuführen sein wird – auch dann nicht vorliegen, wenn man das Verständnis der Bekl. und die Wirksamkeit zugrunde legt.
b) Nach dem Verständnis der Bekl. ist der Versicherungsschutz durch einen Wiederausschluss beschränkt, wenn die Krankheitserreger durch eine “Haut- oder Schleimhautverletzung’ in den Körper gelangt sind, die als solche geringfügig ist. Davon ist das LG ausgegangen, weil es sich um eine Verletzung gehandelt habe, die eine ärztliche Versorgung i.d.R. nicht erfordere und – wie auch hier – i.d.R. im Wege der Selbsthilfe behoben werde. Das wird der Klausel – auch unter Zugrundelegung ihrer Deutung durch die Bekl. – nicht vollständig gerecht.
aa) Auf die Geringfügigkeit der Verletzung kommt es erst an, wenn festgestellt ist, dass es sich um eine bloße Haut- oder Schleimhautverletzung handelt. Das liegt bei einer Verletzung an einem Rosendorn nicht auf der Hand; es erscheint vielmehr auch möglich, dass der Rosendorn sämtliche Hautschichten durchsticht. Dass dies hier nicht geschehen ist, hätte – da es um die Voraussetzungen eines Wiederausschlusses geht – die Bekl. beweisen müssen …
bb) Die Auffas...