StGB § 69a § 316; StVG § 21; StPO § 264 § 318
Leitsatz
1. Auf eine zulässige Revision prüft das Revisionsgericht von Amts wegen, ob das BG zu Recht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung (§ 318 StPO) ausgegangen ist.
2. Eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nur wirksam, wenn die Schuldfeststellungen eine hinreichende Grundlage für die Strafzumessung ergeben. Dies ist nicht der Fall, wenn die Feststellungen den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und somit keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des BG sein können. Geht das BG gleichwohl von einer wirksamen Beschränkung aus, hat es insoweit über den Verfahrensgegenstand nur unvollständig entschieden (Anschluss u.a. an BGHSt 33, 59; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 298, 299; BayObLGSt 1994, 98/100; OLG Koblenz NStZ-RR 2005, 178; sowie zuletzt OLG Bamberg, Urt. v. 24.1.2012 – 3 Ss 126/11; v. 24.7.2012 – 3 Ss 62/12 und v. 4.12.2012 – 2 Ss 101/12; ferner OLG Hamburg, Beschl. v. 15.3.2012 – 2 – 70/11 [sämtliche bei juris].
3. Bei einer Verurteilung wegen einer (folgenlosen) Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) setzt die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch über Mindestfeststellungen des AG zu Tatzeit, Tat- bzw. Betreffensort sowie Alkoholisierungsgrad und Schuldform des Angekl. hinausgehende Feststellungen insb. zu den Umständen der Alkoholaufnahme und den Gegebenheiten der Fahrt (z.B. tatsächliche bzw. beabsichtigte Fahrstrecke, Fahrbereitschaft oder Fahrmotive) voraus, da auch diese Umstände die Schuld des Täters wesentlich mitbestimmen können (Anschluss u.a. an BayObLG NStZ 97, 359; NZV 1999, 482 f. und zuletzt OLG München zfs 2012, 472 f.).
4. Erkennt das BG in diesen Umständen zugleich erhebliche, sog. doppelrelevante Strafzumessungsgesichtspunkte, muss es nach einer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch die dazu getroffenen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils seiner Entscheidung zugrunde legen. Fehlen dahingehende Feststellungen, darf die Lücke nicht durch ergänzende Aufklärung geschlossen werden. Hält das BG nähere Erkenntnisse für erforderlich, verbleibt ihm wegen der durch die Doppelrelevanz bedingten Untrennbarkeit von Schuld- und Straffrage nur die Möglichkeit, die Berufung unbeschränkt durchzuführen (Anschluss u.a. an OLG Koblenz OLG Koblenz NStZ-RR 2005, 178).
OLG Bamberg, Beschl. v. 20.12.2012 – 3 Ss 136/12
Sachverhalt
Das AG hat den Angekl. wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 2 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1, Abs. 2 StGB), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt und gegen ihn eine (isolierte) Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Angekl. Berufung eingelegt und diese in der Berufungshauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Das LG hat die Berufung des Angekl., von deren wirksamer Beschränkung es ausgegangen ist, als unbegründet verworfen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angekl. erwies sich als überwiegend begründet.
2 Aus den Gründen:
"Die Revision des Angekl. erweist sich in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang als begründet, weil das LG im Hinblick auf das (prozessuale) Tatgeschehen v. 21.8.2011 zu Unrecht die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung des Angekl. auf den Rechtsfolgenausspruch angenommen und deswegen insoweit über den Verfahrensgegenstand nur unvollständig entschieden hat."
1. Auf eine zulässige Revision prüft das Revisionsgericht von Amts wegen, ob das BG zu Recht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung ausgegangen ist.
a) Eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nur dann wirksam, wenn die Schuldfeststellungen eine hinreichende Grundlage für die Strafzumessung ergeben, was nicht der Fall ist, wenn die getroffenen Feststellungen den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und somit keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des BG sein können (BGHSt 33, 59; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 298, 299; BayObLGSt 1994, 98/100; OLG Koblenz NStZ-RR 2005, 178; vgl. zuletzt auch Senatsurt. v. 24.1.2012 – 3 Ss 126/11 und v. 24.7.2012 – 3 Ss 62/12; ferner OLG Hamburg, Beschl. v. 15.3.2012 – 2 – 70/11 sowie OLG Bamberg, Urt. v. 4.12.2012 – 2 Ss 101/12 [sämtliche bei juris]; siehe auch Meyer-Goßner § 318 Rn 17 f. m.w.N.).
b) Das AG hat hinsichtlich der Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Tatgeschehen v. 21.8.2011) lediglich festgestellt, dass der Angekl. zur Tatzeit mit einem Pkw “auf der S-Straße in H’ fuhr, obwohl er – wie er wusste – “keine Fahrerlaubnis hatte’ sowie “infolge vorangegangenen Alkoholgenusses … nicht mehr in der Lage’ war, “sein Fahrzeug sicher zu führen’. Eine dem Angekl. “am selben Tag gegen 23.24 Uhr entnommene Blutprobe’ habe “nach Auswertung eine BAK von 1,3 ‰’ ergeben, wobei “der Angekl. … seine Fahruntüchtigkeit [hätte] erkennen können und müssen’.
c) Diese Feststellungen sind unvollständig, da s...