ZPO § 91 Abs. 1 § 104; GKG § 6 Abs. 1 Nr. 1 § 66 Abs. 1; GKG KV Nr. 1210
Leitsatz
1. Sollen im Kostenfestsetzungsverfahren gegenüber dem Erstattungsschuldner vom Erstattungsgläubiger gezahlte Gerichtskostenvorschüsse geltend gemacht werden, kann der Erstattungsschuldner regelmäßig einwenden, dass die Gerichtskosten nicht notwendig waren, weil der sie betreffende Kostenansatz überhöht ist, es sei denn, dass nur der Erstattungsschuldner als alleiniger Kostenschuldner des Ausgangsrechtsstreits den Kostenansatz überprüfen lassen kann (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 7.9.2011 – VIII ZB 22/10, NJW-RR 2012, 311).
2. Mehrere Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen sind vor einer Verbindung der Prozesse nach § 246 Abs. 3 S. 6 AktG gebührenrechtlich selbstständig, mit der Folge, dass die für das Verfahren im Allgemeinen nach Nr. 1210 KV GKG zu erhebenden Gerichtskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG mit der Einreichung der jeweiligen Klage anfallen und die vor der Verbindung entstandenen Gerichtskosten auch nach der Prozessverbindung bestehen bleiben
BGH, Beschl. v. 14.5.2013 – II ZB 12/12
Sachverhalt
Die Bekl. wendet sich gegen insg. acht Kostenfestsetzungsbeschlüsse, mit denen gegen sie Kostenerstattungsansprüche der Kl. zu 2, 4, 5, 9, 16, 17 und 24 in Höhe von jeweils 3.468 EUR nebst Zinsen und der Kl. zu 23 in Höhe von 6.618 EUR nebst Zinsen festgesetzt wurden.
Die Bekl. übernahm durch gerichtlichen Vergleich v. 16. 8. 2010 im Verfahren 5 U 42/10 vor dem OLG Frankfurt am Main im Verhältnis zu den vorbezeichneten Kl. die Gerichtskosten des mit Urt. des LG Frankfurt v. 13.1.2009 entschiedenen Ausgangsverfahrens. Gegenstand des Verfahrens waren Beschlüsse der Hauptversammlung der Bekl. v. 29.8.2008, gegen die sich Aktionäre mit Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen wandten. Die Kl. zu 2, 4, 5, 9, 16, 17 und 24, die sich im Ausgangsverfahren gegen den Beschluss betreffend die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Bekl. wandten, leisteten auf der Basis eines Streitwerts von 150.000 EUR jeweils einen Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 3.468 EUR; die Kl. zu 23, die auch weitere Beschlüsse der Hauptversammlung v. 29.8.2008 angefochten hatte, zahlte auf der Basis eines Streitwerts von 350.000 EUR einen Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 6.618 EUR. Die Klagen wurden vom LG gem. § 246 Abs. 3 S. 6 AktG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Nach dem Vergleichsschluss setzte das LG gegenüber der Bekl. mit Kostenrechnung v. 21.3.2011 restliche Gerichtskosten in Höhe von 14.244 EUR an. Über die dagegen eingelegte Erinnerung der Bekl. ist bislang nicht entschieden. Auf Antrag der im Rubrum bezeichneten Kl. hat das LG zu deren Gunsten Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Bekl. in Höhe der von ihnen jeweils gezahlten Gerichtskosten festgesetzt. Die sofortigen Beschwerden der Bekl. gegen die Festsetzungsbeschlüsse hat das OLG zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Bekl. mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
2 Aus den Gründen:
[4] "II. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg … ."
[8] aa) Sollen im Kostenfestsetzungsverfahren gegenüber dem Erstattungsschuldner vom Erstattungsgläubiger gezahlte Gerichtskostenvorschüsse geltend gemacht werden, kann der Erstattungsschuldner regelmäßig einwenden, dass die Gerichtskosten nicht notwendig (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO) waren, weil der sie betreffende Kostenansatz überhöht ist (OLG Düsseldorf Rpfleger 1985, 255; OLG Koblenz Rpfleger 1985, 333; OLG Dresden NJW-RR 2001, 861, 862; OLG Naumburg JurBüro 2001, 374; OLG Celle AGS 2010, 359; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 104 Rn 10; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 104 Rn 21 Stichwort Erfüllung; MüKoZPO/Schulz, 4. Aufl., § 104 Rn 32, § 91 Rn 54; von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Dorndörfer, Die Kostenfestsetzung, 21. Aufl., Rn B 88; a.A OLG München AnwBl 1990, 396, 397; OLG Schleswig, SchlHA 1995, 301, 302; für den Einwand der Kostenbefreiung nach § 2 Abs. 5 GKG: BGH NJW 2003, 1322, 1324).
[9] Das Kostenfestsetzungsverfahren verfolgt das Ziel, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern (BGH RVGreport 2010, 152 (Hansens) = NJW-RR 2010, 718, 719; BGH zfs 2011, 705 m. Anm. Hansens = RVGreport 2011, 471 (ders.). Die Kostentragungspflicht des Unterliegenden erstreckt sich, wie sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ergibt, nur auf die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung. Jede Prozesspartei ist aus dem Prozessrechtsverhältnis heraus verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (BGH RVGreport 2007, 309 (Hansens) = AGS 2007, 541).
Von der obsiegenden Partei verauslagte Gerichtskosten sind danach vom Gegner nur in Höhe der im Gesetz vorgesehenen Gebühren erstattungsfähig. Der obsiegenden Partei ist es zuzumuten, einen mit den gesetzlichen Vorschriften nicht im Einklang stehenden überhöhten Gerichtskostenansatz im Wege der Erinnerung nach § 66 Abs. 1 S. 1 GKG korrigieren zu lassen.
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