[12] "… Der Kl. kann nicht gem. den §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 1 BGB Rückzahlung der Prämien und Nutzungsersatz verlangen. Er hat die Prämien mit Rechtsgrund an die Bekl. geleistet (dazu unter 1.). Im Übrigen ist ihm nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrags die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt (dazu unter 2.)."
[13] 1. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Lebensversicherungsvertrag ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. wirksam zustande gekommen.
[14] a) Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem sog. Policenmodell. Es betraf Fälle, in denen der VR wie hier die Bekl. dem VN bei dessen Antragstellung die Versicherungsbedingungen zunächst nicht übergeben und eine den Anforderungen des § 10a VAG a.F. genügende Verbraucherinformation unterlassen hatte. Der Antrag des VN stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrags dar. Dieses nahm der VR dadurch an, dass er dem VN mit der Versicherungspolice die AVB und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gem. § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der VN nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der vollständigen Unterlagen schriftlich widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. dazu Senat VersR 2014, 817 Rn 15 … ). Der Vertrag erlangte rückwirkend zum Zeitpunkt der Vertragsannahme Wirksamkeit, wenn der VN innerhalb der Widerspruchsfrist von seinem Recht zum Widerspruch keinen Gebrauch gemacht hatte (Senatsurt. v. 24.11.2010 a.a.O. m.w.N.).
[15] Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Vertrags nach dem Policenmodell sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des BG erhielt der Kl. mit dem Versicherungsschein im August 1998 die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte der Kl. den Widerspruch nicht.
[16] b) Der so geschlossene Versicherungsvertrag unterliegt entgegen der Auffassung der Revision nicht wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln. Dabei ist der erkennende Senat – anders als es in Bezug auf die Vorschrift des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. (Senat VersR 2012, 608 Rn 14 ff.) der Fall war – nicht gehalten, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Zum einen … steht die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts bei Berücksichtigung der Rspr. des EuGH bezogen auf das Policenmodell außer Zweifel, so dass die Vorlagepflicht gem. § 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) entfällt. … Zum anderen scheidet eine Vorlage aus, weil die Frage der Vereinbarkeit des § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht im Streitfall nicht entscheidungserheblich ist. …
[17] c) Das Policenmodell steht nach Auffassung des Senats eindeutig in Einklang mit den für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Bestimmungen der Art. 15 Abs. 1 S. 1 der Richtlinie 90/619/EWG des Rates v. 8.11.1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie (RL) 79/267/EWG (Zweite RL Lebensversicherung, ABl L 330 S. 50) und Art. 31 Abs. 1 der RL 92/96/EWG v. 10.11.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der RL 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte RL Lebensversicherung, ABl L 360 S. 1) und den inhaltsgleichen Bestimmungen der Art. 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 der späteren RL 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 5.11.2002 über Lebensversicherungen (Abl. L 345 S. 1).
[18] aa) Zwar hat ein Teil der Literatur Bedenken gegen die Richtlinienkonformität des Policenmodells geäußert (BK/Schwintowski, § 5a VVG Rn 5 … ).
[19] Diese Zweifel werden aber in der Instanzrechtsprechung und im weiteren Schrifttum (zu Recht) nicht geteilt (so etwa … OLG München VersR 2013, 1025, 1026 … ).
[20] bb) Der Senat sieht ebenfalls keinen Anhaltspunkt dafür, dass die einschlägigen Richtlinien dem in § 5a VVG a.F. geregelten Policenmodell entgegenstehen könnten.
[21] (1) Die Widerspruchslösung des § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. ist vor allem deshalb nicht zu beanstanden, weil die RL 90/619/EWG und 92/96/EWG keine Vorgaben zum Zustandekommen des Versicherungsvertrags enthalten. … Wie der in Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG erwähnte und für die rechtzeitige Information des VN maßgebliche “Abschluss‘ des Versicherungsvertrags auszugestalten ist, ergibt sich daraus ebenso wenig wie aus dem in Bezug genommenen Anhang. In den Materialien zu Art. 31 der Dritten RL Lebensversicherung wird zu dem Passus “vor Abschl...