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Mit Ausgangsentscheidungen aus dem Jahr 2004 hat der BGH seine Rechtsprechung zu der Ersatzpflicht von Mietwagenkosten grundlegend geändert. Die allgemeinen Grundsätze des Schadensrechts sind dabei so stark modifiziert worden, dass für den Bereich der Mietwagenkosten von einem Sonderrecht gesprochen werden kann. Der VI. Senat sah sich in der Folge gezwungen, rechtsfortbildend Antworten auf immer neue Streitfragen zu geben, obwohl die Schadensfeststellung gem. § 287 ZPO nur einer sehr eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt. Die revisionsrechtlich zu beurteilenden Rechtsfragen dürften zwischenzeitlich umfassend geklärt sein, ohne dass dies zu mehr Rechtssicherheit geführt hat. Folge der Rechtsprechungsänderung ist, dass Mietwagenkosten bis heute den häufigsten Streitpunkt im Schadensrecht bilden. Der Beitrag will vor diesem Hintergrund praktische Konsequenzen und Handlungsoptionen für Schädiger und Geschädigte aufzeigen.
A. Subjektbezogene Schadensbetrachtung
Bis zu der Rechtsprechungsänderung waren Unfallersatztarife nahezu uneingeschränkt durch Haftpflichtige zu ersetzen. Der BGH ging davon aus, dass Unfallgeschädigten ausschließlich der Unfallersatztarif angeboten werde, so dass günstigere Tarife nicht erhältlich seien. Eine Verpflichtung zur Erkundigung nach Vergleichsangeboten bestand nur, wenn der Tarif erkennbar außerhalb des üblichen (Unfallersatztarifs) lag. Die Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten war nicht anders zu beurteilen als die von Reparaturkosten, für die der BGH bereits mit Urt. v. 29.10.1974 die Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung entwickelt hatte. Der gem. § 249 BGB erforderliche Betrag wird danach auch durch die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten bestimmt, die sich in den Reparaturkosten niederschlagen, die dem Geschädigten konkret berechnet werden. Sowohl das Werkstatt- als auch das Prognoserisiko treffen den Schädiger, während der Geschädigte nur in engen Grenzen für ein Auswahlverschulden haftet. Er kann den Beweis, dass die Kosten gem. § 249 BGB erforderlich sind, mit der Vorlage einer Reparaturkostenrechnung antreten, die ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des erforderlichen Betrages i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB bildet. Weder der Schädiger noch das Gericht sind danach berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen wahrt.
B. Preiskontrolle im Schadensrecht
Für den Bereich der Mietwagenkosten sah der BGH Anlass, diese vorwiegend subjektbezogene Schadensbetrachtung aufzugeben, weil sich im Mietwagenmarkt ein nicht marktwirtschaftlich geprägter Unfallersatztarif entwickelt habe. Das dem Geschädigten allein dieser angeboten wird, reicht danach nicht mehr (als Indiz) aus, um die Erforderlichkeit gem. § 249 BGB zu begründen. Es kommt stattdessen in erster Linie auf die betriebswirtschaftliche Erforderlichkeit des Tarifs an. Der durch die subjektbezogene Schadensbetrachtung gewährleistete Schutz des Geschädigten bleibt nur noch dadurch erhalten, dass es auf der zweiten Stufe darauf ankommt, ob ein günstigerer Normaltarif nicht zugänglich war.
An die Ausgangsentscheidungen hat sich eine ungewöhnlich hohe Anzahl von mehr als 40 BGH-Urteilen angeschlossen, was darin begründet war, dass eine gerichtliche Preiskontrolle anhand betriebswirtschaftlicher Kriterien dem Schadensrecht bis dahin fremd war. Die Gerichte haben sich bei einer Preiskontrolle auch in anderen Bereichen des Zivilrechts stets zurückgehalten, weil es an brauchbaren Kriterien für den Eingriff in das marktwirtschaftliche Preisgefüge mangelt. Die Rolle der Gerichte als "Preisbehörde" widerspricht im Grundsatz den privautonomen Prinzipien des BGB. Die Einführung einer betriebswirtschaftlich orientierten Preiskontrolle in das Schadensersatzrecht war auch aus diesem Grund mit absehbaren Schwierigkeiten in der Rechtsanwendung verbunden.
C. Erforderlichkeit des Unfallersatztarifs
Gleichwohl der BGH sich sehr ausführlich mit der Erforderlichkeit des Unfallersatz...