VVG § 178; AUB 2000 Ziff. 7.5
Leitsatz
Der Leistungen aus einem Unfallversicherungsvertrag beanspruchende Erbe des VN genießt keine Beweiserleichterungen, wenn der VR nicht von sich aus eine Obduktion veranlasst.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG München, Beschl. v. 1.2.2016 – 25 U 4056/15
1 Aus den Gründen:
" … Die Klageabweisung durch das LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO)."
Die Kl. rügt ohne Erfolg die gem. § 529 Abs. 1 ZPO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Beweiswürdigung des LG. Konkrete Anhaltspunkte zu Zweifeln im Sinne dieser Vorschrift zeigt sie weder in der Berufungsbegründung auf noch sind solche ersichtlich.
Das LG hat zu Recht die Beweislast dafür, dass der Tod des Ehemannes der Kl. unfallbedingt war, bei der Kl. gesehen. Entgegen der Auffassung der Berufung führt der Umstand, dass die Bekl. von ihrem in Ziffer 7.5 HM-AUB 2000 ausbedungenem Recht, die Durchführung einer Obduktion zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht hat, nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Eine solche hätte ausweislich des rechtsmedizinischen Ergänzungsgutachtens v. 8.6.2015 zeitnah nach dem Todeseintritt (5.8.2012) durchgeführt, die Kausalitätsfrage, insb. das Vorhandensein und evtl. Ausmaß eines Schädel-Hirn-Traumas, zweifelsfrei klären können, bei Durchführung kurz nach dem 30.11.2012 noch “wahrscheinlich‘.
Die Auffassung der Kl., dass aus dem klauselmäßig bedungenem Recht der Bekl. auch eine entsprechende Verpflichtung erwächst und die Nichtdurchführung zu einer Beweislastumkehr (nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung bzw. nach Treu und Glauben) führt, wird, soweit ersichtlich, lediglich vereinzelt in der Literatur, nämlich von Jacob, Unfallversicherung AUB 2010, 1. Aufl., Rn 36 zu Ziff. 7 AUB 2010, vertreten. Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Rn 19 zu Ziff. 7 AUB 2010, lehnt diese Auffassung ausdrücklich ab; das von Jacob zu Unrecht als Beleg für seine Auffassung zitierte LG Bautzen VersR 1996, 366 sowie diesem folgende Literatur wie Leverenz, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., Rn 179 zu § 178 VVG, nehmen ein venire contra factum proprium bzw. eine Beweisvereitelung lediglich dann an, wenn der VR einerseits vorprozessual auf eine vom Anspruchsteller zum Nachweis angebotene Autopsie verzichtet, andererseits aber im Prozess das Vorliegen eines Unfalltodes bestreitet – um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht.
Der Senat teilt grds. die Auffassung von Knappmann, dass aus dem Recht zur Obduktion keine Pflicht zu einer solchen folgt und eine etwaige Beweisfälligkeit bei Nichtdurchführung einer Obduktion je nach betroffenem Bereich zulasten der dort nach den allgemeinen Beweisregeln beweisbelasteten Partei geht. Dafür spricht schon der Umstand, dass die Klausel nach Wortlaut und Sinn eine Obliegenheit des VN statuiert, der VR sich vertraglich ein Recht zur Wahrung seiner eigenen etwaigen Beweisinteressen einräumen lässt (mitwirkende Ursachen, Ausschlussgründe, Freiwilligkeit) und sich ersichtlich nicht selbst zu etwas verpflichten will. Zudem hat der BGH bis heute offen gelassen, ob diese Klausel überhaupt wirksam ist, sowie dem VR kein uneingeschränktes Recht darauf zugesprochen, sondern nur für Fälle, wenn die Maßnahme überhaupt zu einem entscheidungserheblichen Beweisergebnis führen kann und mit ihr das letzte noch fehlende Glied eines vom VR zu führenden Beweises geliefert werden soll (BGH VersR 1992, 861 und VersR 1992, 730; vgl. auch Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl., Rn 20, 21). Der VR darf also eine Zustimmung des zur Totensorge berufenen Anspruchstellers zur Obduktion bzw. eine etwaige Mitwirkung des nicht dazu berufenen von vornherein nur in eng begrenzten Fällen einfordern, wohl vor dem Hintergrund, dass das Verlangen nach einer Obduktion von den totensorgeberechtigten Angehörigen aus persönlichen und anzuerkennenden Motiven nicht selten auch abgelehnt werden wird. Bei dieser Sachlage erscheint dem Senat schon der Grundansatz fernliegend, hieraus eine Verpflichtung der Bekl. zu konstruieren, den Anspruchsteller dann, wenn ohne eine Obduktion (auch) eine Beweisfälligkeit seinerseits als möglich im Raum steht (Fragen der Unfallbedingtheit), darauf hinweisen oder gar darauf hinwirken zu müssen.
Es wird daher richtigerweise für die Beurteilung darauf abzustellen sein, ob nach den konkreten Umständen des Einzelfalls eine Beweisvereitelung oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben anzunehmen ist. Das ist vorliegend nicht der Fall; nach dem konkreten Ablauf … bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bekl. der Kl. deren Beweisführung erschwert oder sich widersprüchlich oder irreführend verhalten hätte.
Der Versicherungsfall v. 5.8.2012 wurde der Bekl. erst am 12.8.2012 gemeldet, die Schadensanzeige datiert v. 20.8.2012, ein erster eingehender Arztbericht wurde unter Datum 30.8.2012 der Bekl. übermittelt. Dieser bestätigte nach seinem Inhalt im Kern einen Unfalltod durch Schädelhirntrauma, verneinte mitwir...