Aufgrund der zunehmenden Versicherungsdichte der Elementarschadenversicherung zum einen und der zunehmenden Häufung insb. von Starkregenereignissen zum anderen, gibt es mittlerweile eine gefestigte Rspr. zu diesem Versicherungszweig (grundlegend zum Überschwemmungsbegriff BGH VersR 2005, 828 mit zustimmender Anmerkung Günther r+s 2006, 155; die Rspr. des BGH zur Überschwemmung in der Kaskoversicherung (VersR 1964, 712; VersR 2006, 966) ist wenig hilfreich, da in den AKB die Überschwemmung nicht definiert wird.). Das Urteil des OLG München bietet Gelegenheit, auf einige rechtliche Fragen näher einzugehen.
1. Versicherungsfall "Überschwemmung"
1.1. Gesamte Geländeoberfläche?
Sollten die Entscheidungsgründe des OLG München so zu verstehen sein, dass für den Versicherungsfall das "gesamte klägerische Grundstück (und nicht nur die Terrasse)" überschwemmt sein muss, so wäre dies fehlsam. Nach den üblichen Versicherungsbedingungen setzt eine Überschwemmung aufgrund Ausuferung von Gewässern oder Witterungsniederschlägen "die Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit der erheblichen Menge von Oberflächenwasser" (z.B. § 3 Nr. 1 BWE 2010, A § 4 Nr. 3a VGB 2010, A § 5 Nr. 3a VHB 2010, A § 8 Nr. 2 ECB 2010, A § 9 Nr. 2 ECBUB 2010) voraus. Die Tatbestandsvoraussetzung, dass die Überflutung sich auf das gesamte Versicherungsgrundstück erstrecken muss, ergibt sich aus dem Bedingungswortlaut nicht. Eine solche "ungeschriebene" Tatbestandsvoraussetzung kann sich auch nicht aus der Auslegung aus Sicht des durchschnittlichen verständigen VN ergeben (dies erfolgte durch BGH VersR 2005, 828, der aus der Auslegung des Begriffs "Überschwemmung" herleitete, dass sich "erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln" müssen, auch wenn in den zugrundeliegenden AVB der Zusatz "erhebliche Menge von Oberflächenwasser" fehlt; "Überschwemmung ist eine Überflutung des Grunds und Bodens, auf dem das versicherte Gebäude liegt (Versicherungsgrundstück)"). Es genügt, wenn sich auf einem Teil des Versicherungsgrundstücks "erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln" (vgl. BGH VersR 2005, 828 zu einer teilweisen Überflutung des Grundstücks bis zu einer Höhe von zwei Metern; Rixecker, in: Anmerkung zu AG Heinsberg zfs 2007, 698; Wussow, VersR 2008, 1292, 1293 f.; Behrens, Elementarschadenversicherung, Rn 84; Günther, Elementarschadenversicherung, Rn 38 ff. in Langheid/Wandt, MüKo-VVG, Band 3, 2. Aufl. 2017, m.w.N.).
1.2. Räumliches Ausmaß der Überschwemmung
Wenn die Überschwemmung der gesamten Geländeoberfläche des Versicherungsgrundstücks keine Voraussetzung ist, stellt sich die interessante Anschlussfrage, welches räumliche Ausmaß die Überschwemmung haben muss. Dem LG Kiel genügte z.B. eine Ansammlung auf einer 40 m² großen Fläche nicht (r+s 2009, 23), das LG Nürnberg-Fürth gab sich mit der Überschwemmung von nur 1 m² zufrieden (r+s 2012, 442). Beide Urteile sind fehlsam:
Schon begrifflich kann sich eine große Wassermenge nicht auf einem unerheblichen Teil der Geländeoberfläche – von besonderen baulichen Situationen, bei denen sich eine vertikale Wassersäule bilden kann, abgesehen – ansammeln. Ausgehend von dem Wortlaut der AVB ("erhebliche Menge" von Oberflächenwasser auf dem Versicherungsgrundstück ansammelt) und der Auslegung aus Sicht des durchschnittlichen und verständigen VN, liegt keine "Überschwemmung" im Rahmen eines Elementarschadenereignisses vor, wenn nur auf einer Fläche von 1 m² das Grundstück "überschwemmt" ist. Umgekehrt kann dies entgegen LG Kiel bei 40 m² durchaus der Fall sein, wobei eine starre Quadratmetergrenze der überschwemmten Geländeoberfläche unbehelflich ist. Es bedarf einer Betrachtung im Einzelfall und wenn keine Besonderheiten bestehen, erscheint als Faustregel ein Anteil von etwa 10 % der unbebauten Grundstücksoberfläche als sachgerecht (Günther, Elementarschadenversicherung, Rn 38 ff. in Langheid/Wandt, MüKo-VVG, Band 3, 2. Aufl. 2017.).
1.3. Kausalitätsfragen
Das OLG München hat auf den Nachweis der Kausalität abgestellt. Der VN hat nachzuweisen, dass "versichertes" Wasser und nicht ganz oder teilweise "unversichertes" Wasser zu den Schäden an den versicherten Sachen geführt hat. Dies führt in der Praxis zu schwierigen Abgrenzungsfragen, wenn beide Wasserarten gemeinsam zu den Schäden geführt haben oder das "unversicherte" Wasser zu den Schäden geführt hat und das "versicherte" Wasser erst nachfolgend in das Gebäude floss und es zu keinem Mehrschaden kam oder umgekehrt zeitlich zuerst das "versicherte" Wasser eindrang und erst später das "unversicherte" Wasser (die letztgenannte Möglichkeit wäre ohne Abzug gedeckt, da es sich um einen Fall der überholenden Kausalität handelt, der – auch – im Versicherungsrecht unbeachtlich ist, vgl. z.B. BGHZ 2, 336; BGH VersR 1984, 843). Hier wird das Gericht in aller Regel nur mit Hilfe eines Sachverständigen entscheiden können (vgl. BGH VersR 2005, 828, bei dem der BGH die Sache an das BG zur Aufklärung zurückverwies, ob originäres ...